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Special.
Auslese 2012 - Die Redaktion blickt zurück

Auslese 2012 - Die Redaktion blickt zurück

2012 - ein kunterbuntes Kinojahr: An der Big Budget-Front gab es vor allem Enttäuschungen, in erster Linie unterlief Wunderkind Christopher Nolan die Erwartungen zum ersten Mal, dafür aber wurde mit DRIVE der Konsensfilm überhaupt gefunden - so sehr konnten sich so viele Zuschauer wohl schon lange nicht mehr auf einen Film einigen.

Woran sich die Manifest-Redaktion im vergangenen Jahr erfreute (oder auch nicht), erfahrt Ihr in unserem Jahresrückblick.

Autoren.
Hasko Baumann
André Becker
Rajko Burchardt
Benjamin Hahn
Thorsten Hanisch
Björn Lahrmann
David Leuenberger
Florian Lieb
Stefan Mader
Sebastian Moitzheim
Fabian Olbrich
Sandra Schröder



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SKYFALL

SKYFALL (Großbritannien/USA 2012)
Original Titel. SKYFALL Regie. SAM MENDES
Die Menschwerdung des James Bond, eines der haarigsten Unterfangen in der 50jährigen Karriere des Geheimagenten. Im vielleicht bestaussehendsten Bond aller Zeiten gelingt es in jeder Hinsicht.

DRIVE (USA 2011)
Original Titel. DRIVE Regie. NICHOLAS WINDING REFN
Zwischen Kitsch und Kälte ringt ein Soziopath um sein Leben, bis sich seine Brutalität Bahn bricht: Believe the hype.

KILLER JOE (USA 2012)
Original Titel. KILLER JOE Regie. WILLIAM FRIEDKIN
Friedkin will kein Mitleid für den verblödeten White Trash, der seinen Film bevölkert. Er hat nur Verachtung für sie übrig. Und das macht dieses kraftvollen, fiesen Film so perfide.

PUNCTURE (USA 2011)
Original Titel. PUNCTURE Regie. ADAM KASSEN . MARK KASSEN
Alle Tugenden des amerikanischen Justizfilms vereinen sich hier mit dem Psychogramm eines der faszinierendsten Charaktere dieses Filmjahres, von Chris Evans wie um sein Leben gespielt.

MONEYBALL (USA 2011)
Original Titel. MONEYBALL Regie. BENNETT MILLER
Sportfilm ohne Sportszenen, Emotion ohne Sentimentalität: Stilles US-Kino vom Allerbesten, in dem Brad Pitt Konzentration und Entspanntheit zur unauffälligen Meisterleistung addiert.

TRANSIT (USA 2012)
Original Titel. TRANSIT Regie. ANTONIO NEGRET
Ein kleiner, dreckiger Reißer, der mit unerhörter Dringlichkeit über die Landstraßen fegt - so ungemein befriedigend kann Genrefilm sein.

THE CRIME (Großbritannien 2012)
Original Titel. THE SWEENY Regie. NICK LOVE
Ein fürchterlich arschproletiger Film rund um britische Spezialcops, überstylt und laut und breitbeing bis zum Abwinken. Einfach geil. Mit einem unvergleichlich bulligen Ray Winstone, dessen Bierfahne Du bis in Deinen Sessel riechen kannst, wenn er sich aufbaut.

MOTORWAY (Hong Kong 2012)
Original Titel. CHE SAU Regie. POU-SOI CHEANG
Actionfilm als Meditation, jenseits von Klarheit und Verortung, nur noch brausende Motoren in der Nacht und im Morgengrauen, Autopoesie ohne Eile. Ein Parkhausduell für die Ewigkeit.

MARVEL'S THE AVENGERS (USA 2012)
Original Titel. THE AVENGERS Regie. JOSS WHEDON
Mehr als nur der wahrgewordene feuchte Traum des 12jährigen in mir: Ausladendes Top-Entertainment mit klugem Humor und guten Figuren, der Blockbuster, an dem sich alle messen mussten und verloren.

DAME, KÖNIG, AS, SPION (Großbritannien 2011)
Original Titel. TINKER TAILOR SOLDIER SPY Regie. TOMAS ALFREDSON
Die pure Verneinung: Spannung und Abenteuer haben in der Tristesse des britischen Geheimdiensts nichts verloren. Wohl aber eine hochkonzentrierte Regie, ebensolche Darsteller und das rührigste Ende des Jahres.

flop

LAWLESS (USA 2012)
Original Titel. LAWLESS Regie. JOHN HILLCOAT
Lächerlich-unsympathische Männerphantasie, dumm inszeniert und albern gespielt. Pfui.

PREMIUM RUSH (USA 2012)
Original Titel. PREMIUM RUSH Regie. DAVID KOEPP
Digitalmännchen purzeln über Autos, und Fahrradkurier zu sein ist das Geilste von der Welt. Idiotenkino.

DAS BOURNE VERMÄCHTNIS (USA 2012)
Original Titel. THE BOURNE LEGACY Regie. TONY GILLROY
Komplett ideen- und spannungsloser Aufguß, more of the same, nur schlechter. Ein unverschämter Franchisekiller.


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DRIVE

DRIVE (USA 2011)
Original Titel. DRIVE Regie. NICOLAS WINDING REFN
Der beste Film des Jahres kommt von Nicolas Winding Refn. Hier ist jede einzelne Einstellung ein Meisterstück, jedes kleinste Detail hat seine Berechtigung und überhaupt weiß das Thrillerdrama in jeder Sekunde zu begeistern. Ein knallharter aber auch sehr gefühlvoller Genrefilm, der sich mit seiner zitatreichen Inszenierung vor den unterkühlten und durchgestylten Referenzwerken der achtziger Jahre verbeugt, aber zu keinem Zeitpunkt zur bloßen Kopie verkommt.

THE RAID (Indonesion/USA 2011)
Original Titel. SERBUAN MAUT Regie. GARETH EVANS
Ein versifftes Hochhaus voller Gangster, eine Polizei-Spezialeinheit und jede Menge Waffen. Mehr braucht die zweite Zusammenarbeit von Regisseur Gareth Evans und Hauptdarsteller Iko Uwais nicht um ein kinetisches Actionfeuerwerk sondergleichen abzuliefern. Schon lange sah man nicht mehr eine derartige Fülle hochwertiger Actionszenen in einem Film. Während Hollywood mit hyperbeschleunigter Montage und ultraschnellem Schnitt gerne Dynamik vortäuscht und im Chaos der Bilder sämtliche Bewegung verloren geht, setzt Evans auf übersichtliche, atemberaubend choreographierte Actionsequenzen, die in Punkto Rasanz und Härte im Jahr 2012 ihresgleichen suchen.

THE CABIN IN THE WOODS (USA 2011)
Original Titel. THE CABIN IN THE WOODS Regie. DREW GODDARD
Grandioser, vielschichtig angelegter Horrorfilm, mit doppeltem Boden und dutzenden guten Ideen. Im Kino leider ziemlich untergegangen, beweisen Regisseur Drew Goddard und der gewohnt phantastische Drehbuchautor Joss Whedon, dass man Horrorfilme auch intelligent und mit Meta-Ebene erzählen kann.

MASKS (Deutschland 2011)
Original Titel. MASKS Regie. ANDREAS MARSCHALL
Es ist hart, aber der Visionär des surrealen Horrorkinos Dario Argento wird höchstwahrscheinlich weiter seinen guten Ruf mit miesen Schmalspur-Langweilern ruinieren. Ein kleiner Trost sind Filme, die Erinnerungen an die Großtaten Argentos wach werden lassen und über eine bloße Zitatensammlung hinaus großes Kino liefern. Ein schönes Beispiel dafür ist der neue Film von Andreas Marschall. Die träumerische Mixtur aus Horror, Mystery und Thriller bietet genau die richtige Dosis an Argento-Zitaten und schafft es eine bedrohliche und sexuell aufgeladene Stimmung zu entwerfen die in einem derben Showdown kulminiert und das Fanpublikum mehr als zufrieden stellen dürfte. Zusammen mit der formal sehr gelungenen Inszenierung und dem tollen Cast (eine Entdeckung: Susen Ermich) der Geheimtipp 2012.

COSMOPOLIS (Frankreich/Italien/Kanada 2012)
Original Titel. COSMOPOLIS Regie. DAVID CRONENBERG
Fans ersehnen die Rückkehr zum bedeutungsschwangeren Body-Horror. David Cronenberg verfilmt lieber einen Roman von Don DeLillo. Sicherlich keine leichte Kost und mitunter nur schwer zugänglich entfaltet der Film doch eine ungemeine kinematographische Wucht, der man sich nur schwerlich entziehen kann. Messerscharfe Dialoge begleiten die präzise gefilmte Abhandlung über Identität, Kapitalismus und eine konsumorientierte Gesellschaft, die kurz vor dem Kollaps steht.

flop

DYLAN DOG - DEAD OF NIGHT (USA 2012)
Original Titel. DYLAN DOG - DEAD OF NIGHT Regie. KEVIN MUNROE
Furchtbar missratene, vollkommen unlustige Comicverfilmung, bei der wirklich gar nichts funktioniert. Schlechte Schauspieler, uninspirierte Story und gähnende Langeweile machen den Film zur echten Belastungsprobe für jeden Zuschauer.

LOCKOUT (USA 2012)
Original Titel. LOCKOUT Regie. JAMES MATHER
Bereits die Trailer ließen erahnen, dass hier nicht der nächste Oscar-Kandidat in den Startlöchern steht. Das Endergebnis ist dann aber noch wesentlich schlimmer als befürchtet. Kein Actionfilm 2012 hat es geschafft von der ersten Minute an dermaßen heftig zu nerven. Altbackene One-Liner die nicht zünden wollen, mies montierte Actionszenen und lustlos agierende entweder maßlos überforderte oder hoffnungslos unterforderte Darsteller. Eine astreine Gurke, die im Bereich Mainstream-Action fürs Kino außer Konkurrenz steht.

GHOST RIDER: SPIRIT OF VENGEANCE (USA/Vereinigte Arabische Emirate 2012)
Original Titel. GHOST RIDER: SPIRIT OF VENGEANCE Regie. MARK NEVILDINE . BRIAN TAYLOR
Der erste Teil war ja schon nicht unbedingt das gelbe vom Ei, aber mit ganz viel guten Willen konnte man dem ganzen Treiben noch einen gewissen Unterhaltungswert zuweisen. Die Fortsetzung ist jedoch ziemlich in die Hose gegangen und das trotz der Beteiligung des Regieduos Neveldine/Taylor. Besonders ärgerlich ist, dass die gesamte Produktion wie ein überhastet hingerotzter B-Film wirkt, für den sich niemand so richtig verantwortlich fühlt. Die Keinen-Bock-Haltung aller Beteiligten ist jedenfalls in jeder Szene präsent und macht den Film zu einer einzigen großen Frechheit.

ABRAHAM LINCOLN VAMPIRJÄGER (USA 2012)
Original Titel. ABRAHAM LINCOLN VAMPIRHUNTER Regie. TIMUR BEKMAMBETOV
Die Idee Abraham Lincoln als Vampirschlächter zu inszenieren und das ganze in einem Popcornkinogewand (freilich in 3D) aufzuarbeiten klingt erstmal ganz spaßig. Leider ist der dazugehörige Film schrecklich ironiefrei und dazu noch viel zu unspektakulär ausgefallen. Die Actionszenen sind zwar ganz solide von der Kamera eingefangen, aber insgesamt gibt es davon einfach zu wenig. Hinzu kommt dass der Rest sehr dürftig daherkommt. Die eingestreuten Horrorelemente verpuffen in ihrer Wirkungslosigkeit, die Schauspieler bleiben blass und die ganze Rahmenhandlung wird vollkommen uninteressant und spannungsarm erzählt. Insgesamt muss man den Film daher in die Kategorie - Hätte was werden können, ist aber im Endeffekt ziemlicher Käse geworden - einordnen.

CONTRABAND (USA 2012)
Original Titel. CONTRABAND Regie. BALTASAR KORMAKUR
Ein weiteres durchweg überflüssiges Remake, dass einmal mehr zeigt wie halbwegs gelungene Filme nach der Hollywood-Weichspülung verschandelt werden. In diesem Fall muss man den Beteiligten aber zugute halten, dass schon das Original nicht der Mega-Knüller war. Egal, das Remake bietet allerhöchstens TV-Niveau ohne nennenswerte Höhepunkte. Mark Wahlberg spielt auf jeden Fall auch wieder höchst unmotiviert und Kate Beckinsale ist absolut fehlbesetzt. Einziger Lichtblick in diesem vor Logiklöchern nur so strotzendem Möchtegern-Thriller ist Giovanni Ribisi, der erneut als Nebendarsteller überzeugen kann.

Und sonst so? Hohe Erwartungen führen oft unweigerlich zu herben Enttäuschungen. Das trifft insbesondere auf die fast schon beängstigend exzessiv gehypten Megablockbuster THE DARK KNIGHT RISES und MARVEL'S THE AVENGERS zu. Für gehobene Unterhaltung reicht es zwar noch, aber vor allem die Superheldenzusammenführung rund um Hulk, Iron Man und Captain America enttäuschte mit einer viel zu hastig erzählten Geschichte und verwackelten Actionszenen.

Erstaunlich mutiges Kino kam dagegen aus Deutschland. Ganz vorne dabei die wunderbar unaufgeregte, an die frühen Filme von Woody Allen erinnernde Großstadtode OH BOY. Aber auch das Drama GLÜCK konnte überzeugen und lieferte erinnerungswürdige, wunderschön gefilmte Bilder die mit unerwartet expliziten Sex- und Gewalteskapaden kontrastiert wurden. Im gerne Mal vernachlässigte Genre Komödie wussten vor allem OUR IDIOT BROTHER und 50/50 - FREUNDE FÜRS (ÜBER)LEBEN mit einem toll aufspielenden Cast und hinreißend klischeefreien Drehbüchern zu gefallen.

Weiterhin erwähnenswert: JUAN OF THE DEAD bringt frischen Wind ins lahmgelegte Zombiegenre. UNDERWORLD: AWAKENING und RESIDENT EVIL: RETRIBUTION unterbieten das Nichts an Story der Vorgänger locker, funktionieren als schwer unterhaltsame No-Brainer aber erstaunlich gut. UNIVERSAL SOLDIER: DAY OF RECKONING rockt als experimentierfreudige, knüppelharte Actionorgie mit Adkins, Van Damme und Lundgren. Nach der Indizierung wird die Unrated-Fassung von SAW 7 - VOLLENDUNG kurzerhand beschlagnahmt und deutschlandweit aus dem Verkehr gezogen. Die lange verbannten Genreklassiker THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE und DER BLUTIGE PFAD GOTTES werden dagegen durch die Anstrengungen der Labels rehabilitiert und sind wieder frei erhältlich.


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DAME, KÖNIG, AS, SPION

DAME, KÖNIG, AS, SPION (Großbritannien 2011)
Original Titel. TINKER TAILOR SOLDIER SPY Regie. TOMAS ALFREDSON
Der britische Geheimdienst als sozialer Endpunkt. Nie zuvor hat es einen solch tristen Agentenfilm gegeben. Nie zuvor fühlten sich alle anderen nur wie eine Lüge an.

LAWINEN DER ERINNERUNG (Deutschland 2012)
Original Titel. LAWINEN DER ERINNERUNG Regie. DOMINIK GRAF
Über Vaterfiguren und das bundesdeutsche Fernsehen, Gespräch mit Gänsehaut. Diesem Graf gehört unser Kino.

HAUS DER SÜNDE (Frankreich 2011)
Original Titel. L'APOLLONIDE Regie. BERTRAND BONELLO
Mama they call her bad girl, all because she wanted to be free. But I'm in love with the little girl and I believe that she loves me.

COSMOPOLIS (Frankreich/Italien/Kanada 2012)
Original Titel. COSMOPOLIS Regie. DAVID CRONENBERG
Stimulierender werden Fahrten zu einem Frisörtermin nicht mehr - intellektuell wie rektal. Ein Schlussbild überdies, das Cronenbergs Kino noch neu einmal neu denkt. Nicht unbedingt von hinten.

POLICE, ADJECTIVE (Rumänien 2009)
Original Titel. POLITIST, ADJECTIVE Regie. CORNELIU PORUMBOIU
Unter den gefeierten rumänischen Festivalfilmen der jüngeren Vergangenheit ist dies der mit Abstand eindrucksvollste. Ruhe bringt Erkenntnis.

WE NEED TO TALK ABOUT KEVIN (Großbritannien/USA 2011)
Original Titel. WE NEED TO TALK ABOUT KEVIN Regie. LYNNE RAMSAY
Herrgott noch eins, kein Film über Amoklaufen, dysfunktionale Familienverhältnisse oder elterliche Schuld, nein doch. Einzig das Psychogramm einer Mutter. Das radikalste überhaupt.

DER JUNGE MIT DEM FAHRRAD (Frankreich 2011)
Original Titel. LE GAMIN AU VÉLO Regie. JEAN-PIERRE . LUC DARDENNE
Die Prätentionselite zeigte sich ernüchtert vom letzten Dardenne. So dies nun wirklich ihr Kino moderato sein sollte, möchte ich allerdings nie mehr ein anderes betreten.

VIELLEICHT LIEBER MORGEN (USA 2012)
Original Titel. THE PERKS OF BEING A WALLFLOWER Regie. STEPHEN CHBOSKY
Schon ein wenig sehr versöhnlich, mit allem und jedem. Aber eben der einzige Coming-of-age-Film seit Ewigkeiten, der seinem Zielpublikum ein Denkmal zum Festhalten baut.

TOD IN TEXAS (USA/Großbritannien/Deutschland 2012)
Original Titel. INTO THE ABYSS Regie. WERNER HERZOG
Herzog als Vermittler in einer verlorenen Welt. Es gibt immer auch eine Gegenseite, die fürchterlich wehtun kann.

DIE LIEBENDEN (Frankreich 2012)
Original Titel. LES BIEN-AIMÉS Regie. CHRISTOPHE HONORÉ
Sanft und anmutig finden altes und neues europäisches Kino in einer nochmaligen Demy-Beschwörung des unverwechselbaren Christophe Honoré zueinander. Catherine Deneuve singt mit Chiara Mastroianni, mehr braucht es nun wirklich nicht.


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ROCK OF AGES

ROCK OF AGES (USA 2012)
Original Titel. ADAM SHANKMAN Regie. ROCK OF AGES
Mit Abstand der beste Film des Jahres - ernsthaft! Kein anderer Film hat sich in diesem Jahr so dermaßen nicht ernst genommen, wie dieser wilde Trip durch die 80er-Jahre. Die Musik, die Klamotten, die Frisuren, die Story - alles eigentlich abgrundtief furchtbar, ja regelrecht cheesy, doch die überdrehte Art der Inszenierung, die Spielfreude der Beteiligten und vor allem das konstant in den Körper seiner Zuschauer gespritzte Gefühl unendlicher Glückseligkeit machen ROCK OF AGES zum MAMMA MIA des Jahres 2012. Fuck ja, dieser Film ist vollkommen unseriöses und knallhart kalkuliertes Glücksbärchiwunderland, aber im Zeitalter der europäischen Krise, wo das Ende der herrschenden Wohlstandsverhältnisse wie ein Schreckensgespenst am Fenster vorbeihuscht, liefert dieser dionysische Traum genau den Eskapismus, nach dem sich alle sehnen.

PROMETHEUS - DUNKLE ZEICHEN (USA 2012)
Original Titel. PROMETHEUS Regie. RIDLEY SCOTT
PROMETHEUS - DUNKLE ZEICHEN ist vollkommen anders als erwartet und von den Fans erhofft. Er polarisiert und das auch, weil er als Versuch eines sich selbst aufblähenden Philosophieexkurses missverstanden wird und gerade deshalb vielfach auch enttäuscht. Man muss verstehen, dass der Film keine Erklärungen bieten will, sondern lediglich aufzeigen möchte, dass die Suche, die Theoriebildung und auch die Sackgassen auf dem Weg zu einem Philosophie das Entscheidende sind. Wer sich offen zeigt für Scotts radikalen Neuansatz der Alien-Mythologie und wer akzeptieren kann, dass man nicht immer eine Antwort, sondern manchmal nur einen Denkanstoß benötigt, der wird hier einen den besten und außergewöhnlichsten Science-Fiction-Filme des Jahres zu sehen bekommen.

TED (USA 2012)
Original Titel. TED Regie. SETH MACFARLANE
Jaja, wie kann ich nur ausgerechnet diesen kalkulierten Quatsch mit auf diese Liste nehmen, der im Grunde nur ein ausgewalzter Family-Guy-Gag ist? Weil TED doch weitaus mehr ist als die prolligen Trailer und Fan-Clips im Internet vermuten lassen. Natürlich geht es hier um derben Humor und Flachwitze, aber zugleich verbindet der Film das auch mit herzerwärmenden Momenten, mit der Auseinandersetzung mit der Nostalgie und dem Erwachsenwerden. TED ist die Comedy-Antwort auf SUPER 8. Und das ist nicht das Schlechteste.

DRIVE (USA 2011)
Original Titel. DRIVE Regie. NICOLAS WINDING REFN
Zwar nicht gerade die Neuerfindung des Thrillers, aber wie DRIVE zwischen fast schon poetischer Reflexion über Verbrechen, Schuld und Sühne und urplötzlichen Gewaltausbrüchen hin- und herspringt, ist schon eher außergewöhnlich. Dazu noch ein charismatischer Hauptdarsteller und ein perfekter Score und fertig ist einer der schicksten und überraschendsten Filme des Jahres. So muss Kino sein!

21 JUMP STREET (USA 2012)
Original Titel. 21 JUMP STREET Regie. PHIL LORD. CHRIS MILLER
Damit hätte nun wirklich niemand gerechnet: Ausgerechnet die Kino-Adaption des Serienklassikers, der man im Vorfeld locker hätte unterstellen können, lediglich ein ideenloses Remake zu sein, erweist sich als eine der Top-Komödien des Jahres. Die Chemie zwischen Jonah Hill und Channing Tatum ist perfekt, der Film voller Selbstironie und die Geschichte zwar depp-ert (höhö), macht aber echt Spaß.

DER KÖNIG DES COMICS (Deutschland 2012)
Original Titel. ROSA VON PRAUNHEIM Regie. DER KÖNIG DES COMICS
Auch wenn man sich vielleicht einen etwas kritischeren Umgang mit Ralf König und seinen Comics gewünscht hätte, die Dokumentation von Rosa von Praunheim ist äußerst gelungen. Weggefährten, aber auch Fans kommen zu Wort und Rosa selbst nimmt sich angenehm zurück. Insgesamt eine sehr kurzweilige Dokumentation, die sicherlich nichts Überraschendes bereithält, aber einen informativen und spannenden Einblick in das Leben des deutschen Comiczeichners gibt.

CHRONICLE - WOZU BIST DU FÄHIG? (USA 2012)
Original Titel. CHRONICLE Regie. JOSH TRANK
Das Found-footage-Genre ist ein sehr überstrapaziertes. Umso schöner, wenn sich Filme anschicken ein solches Genre nicht nur weiter zu melken, sondern es gleichzeitig auf eine neue Stufe heben wollen. CHRONICLE ist genau das gelungen. Nicht nur ist die Geschichte um die Genesis eines Super-Schurken mal eine angenehme Abwechslung von der sonst üblichen Helden-Perspektive, auch die Machart ist geschickt, schafft es der Film doch auf eine sehr kluge Art die Dauerfilmerei logisch zu erklären.

RALPH REICHTS (USA 2012)
Original Titel. WRECK-IT RALPH Regie. RICH MOORE
Kurioser Zufall: Zum einem ähnlichen Thema (Videospielcharaktere, die keinen Bock mehr auf ihr Spiel haben) schreiben Freunde von mir im vergangenen Jahr ein kleines Theaterstück. Vermutlich liegt es aber auch daran, dass mir bei diesem Film so warm ums Herz wurde, dass RALPH REICHTS nicht nur die übliche Geschichte des Underdogs erzählt, sondern kombiniert sie mit einer Vielzahl an Computerspielverweisen, die einen in jeder Minute mehrfach nerdgasmieren lassen.

THE CABIN IN THE WOODS (USA 2012)
Original Titel. THE CABIN IN THE WOODS Regie. DREW GODDARD
Ein viel gescholtener Film, denn offenbar kann man es einigen Menschen nie recht machen. Selbstreflexive Genre-Parodien müssen halt mindestens so, wenn nicht gar so sein, um manchen "anspruchsvollen" Geschmäckern zu gefallen. Und der hier war es in ihren Augen nicht. Alles Unsinn. THE CABIN IN THE WOODS ist wahrlich keine perfekte Horrorkomödie und der eigentliche Twist lässt auch recht lange auf sich warten, aber die vielen liebevollen Details und der Versuch, wirklich mal mit allen Klischees zu spielen, entschädigen locker dafür.

flop

ROBIN HOOD - GHOSTS OF SHERWOOD (Deutschland 2012)
Original Titel. ROBIN HOOD - GHOSTS OF SHERWOOD Regie. OLIVER KREKEL
Oliver Krekel versucht eine Horrorversion von Robin Hood zu erzählen. Das Ergebnis ist eine Ansammlung von Einzelgeschichten, die jedoch nie wirklich auserzählt werden und vollkommen zerfasert sind. Besetzt ist einer der schlechtesten deutsche Filme des Jahres mit internationalen Stars des Horrorfilms, deren Potential hier schlicht verschenkt wird. Problematisch sind auch die Kulissen, die Krekel für seinen Film nutzt. Während das Lager um Robin Hood immerhin noch glaubwürdig ist, wirken die Burgdrehorte selten einheitlich und schauen teilweise mehr nach touristisch erschlossenen Ruinen aus als nach bewohnten Burgen. Aber das ist alles nichts gegen Ende und Epilog des Films, die in ihrer holprigen Dramaturgie wohl irgendwie künstlerisch wirken sollen, aber das Gegenteil erreichen.

DARK SHADOWS (USA 2012)
Original Titel. DARK SHADOWS Regie. TIM BURTON
Tim Burtons bemühter Versuch, die gleichnamige TV-Serie als Kinofilm zu adaptieren, gehört nicht aus technischen Gründen mit zu den schlechtesten Filmen des Jahres, denn in Sachen Kameraarbeit, Effekte, Kulissen und Kostümen ist DARK SHADOWS sehr hochwertig. Nein, das Problem liegt zum einen in der unglaublichen Inhaltsleere, die der Film mit völlig sinnfreien Szenen zu kaschieren sucht, und zum anderen in der typischen Burton-Problematik: Inzwischen hat man sich unendlich satt gesehen an den immer gleichen Schauspielern in den immer gleichen Rollen.

GONE (USA 2012)
Original Titel. GONE Regie. HEITOR DHALIA
Manchmal hat man das Gefühl, dass bestimmte Filme als knallharte rape'n'revenge-Filme besser funktioniert hätten. GONE ist so ein Fall. Da ist diese junge (hier überdreht hysterische) Frau, die auf einen Selbstjustiz-/Selbstfindungstrip geht, der ominöse Killer, der immer noch nicht gefasst wurde, die unfähigen Polizisten und eine Welt, in der Männer per se Arschlöcher sind. Weil man das aber alles als jugendfreundlichen PG-13-Streifen umsetzt, bekommt man hier nur lauwarmes präsentiert. Ein Film, der gerne ganz groß und toll sein will, im Endeffekt aber nicht mehr als dumpfe Massenware ist.

WAS PASSIERT, WENN'S PASSIERT IST (USA 2012)
Original Titel. WHAT TO EXPECT WHEN YOU'RE EXPECTING Regie. KIRK JONES
Überkitschter Episodenfilm über verschiedene Paare und ihre Schwangerschaftserlebnisse. Größtes Manko - neben dem überdeutlichen Zielgruppenzuschnitt auf Frauen jenseits der 30 - ist die erzwungene und aufgesetzt wirkende Ernsthaftigkeit, mit der den teilweise nicht ganz so unwitzigen Momenten sowas wie Seriosität entgegengesetzt werden soll, was auch alleine deshalb vollkommen platt wirkt, weil am Ende eh alles wieder rosarot ist.

PROJECT X (USA 2012)
Original Titel. PROJECT X Regie. NIMA NOURIZADEH
Verzogene Bälger mit massiven Erste-Welt-Problemen weißer Idioten, die berühmt werden wollen, indem sie die asozialste Party aller Zeiten schmeißen. Der Film ist ähnlicher Dreck, denn genau dieses Verhalten wird hier als Positivbeispiel abgefeiert, inszeniert als "hippe" zwei Stunden lange Orgie voller Alkohol, Titten und Zerstörung. Im realen Leben sollte man diesen Bälgern wohl stundenlang die Fresse polieren, im Kino kann man diesen Müll immerhin boykottieren. Bisher der schlechteste Film der Dekade. Glückwunsch dazu.


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UNIVERSAL SOLDIER: DAY OF RECKONING

UNIVERSAL SOLDIER: DAY OF RECKONING (USA 2012)
Original Titel. UNIVERSAL SOLDIER: DAY OF RECKONING Regie. JOHN HYAMS
John Hyams will nicht weniger als alles und das kriegt er auch: Ein Monster von einem Film, ein perfekt gegossenes Amalgam aus Action, Splatter, Science-Fiction, Horror und Noir-Krimi, das uns mit einem finsteren Blick auf das heutige Amerika wieder ins Tageslicht entlässt. Kino für Anspruchsvolle.

DAS BOURNE VERMÄCHTNIS (USA 2012)
Original Titel. THE BOURNE LEGACY Regie. TONY GILROY
Eine der schönsten Überraschungen 2012: Der zugegebenermaßen nicht zwingend notwendige Nachklapp zur beliebten Agentenfranchise entpuppt sich als hinterfotzige Superheldendemontage mit endlich wieder nachvollziehbaren Actionsequenzen. Kino für Schadenfrohe.

SAVAGES (USA 2012)
Original Titel. SAVAGES Regie. OLIVER STONE
Großes Comeback für Oliver Stone: Mit seinem exzellent inszenierten Mega-Exzess, einer in wunderschöne Bilder gekleideten Pulp-Oper mit herrlich wilden Einfällen, beweist unser aller Lieblingsprovokateur, dass er noch längst nicht zum alten Eisen gehört. Film in seiner sinnlichsten Form. Kino für Gourmets.

MARGARET (USA 2012)
Original Titel. MARGARET Regie. KENNETH LONERGAN
Dass man sich heranwachsenden jungen Menschen auch in Augenhöhe nähern kann beweist Kennet Lonergan mit seinem herrlich eckigem Gebräu aus Teenagerängsten, Studentenbühne und ungefilterter Hysterie. Zum Niederknien: Anna Paquin, ebenso nervtötend, wie liebenswert. Kino für Junggebliebene.

DREDD (USA 2012)
Original Titel. DREDD Regie. PETE TRAVIS
Willkommen zurück in den 70ern: Der mit Karl Urbans Kinn, Olivia Thirlby und Lena Headey bestens besetzte und formal bestechend umgesetzte Actionthriller ignoriert moderne Selbstübertrumpfungsmechanismen geflissentlich und probiert sich stattdessen an knackiger down-to-earth Action und einem wunderschönen, unvergesslichen Anti-Showdown. Kino für Nostalgiker.

MANIAC (Frankreich 2012)
Original Titel. MANIAC Regie. FRANCK KHALFOUN
Warum nicht gleich so? Endlich mal wieder ein Remake, das der Vorlage auf Augenhöhe begegnet. Der in atemberaubenden Bildern von Kamera-Ass Maxime Alexander gekleidete Film arbeitet die schon im Original vorhandene Melancholie heraus und malt auf der Basis eines Slashersujets das Portrait eines zutiefst verstörten Individuums in einer enthumanisierten Gesellschaft. Kino für Hartgesottene.

DRIVE (USA 2011)
Original Titel. DRIVE Regie. NICOLAS WINDING REFN
Tja. Was soll man zu DRIVE noch sagen, was nicht schon gesagt worden ist? Wohl DER Konsensfilm der letzten Jahre - und das völlig zu Recht. Kino für Romantiker.

KILLER JOE (USA 2011)
Original Titel. KILLER JOE Regie. WILLIAM FRIEDKIN
William Friedkin denkt noch lange nicht an Ruhestand und das ist gut so, denn aufrührerische, querliegende Filme wie KILLER JOE, der nicht nur einen tiefschwarzen Blick auf die amerikanische Familie wirft, sondern auch ein sarkastisches Statement zum Status Quo abgibt, kann's nicht genug geben. Ach ja, damit's auch von mir zementiert wurde: McConaughey ist absolut großartig! Kino für Pessimisten.

SKYFALL (Großbritannien/USA 2012)
Original Titel. SKYFALL Regie. SAM MENDES
Na, wer hätte das gedacht? Sam Mendes entpuppt sich nicht nur als kompetenter Actionregisseur, sondern inszeniert ganz nebenbei auch noch den bestaussehendsten Bondfilm aller Zeiten. Kino für Ästheten.

6 BULLETS (USA 2012)
Original Titel. 6 BULLETS Regie. ERNIE BARBARASH
Eigentlich "nur" ein weiterer kostengünstiger, wenngleich auch relativ ambitionierter Actionthriller für die Videotheken, der nicht unbedingt einen Platz in dieser Liste verdient hätte, wäre da nicht der großartige Jean-Claude Van Damme, der einmal mehr unter Beweis stellt, dass er dem Genrekäfig längst entwachsen ist, aber wohl genau da drin stecken bleiben wird. Es gibt nicht viele Schauspieler, in deren Filmographien sich die bittere Ironie des Schicksals so sehr wiederspiegelt wie beim belgischen Nationalheiligtum. Kino für Leute mit Herz.


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HOLY MOTORS

HOLY MOTORS (Frankreich/Deutschland 2012)
Original Titel. HOLY MOTORS Regie. LEOS CARAX
Der Caraxfilm ist tot, es lebe das Denis-Lavant-Mixtape: Statt nach Absage seiner letzten paar Projekte in gekränktes Autorengenöl auszubrechen, gibt der französische Ex-Exzentriker die Bühne ganz seinem multipel maskierten Lieblingsperformer frei. Der sich, Gauklerehrensache, für eine gute Show förmlich verbiegt: heilige Motorik des menschlichen Körpers.

BARBARA (Deutschland 2012)
Original Titel. BARBARA Regie. CHRISTIAN PETZOLD
Wider die Breloerei des gesamtdeutschen Geschichtskinos! Petzold rekonstruiert in seinem hippokratischen Thriller die Vergangenheit mit vergangenen Mitteln: ein innerlich zerrissenes Anrennen gegen nebulöse Obrigkeiten wie in Noir-Melodramen von Cain oder Goodis, gemalt im blauesten Blau und rotesten Rot diesseits von Technicolor, und die wetterfühlige Gothic-Tonspur rauscht einem kalt den Rücken runter.

MAGIC MIKE (USA 2012)
Original Titel. MAGIC MIKE Regie. STEVEN SODERBERGH
"Begreife einer Soderbergh" (E. Knörer): Ausgerechnet im ökonomischen Winter taut der sonst so kühlköpfige Bildgrammatiker auf, erschließt mit allergrößter Empathie und Wärme ein wertverlusttrotziges Milieu, das sich ebenso selbst genügt wie als pars pro toto körperlicher Arbeit überhaupt eintreten kann. Abs und pecs, Tatum und McConaughey: Alles glänzt an diesem uramerikanischen Stripper-Schelmenroman.

MARGARET (USA 2011)
Original Titel. MARGARET Regie. KENNETH LONERGAN
Den Ruf nach wohlgerundeten Figuren, die letztlich doch nur der Drei-Akt-Architektur als Bauklötze dienen, kontert Lonergan mit einem entschieden unrunden Wucherwerk zwischen New Yorker Off-Bühne und meisterhaft unausstehlichem Teenager-Affentheater. Dass im narrativen Hurricane doch ein scharfes, formbewußtes Auge wohnt, merkt man erst, wenn man längst heillos mitgerissen ist.

HAUS DER SÜNDE (Frankreich 2011)
Original Titel. L'APOLLONIDE (SOUVENIRS DE LA MAISON CLOSE) Regie. BERTRAND BONELLO
The best little whorehouse in Paris: Wo andere Prostitutionsdarstellungen sich p.c.-gerecht in Schmutz und Elend suhlen, schwelgt Bonello in Brokat und Kerzengold - ein ästhetischer Umweg, der umso tiefer in die Verzweiflung führt. Schwer parfümiert tanzen die traurigen Huren zu Moody Blues, gefangen in Splitscreenkäfigen und perfid romantischen Framings von dunkler, niederschmetternder Schönheit.

MOONRISE KINGDOM (USA 2012)
Original Titel. MOONRISE KINGDOM Regie. WES ANDERSON
Kaum hat man mit Wes Anderson seinen Frieden gemacht ("wenigstens sind die Soundtracks catchy"), kommt er mit sowas. Aus der wie üblich nahtlos verfertigten Puppenstubenwelt wollen ausgerechnet die Kinder Reißaus nehmen - bloß nicht zu infantilen Trauerklößen heranreifen wie Bill Murray und Co.! So viel Selbstironie hatte ich Anderson gar nicht zugetraut, von der Liebe fürs endlich auch emotionale Detail mal ganz zu schweigen.

WORK HARD - PLAY HARD (Deutschland 2012)
Original Titel. WORK HARD - PLAY HARD Regie. CARMEN LOSMANN
Glasharte tableaux mourants aus der Corporate-Hölle, der aufreibendste Horrorfilm des Jahres: Nach buzzwordverklausulierten Motivationsansprachen, grotesken Teamworktrainings und anderen Zwangsmaßnahmen zur Markenidentifikation wünscht man sich die Entfremdungsmaloche der frühen Industrialisierung zurück.

MOTORWAY (Hong Kong 2012)
Original Titel. CHE SAU Regie. POU-SOI CHEANG
Wenn es im Genrefilm eine Ideallinie gibt, dann die Schnurgerade. MOTORWAY verlässt sie allenfalls für Standgas-Stunts in rechtwinkligen Seitengassen, ansonsten gilt sein ganzes Interesse der automotiven Vorwärtsbewegung und dem ästhetischen Mehrwert, den sie am laufenden Meter produziert: leuchtende Vektoren im Koordinatensystem der Hongkonger Nacht.

THE DAY HE ARRIVES (Korea 2011)
Original Titel. BOOK CHON BANG HYANG Regie. HONG SANG-SOO
Hongs GROUNDHOG DAY, ohne Murmeltier, dafür mal wieder mit ganz schwerem Kater. Beschwipster und haarschärfer sind seine strukturalistischen Erzählschleifen noch nie umeinander getorkelt; die hicksenden Wiederholungsmuster steigen einem anregend zu Kopf, und bei der leichtesten Variation hält man sich vor Lachen den Bauch.

JAURÈS (Frankreich 2012)
Original Titel. JAURÈS Regie. VINCENT DIEUTRE
Einen Herbst, Winter, Frühling, Sommer lang filmt Vincent Dieutre aus den Fenstern seines elusiven Lovers Simon afghanische Flüchtlinge unter den Brücken um die titelgebende Metrostation, Bürger und Autos darüber, ganz oben S-Bahnen: ein Videosandwich von Paris, zu dem als Audiokommentar Dieutre, Monate später, über die mittlerweile zu Ende gegangene Beziehung souffliert, offen, ruhig und bedächtig, wehmutlos zärtlich, manchmal sogar ein bisschen resterregt.

flop

COMPLIANCE (USA 2012)
Original Titel. COMPLIANCE Regie. CRAIG ZOBEL
Aus dem Leben gegriffene SIMPSONS-Episode, absurd faktennah inszeniert als zutiefst idiotisches Morality Play.

DARK SHADOWS (USA 2012)
Original Titel. DARK SHADOWS Regie. TIM BURTON
Wird seinem Poster mehr als gerecht.

COSMOPOLIS (Frankreich/Italien/Kanada 2012)
Original Titel. COSMOPOLIS Regie. DAVID CRONENBERG
Immerhin: Das ewig vor mir hergeschobene Großprojekt "DeLillo lesen" ist damit gestorben.

Ansonsten: Viel Vielversprechendes verpasst (UNIVERSAL SOLDIER 4, KEEP THE LIGHTS ON, AMOUR), viel Wenigversprechendes gemieden (TDKR, CLOUD ATLAS, PIETÀ), viel Gerngemochtes eher doof gefunden (HUGO, DRIVE, SKYFALL). Überraschend patentes Science-Fiction-Jahr in allen Gewichtsklassen, klein & leicht (LOOPER, CHRONICLE), groß & schwer (PROMETHEUS - DUNKLE ZEICHEN), heiß & fettig (RESIDENT EVIL 5, LOCKOUT). Trotzdem das Glück vorrangig in Retrospektiven gesucht und gefunden, bei Fritz Lang, Powell/Pressburger, Dominik Graf. Und bei Werner Herzog live on stage, in seiner bajuwarischen Arroganz schon irgendwie die größte Ein-Mann-Schau der Welt, wie er gegen die "Bettnässer vom Feuilleton" giftet, eine Interviewpartnerin als "uninspirierte Gans" denunziert und von einem puristischen Dokumentarfilmpodium am Silversterabend berichtet ("I don't want to be a fly on the wall but a wasp that stings"), das er vorzeitig mit den Worten verlassen habe: "Happy new year, suckers!" In diesem Sinne.


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REISEFÜHRER DURCH BELGRAD MIT SINGEN UND WEINEN

REISEFÜHRER DURCH BELGRAD MIT SINGEN UND WEINEN (Serbien/Deutschland/Frankreich 2011)
Original Titel. PRAKTICAN VODIC KROZ BEOGRAD SA PEVANJEM I PLAKANJEM Regie. BOJAN VULETIC
Eine kuriose Mischung aus romantischer Episoden-Komödie, Brecht'schem Lehrstück und Experimental-Agitprop für ein Land, dessen Sex-Appeal die 1990er Jahre nicht gerade unbeschadet überdauert hat. Es bleibt zu hoffen, dass sich ein Verleih findet, der diese Filmperle aus Südosteuropa und Sensation des go East-Festivals 2012 unter mehr Leute bringt.

SKYFALL (Großbritannien/USA 2012)
Original Titel. SKYFALL Regie. SAM MENDES
Ein Mann! Ein Glas! Ein Schuss Whiskey! Ein Skorpion! Der Rest ist Legende...

KILLER JOE (USA 2011)
Original Titel. KILLER JOE Regie. WILLIAM FRIEDKIN
Ein wunderbares, sadistisch-lüsternes Prinzessinnen-Märchen mit Mordkomplott, Prügel, Vergewaltigung, Totschlagen und Matthew McConaughey.

DAS TURINER PFERD (Ungarn/Frankreich/Deutschland 2011)
Original Titel. A TORINÓI LÓ Regie. BÉLA TARR . ÁGNES HRANITZKY
Ein anstrengender, beängstigender, aber auch wunderschöner Weltuntergang in 30 Plansequenzen.

COSMOPOLIS (Frankreich/Italien/Kanada 2012)
Original Titel. COSMOPOLIS Regie. DAVID CRONENBERG
Vor einem Jahr prophezeite ich, dass David Cronenberg es vielleicht wieder auf meine Top-und-Flop-Liste schaffen würde... und er hat's! Und dabei auch noch die Seiten gewechselt.

DIE KUNST ZU GEWINNEN - MONEYBALL (USA 2011)
Original Titel. MONEYBALL Regie. BENNETT MILLER
Der absolut ultimative Nicht-Sportfilm für intellektuelle Sportmuffel. Stochastik vs. Baseball: 1:0.

MEDIANERAS (Argentinien/Spanien/Deutschland 2011)
Original Titel. MEDIANERAS Regie. GUSTAVO TARETTO
Sie trafen sich, verliebten sich und lebten dann happily ever after? Nein, dieser Film zeigt, was vorher (!) passiert, und wie zwei parallel verlaufende Leben doch einen Knick bekommen und sich treffen. Nebenbei auch schönes ein Portrait von Buenos Aires.

CHICO & RITA (Spanien/Großbritannien 2012)
Original Titel. CHICO & RITA Regie. TONO ERRANDO . JAVIER MARISCAL . FERNANDNO TRUEBA
Sex, Rum & Cuban-Jazz in warmen Animationsbildern.

THE EXPENDABLES 2 (USA 2012)
Original Titel. THE EXPENDABLES 2 Regie. SIMON WEST
Ein paar alte Männer brechen auf, um einige Bösewichter zu erledigen. Gleiches Rezept wie der erste Menü-Gang, aber erheblich leckerer. Mit dabei: eine Königskobra, die so leichtsinnig war, Chuck Norris zu beißen.

THE DARKEST HOUR (USA 2011)
Original Titel. THE DARKEST HOUR Regie. CHRIS GORAK
Ein armer kleiner Film um eine Invasion elektromagnetischer Aliens, der auf den Knien darum bettelt, in Flop-Listen aufgenommen zu werden. Er entpuppte sich jedoch als ein herrlich unterhaltsames und zum Schreien komisches Trash-Vehikel ("Faradayscher Käfig für Dummies"): trotz unfreiwilligem Humor neigt man besonders nach den ersten zwanzig Minuten dazu, mit dem Film und nicht über ihn zu lachen.

flop

THE DARK KNIGHT RISES (USA/Großbritannien 2012)
Original Titel. THE DARK KNIGHT RISES Regie. CHRISTOPHER NOLAN
Ein 60-minütiger Film mit einem 90-Minuten-Prolog, in dem ein Ex-Vigilant mit Hinkebeinchen sein Fledermaus-Gummikostüm aus der Mottenkiste rausholt, um einen Pseudorevoluzzer-Bodybuilder mit Atemmaske zu jagen. Wie er das schafft, sieht man nicht, denn dafür wackeln die hyperaktiv geschnittenen Bilder zu sehr.

TOTAL RECALL (USA/Kanada 2012)
Original Titel. TOTAL RECALL Regie. LEN WISEMAN
Als ich vor einigen Monaten eine Preisfrage stellte, wusste ich selbst die Antwort nicht. Ich kenne sie immer noch nicht, tippe aber jetzt mal trotzdem auf Nr. 3!

WILLIAM S. BURROUGHS: A MAN WITHIN (USA 2012)
Original Titel. WILLIAM S. BURROUGHS: A MAN WITHIN Regie. YONY LEYSER
Ein Medley aus Interviews mit aufmerksamkeitsbedürftigen Promis, Erstsemester-Arbeiten späterer Filmstudium-Abbrecher und Youtube-Clips: gilt zwar wohl gerade als modisch und hip bei Dokumentarfilmern, sieht aber trotzdem beschi**en aus!

BLACK GOLD (Frankreich/Italien/Katar 2011)
Original Titel. BLACK GOLD Regie. JEAN-JACQUES ANNAUD
Wir alle vermissen David Lean!


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BEASTS OF THE SOUTHERN WILD

BEASTS OF THE SOUTHERN WILD (USA 2012)
Original Titel. BEASTS OF THE SOUTHERN WILD Regie. BENH ZEITLIN
Mit seinem Debütfilm gelang Benh Zeitlin ein modernes Indie-Filmmärchen, audiovisuell herausragend inszeniert in seiner Darstellung einer Coming-of-Age-Story über Themen wie das Loslassen und Festhalten von Objekten, Personen und Werten. Überzeugend sind dabei die zwei Hauptdarsteller, die diesen magischsten Film 2012 im Alleingang schultern.

DRIVE (USA 2011)
Original Titel. DRIVE Regie. NICOLAS WINDING REFN
Die einen lieben ihn und die anderen hassen ihn - doch die meisten wissen immerhin den exzellenten Soundtrack zu schätzen. Refn inszeniert eine ruhige, bedächtige Gangster- und Liebesballade mit ordentlich Flair der 80's. Charakteristisch ist der stete Wechsel zwischen unterkühltem Drama und überfallartiger Action in dem stylischsten Film 2012.

HERR WICHMANN AUS DER DRITTEN REIHE (Deutschland 2012)
Original Titel. HERR WICHMANN AUS DER DRITTEN REIHE Regie. ANDREAS DRESEN
Zehn Jahre zogen ins Land und Henryk Wichmann avancierte seit HERR WICHMANN VON DER CDU vom Bundestagskandidaten zum Landtagsabgeordneten. Andreas Dresen demaskiert in seinem Doku-Sequel den deutschen Büroschimmel und zeichnet Wichmann als einen der letzten aufrechten Politiker Deutschlands. So authentisch wie amüsant.

JOHN CARTER - ZWISCHEN ZWEI WELTEN (USA 2012)
Original Titel. JOHN CARTER Regie. ANDREW STANTON
Sehr viel schlechter als Disney es hier getan hat, kann ein Verleiher seinen Film vermutlich nicht vermarkten. Dabei handelt es sich bei Andrew Stantons Live-Action-Debüt um einnehmenden Fantasy-Pulp, der so selbstironisch wie humorvoll seine durch und durch sympathischen Figuren in ein episches Abenteuer wirft, das Laune macht.

LIEBE (Frankreich/Deutschland/Österreich 2012)
Original Titel. AMOUR Regie. MICHAEL HANEKE
Wahre Liebe zeigt sich weniger in den guten als in den schlechten Zeiten, z.B. wenn der eigene Partner körperlich abhängig vom anderen wird. Haneke inszeniert einen solchen Verfall auf eindrucksvolle und eindringliche Weise im Stile eines Kammerspiels. Die Klasse seines Dramas verdankt sich dabei dem starken Spiel von Trintignant und Riva.

MOONRISE KINGDOM (USA 2012)
Original Titel. MOONRISE KINGDOM Regie. WES ANDERSON
Schrullige Figuren in schrulliger Umgebung inszeniert wohl niemand so gekonnt wie Wes Anderson. In seinem jüngsten Film entfliehen zwei junge soziale Außenseiter der Gesellschaft und leben ihre Amour fou in der vermeintlichen Unschuld der Natur aus. Hierbei reüssieren die beiden Jungdarsteller ebenso wie die namhaften Nebendarsteller.

SEARCHING FOR SUGAR MAN (Schweden/Großbritannien 2012)
Original Titel. SEARCHING FOR SUGAR MAN Regie. MALIK BENDJELLOUL
Wie genau der 70er-Jahre US-Folk-Musiker Sixto Rodriguez einst gestorben ist, wissen seine südafrikanischen Fans nicht. Nur dass seine Alben, die in den USA gefloppt sind, bei ihnen Kultstatus genießen. Zwei Fans forschten Mitte der 90er nach, Malik Bendjelloul rekapitulierte ihre Suche und fabrizierte daraus diese unterhaltsam-spannende Doku.

TAKE SHELTER - EIN STURM ZIEHT AUF (USA 2011)
Original Titel. TAKE SHELTER Regie. JEFF NICHOLS
Terror, Amokläufe, globale Erwärmung - die Zeiten werden unruhiger, auch in den USA. Dort entwickelt Michael Shannon Albträume von apokalyptischer Intensität, die seine Nerven wie die seiner Umwelt strapazieren und die in ihrer paralysierenden Paranoia die Existenz seiner Familie gefährden. Nach dem Motto: Wer Wind sät, wird Sturm ernten.

DIE UNSICHTBARE (Deutschland/Frankreich 2011)
Original Titel. DIE UNSICHTBARE Regie. CHRISTIAN SCHWOCHOW
Zwar kommt der Schwochows zweiter Film im Schatten von BLACK SWAN daher, ist jedoch so viel besser als dieser in seinem Drama einer jungen Frau, die im Rampenlicht der Bühne ihre Introvertiertheit ablegen muss und sich im Laufe des von ihrem Regisseur angetriebenen Identitätsbildungsprozesses für die Rolle immer mehr zu verlieren droht.

WE NEED TO TALK ABOUT KEVIN (USA 2012)
Original Titel. WE NEED TO TALK ABOUT KEVIN Regie. LYNNE RAMSAY
Stets steht nach einem Schulmassaker die Frage nach dem Auslöser im Raum. Lynne Ramsay hat darauf in ihrem Film keine direkte Antwort, avanciert ihre Geschichte doch zum zwischenmenschlichen Familiendrama mit Psycho-Horror-Anleihen. Bleibenden Eindruck hinterlassen die starke Mise-en-scéne sowie das Ensemble um Tilda Swinton.


Meine heurige Liste fällt mit noch erschreckend deutlicherer Hollywood- und Comicverfilmungsschlagseite aus als im letzten Jahr, ist allerdings ohnehin nur mit Vorbehalt zur Kenntnis zu nehmen, da einige potenzielle Kandidaten 2012 schlicht und ergreifend auf der Strecke geblieben sind.

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DREDD

DREDD (USA 2012)
Original Titel. DREDD Regie. PETE TRAVIS
Die positivste Überraschung des Jahres. Nach dem grandios grottigen Stallone-Vehikel von 1995 hatte ich keinerlei Bedürfnis nach weiter Dredd-Bespaßung und der geradezu lachhaft blutrünstige Trailer für die Neuauflage vermochte daran nichts zu ändern - eher im Gegenteil. Umso erfreulicher war es, von Pete Travis' DREDD mit einem unerwartet gut harmonierenden Protagonistenpaar (Urban/Thirlby) und erfrischender no bullshit-Attitüde verwöhnt zu werden.
Kassenflop? Vielleicht, aber ganz sicher ein moralischer Sieger.

MARVEL'S THE AVENGERS (USA 2012)
Original Titel. THE AVENGERS Regie. JOSS WHEDON
Der Comicfilm des Jahres. Erstaunlich - vor einer Dekade in dieser Form noch völlig undenkbar, erfreut Marvel nicht nur die eigenen Konten, sondern in der Tat auch das Publikum mit einem Superheldenspektakel par excellence. Der Erfolg der AVENGERS fußt zu gleichen Teilen auf der Vorentlastung durch die "eigenen" Filme der einzelnen Helden sowie auf Joss Whedons Gespür für das Medium Comic und manifestiert sich in einem Team-Film, in dem keiner der Charaktere zu kurz kommt.

DER HOBBIT - EINE UNERWARTETE REISE (Neuseeland/USA/Großbritannien 2012)
Original Titel. THE HOBBIT - AN UNEXPECTED JOURNEY Regie. PETER JACKSON
Der am längsten ersehnte Film des Jahres.
Es ist DER HOBBIT. Das reicht als Begründung.

THE DARK KNIGHT RISES (USA/Großbritannien 2012)
Original Titel. TITEL Regie. CHRISTOPHER NOLAN
Die Nuschel-Performance des Jahres. Ich habe mit mir gerungen, ehrlich. Aber ich bringe es nicht übers Herz, THE DARK KNIGHT RISES für diese Liste zu übergehen. Auch wenn manche Kritikpunkte sich besonders bei der wiederholten Sichtung förmlich aufdrängen, stehe ich nach wie vor zu meiner positiven Einschätzung des Films. Umso mehr, als sich Berufsnörgler, die den Film letzten Sommer eigentlich noch ganz okay fanden, bereits jetzt blindlings auf den Abschluss von Nolans "ohnehin total überbewerteter" Batman-Trilogie voller "formaler Fehler" einschießen. Geht kacken!
Ist THE DARK KNIGHT RISES perfekt? Natürlich nicht. Könnte man ihn verbessern? Leicht. Aber Nolans Batman-Filme dafür verantwortlich zu machen, dass gritty reboot heute eher eine Drohung als ein Versprechen ist, ist unfair. Vor zehn Jahren war Batman als Filmfranchise dank Joel Schumachers Kasperltheater klinisch tot. Nolans Filme haben diesen traurigen Zustand mehr als korrigiert und alleine dafür hat sich der Abschluss der Trilogie als pars pro toto eine Erwähnung verdient.

ANGELS' SHARE - EIN SCHLUCK FÜR DIE ENGEL (Großbritannien/Frankreich/Belgien/Italien 2012)
Original Titel. THE ANGELS' SHARE Regie. KEN LOACH
Der Single Malt des Jahres. Ken Loach bleibt seinem Lieblingssujet, der von Kleinkriminalität und Gewaltbereitschaft geprägten schottischen Unterschicht, treu - und doch kratzt ANGELS' SHARE die unwahrscheinliche Kurve vom tristen Sozialdrama zur Komödie. Eine Liebeserklärung an die Whiskydistillerien seiner Heimat, voller kaputter Figuren, die einem letztlich aber doch ans Herz wachsen. Slàinte mhath!


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MARVEL'S THE AVENGERS

MARVEL'S THE AVENGERS (USA 2012)
Original Titel. THE AVENGERS Regie. JOSS WHEDON
"Realistisch", "dark" und "gritty" waren auch dieses Jahr die Schlagworte, mit denen freud- und humorlose Blockbuster zu tiefgründigen Charakterstudien hochgejazzt werden sollten. Die Wahrheit ist: Der einzige Unterschied zwischen THE DARK KNIGHT RISES, THE AMAZING SPIDER-MAN und wie sie alle heißen und Joss Whedon's MARVEL'S THE AVENGERS ist, dass MARVEL'S THE AVENGERS sich nicht für sein eigenes Genre schämt und die Albernheiten, die Superhelden nunmal an sich haben, akzeptiert, ja sogar feiert. Das Ergebnis ist einer der unterhaltsamsten Blockbuster seit Jahren, der sein Publikum stets ernst nimmt und es gerade deshalb nicht nötig hat, vorzugeben, wichtiger zu sein als er ist.

YOUNG ADULT (USA 2011)
Original Titel. YOUNG ADULT Regie. JASON REITMAN
Zum zweiten Mal arbeitete Jason Reitman mit Diablo Cody zusammen, doch mit YOUNG ADULT lieferten sie den Gegenentwurf zur eigenen Feelgood-Komödie JUNO: Sperrig und deprimierend, mit einer grandiosen Charlize Theron als grundunsympathische psychotic prom queen bitch ist YOUNG ADULT ein Film, in dem niemand etwas lernt, in dem am Ende alles nur kein gutes Gefühl vermittelt wird. Gut, dass der Film dennoch wahnsinnig komisch ist, vor allem dank Komiker Patton Oswalt in seiner bisher besten Leinwandrolle.

ARGO (USA 2012)
Original Titel. ARGO Regie. BEN AFFLECK
Offensichtlich müssen wir langsam akzeptieren, dass Ben Affleck ein richtiger Regisseur ist - und was für einer: ARGO mag ziemlich frei mit der historischen Wahrheit, auf der er basiert, umgehen, darüber sieht man jedoch gern hinweg, wenn das Ergebnis ein so spannend inszenierter Thriller ist, der noch dazu eine großartige Besetzung - bei deren Zusammenstellung sich Affleck offensichtlich an Kevin Smiths RED STATE bedient hat - auffährt und mit der genau richtigen Dosierung an comic relief verfeinert ist.

DIE MUPPETS (USA 2011)
Original Titel. THE MUPPETS Regie. JAMES BOBIN
Mit ihrer Selbstreferenzialität, der Kombination aus Variety-Show und Show über die Produktion dieser Show (meta!) ist die MUPPET SHOW eigentlich wie für ein modernes Publikum gemacht. Die Autoren Jason Segel und Nicholas Stoller sowie Regisseur James Bobin haben das erkannt und betonen in DIE MUPPETS (und eigentlich schon vorher mit der grandiosen Trailer-Kampagne) genau dieses Augenzwinkernde, Selbstironische des Muppet-Humors. Gleichzeitig erzählen sie jedoch eine warmherzige, berührende Geschichte, in der Muppet-Superfan Walter - stellvertretend für alle Fans, die die Muppets in den vergangenen Jahren vermisst haben - seine entfremdeten Helden wieder zusammenführt. Es ist zur Zeit leicht, vom ständigen Aufwärmen klassischer Franchises genervt zu sein, doch Muppet-Filme kann es eigentlich nie genug geben - zumindest nicht, solange sie wie dieser mit soviel Herzblut von echten Fans gemacht werden.

THE CABIN IN THE WOODS (USA 2011)
Original Titel. THE CABIN IN THE WOODS Regie. DREW GODDARD
Joss Whedon zum Zweiten: Gemeinsam mit CLOVERFIELD-Autor Drew Goddard, der auch Regie führte, schrieb Whedon das Drehbuch zu diesem Film, der das Teenies-im-Wald-Horror-Subgenre weniger dekonstruiert als vielmehr niederbrennt und aus den Trümmern neu aufbaut. Sicher kein perfekter Film, aber einer der originellsten, überraschungsreichsten des Jahres und in seiner zügellosen anything goes-Mentalität und kindlichen Freude an Zitaten und Selbstironie im Horrorgenre ein ebenso willkommenes Gegengift zum allgegenwärtigen Trend zur Überschätzung der eigenen Wichtigkeit wie MARVEL'S THE AVENGERS im Superheldengenre.

VIELLEICHT LIEBER MORGEN (USA 2012)
Original Titel. THE PERKS OF BEING A WALLFLOWER Regie. STEPHEN CHBOSKY
VIELLEICHT LIEBER MORGEN gewinnt nicht nur den Preis für den nichtssagendsten deutschen Titel des Jahres, sondern auch den für den besten Teenagerfilm seit ADVENTURELAND. Stephen Chbosky verfilmte hier seinen eigenen Roman - was durchaus schiefgehen könnte, wenn der Autor zu verliebt in die eigene Vorläge wäre. Doch Chbosky beweist durchaus Gespür für filmisches Erzählen und balanciert gekonnt die klassischen Teeniefilm-Themen - erste Liebe, Sex und das Gefühl, nicht dazuzugehören - mit düstereren (Selbstmord und Kindesmissbrauch), ohne, dass sein Film entweder zu seicht oder zu freudlos wird.

RALPH REICHT'S (USA 2012)
Original Titel. WRECK-IT RALPH Regie. RICH MOORE
Ich weiß noch, zu meinen Hardcore-Gamer-Zeiten (die jetzt gar nicht so lange her sind) freute man sich noch über jede Repräsentation von Videospielen außerhalb unseres kleinen Nerd-Kosmos - wahrscheinlich wäre damals sogar der berüchtigte RTL-Bericht zur Gamescom wohlwollend aufgenommen worden. Als in RALPH REICHT'S, einem Mainstream-Animationsfilm aus dem Hause Disney, der Konami-Code auf einem übergroßen NES-Gamepad eingegeben wird, bin ich dementsprechend einen kleinen, glücklichen Tod gestorben. Doch RALPH REICHT'S hat mehr zu bieten als Fanservice für Videospiel-Nerds: Liebevoll gezeichnete Charaktere, einen großartigen Voice-Cast (Sarah Silverman ist brillant als Vannelope von Schweetz) erstaunlich erwachsenen Humor und eine Disney-untypische Bereitschaft, den jüngsten Zuschauer des Films vielleicht gelegentlich ein Bisschen Angst zu machen, sodass tatsächlich etwas auf dem Spiel steht und das wirklich herzerwärmende Ende noch effektiver ist.

CLOUD ATLAS (USA 2012)
Original Titel. CLOUD ATLAS Regie. TOM TYKWER . ANDY WACHOWSKI . LANA WACHOWSKI
Der ambitionierteste Film des Jahres und sicher unter den hier gelisteten der mit den offensichtlichsten Schwächen. Dennoch, was Die Wachowski-Geschwister und Tom Tykwer hier geleistet haben, ist beachtlich: Sechs Handlungsstränge auf sechs Zeitebenen, eine Vielzahl von Genres, Schauspieler, die über Rassen- und Geschlechtergrenzen hinaus mehrere Rollen spielen, und irgendwie wirkt doch alles wie aus einem Guss (was zu großen Teilen der akribischen Montage zu verdanken ist) und macht sogar soviel Spaß, dass man dem Film verzeiht, dass inhaltlich nicht soviel dabei rumkommt, wie die Macher es gerne hätten.

AUF DER SUCHE NACH EINEM FREUND FÜRS ENDE DER WELT (USA 2012)
Original Titel. SEEKING A FRIEND FOR THE END OF THE WORLD Regie. LORENE SCAFARIA
"Flick Filosopher" MaryAnn Johanson hat treffend beschrieben, warum AUF DER SUCHE NACH EINEM FREUND FÜRS ENDE DER WELT so gut funktioniert: Es ist die Romantic Comedy auf 11 gedreht. Wenn in wenigen Tagen die Welt untergeht, dann sind die Protagonisten eben wirklich füreinander die eine, letzte Chance auf die große Liebe und all die Melodramatik, all der Kitsch, der in RomComs für gewöhnlich etwas albern wirkt, macht plötzlich eine ganze Menge Sinn. Abgerundet wird der Film durch einige wunderbar komische Momente, wenn in Neben- und Randfiguren diverse Antworten auf die Frage "Was würdest du tun, wenn morgen die Welt untergeht?" durchprobiert werden sowie einen unendlich kitschigen, aber sehr gezielt und effektiv eingesetzten Soundtrack.

PARANORMAN (USA 2012)
Original Titel. PARANORMAN Regie. CHRIS BUTLER . SAM FELL
Der zweite Stop-Motion-Film aus dem Hause Laika (CORALINE) übertrifft den Vorgänger noch, mit vielen Referenzen und Anspielungen für Freunde klassischer Horrorfilme, gut getimtem Humor und kleinen Schocks sowie einem beeindruckenden, extrem detailverliebten Look. Im Vergleich zu CORALINE wirkt die Welt von PARANORMAN etwas realer, weniger entrückt, was es leichter macht, trotz der, von einem netten Twist abgesehen, etwas einfallslosen Geschichte mit den liebevoll ausgearbeiteten Charakteren mitzufühlen.

flop

PROMETHEUS - DUNKLE ZEICHEN (USA 2012)
Original Titel. PROMETHEUS Regie. RIDLEY SCOTT
Eindeutig die Enttäuschung des Jahres, gerade, weil im Film selbst noch zu erkennen ist, wie gut er hätte sein können: Der Look ist fantastisch, das Setup äußerst atmosphärisch und die ein oder andere Figur hätte auch Potential. Leider ist da das katastrophale Drehbuch von Damon Lindelof, der es wie schon in LOST für total deep hält, seine Figuren Fragen aus dem Tagebuch eines Teenagers in die Kamera sagen zu lassen. Die Banalisierung der ALIEN-Mythologie sowie das, nun ja, fragwürdige Bild, das der Film von Wissenschaftlern zeichnet, machen alles noch ein Bisschen schlimmer.

DER HOBBIT - EINE UNERWARTETE REISE (Neuseeland/USA/Großbritannien 2012)
Original Titel. THE HOBBIT - AN UNEXPECTED JOURNEY Regie. PETER JACKSON
Das hier zu schreiben tut wirklich weh, doch leider haben sich so ziemlich alle Befürchtungen, die sich im Vorfeld zu Peter Jacksons DER HOBBIT - EINE UNERWARTETE REISE aufdrängten, als begründet herausgestellt: Anstatt die Stärken der Vorlage - im Vergleich zum HERR DER RINGE eine persönlichere, kleinere, auch albernere Geschichte - herauszuarbeiten, versucht Jackson, den epischen Tonfall seiner Original-Trilogie fortzusetzen. Das Ergebnis ist ein Film, der unnötig lang ist, ohne, dass es so richtig viel zu erzählen gibt, der sich viel zu wichtig nimmt und der - und das ist, angesichts von Martin Freemans großartiger Leistung als Bilbo, am wenigsten zu verschmerzen - in weiten Teilen nicht von, nun ja, dem Hobbit, sondern einem uninteressanten, als uncharismatischer Aragorn-Ersatz besetzten Zwerg handelt, gespielt von einem Richard Armitage, dessen einzige Schauspiel-Anweisung offenbar "more intense" lautete. Da hilft auch die wirklich tolle Umsetzung des legendären "Riddles in the Dark"-Kapitels wenig: DER HOBBIT - EINE UNERWARTETE REISE ist eine Enttäuschung auf ganzer Linie.


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PROMETHEUS - DUNKLE ZEICHEN

PROMETHEUS - DUNKLE ZEICHEN (USA 2012)
Original Titel. PROMETHEUS Regie. RIDLEY SCOTT
Lang ersehntes Sequel, Prequel, was auch immer. In aberwitzigem Tempo wird Ursprung und (geplantes) Ende der Menschheit verhandelt, Turboevolution, überbordende Bildsprache und Referenzgeflicke. Aber: wie gewohnt Schleimiges, Düsteres, Ekelhaftes. Teil zwei wird hoffentlich strukturierter. Eklektizistisch.

DRIVE (USA 2012)
Original Titel. DRIVE Regie. NICOLAS WINDING REFN
Ryan Gosling macht einen auf Steve McQueen, lässt die coole Sau raushängen. Im Ohr rauschte noch lange der zuckrige Soundtrack und im Hirn die nervenkitzligen Gewaltspiele. Eine Liebesgeschichte in der wabernden Autostadt L.A., ein Stillstehen in gefühliger Rührseeligkeit kurz vor dem Aufprall. Lässig.

LOOPER (USA 2012)
Original Titel. LOOPER Regie. RIAN JOHNSON
Ein auf Zeitreiseparadoxien bemüht achtender Zeitreisefilm. Wie lenke ich mein Leben in die richtigen Schicksalsbahnen? Bruce Willis als Killer (mit Glatzenfrisur) und Joseph Gordon-Levitt (als junges Alterego mit Pappnase) verkrampft bemüht wie Willis auszusehen. Dystopisch, desillusionierend und überraschend ironiefrei. Düster.

7 PSYCHOS (Großbritannien 2012)
Original Titel. SEVEN PSYCHOPATHS Regie. MARTIN MCDONAGH
Grotesk-gewalttätig, herzerwärmend-überzeichnet. Colin Farrell als trinkender Ire mit Drehbuch-Schreibhemmung, Sam Rockwell als Hunde-Napper und erfolgloser Schauspieler mit üblem Hobby, Christopher Walken als Lebensphilosoph mit polnisch-deutschen Akzent, Woody Harrelson als Mickey Rourke, der seinen Hund über alles liebt und Tom Waits als Meta-Serienkiller und weißem Kaninchen. Ein Film, der sich beim Sehen selbst konstruiert. Erfrischend.

THE RAID (Indonesion/USA 2011)
Original Titel. SERBUAN MAUT Regie. GARETH EVANS
Ein Mann, ein Hochhaus, ein Gemetzel. Der junge Polizist Rama (Iko Uwais) arbeitet etagenweise den anstürmenden Gangstermob ab, von Kopf bis Fuß wird auf allen Ebenen des körperlichen Schmerzempfindens geschossen, gemessert, gehandkantet. Ein Film, den man sich noch kompromissloser wünscht, ohne bremsende Zwischenhandlung, die auf irgendeinen bekannten Konflikt hinaus will. Allein der Idee wegen: Choreographie statt Story. Schmerzhaft.

DIE MORDE VON SNOWTOWN (Australien 2012)
Original Titel. SNOWTOWN MURDERS Regie. JUSTIN KURZEL
Eine Mordserie in den 1990er Jahre irgendwo im halbvergessenen Hinterland Australiens. Erzählt wird aus der Perspektive eines 17jährigen, der sich vom stillen Beobachter zum Mittäter hineinziehen lässt und die Regeln einer moralfreien, auf beliebigen Überlebensgrundsätzen aufbauenden, Parallelgesellschaft verinnerlicht. Schockierend.

BARBARA (Deutschland 2012)
Original Titel. BARBARA Regie. CHRISTIAN PETZOLD
Petzolds Nina Hoss aus den bisherigen Filmen des Regisseurs kristallin reduziert: kühl, rauchend, sich in dem wunderbar konstruierten Niemandsland zwischen Sachsen und Ostsee in Utopien von Zusammenleben demonstrativ verschlossen hineinarbeitend. Melancholisch.

flop

THE GREY - UNTER WÖLFEN (USA 2011)
Original Titel. THE GREY Regie. JOE CARNAHAN
Liam Neeson aka angegraute Kampfmaschine gegen einen Rudel hungriger Wölfe in der Einöde Alaskas. Weniger Tierhorror als Glaubenskrise, weniger Überlebenskampf als Schicksalsmelodien verkrachter Männer am Ende der Welt. (Er-)nüchtern(d).

CHRONICLE - WOZU BIST FÄHIG? (USA 2012)
Original Titel. CHRONICLE Regie. JOSH TRANK
Teenage Mutant Superheros. Drei Freunde krabbeln in eine Höhle, nächsten Tag können sie fliegen. Coming-Of-Age Highschool Dramolette in Found-Footage-Optik, wie erdacht aus einem feuchten Teenager-Traum. Angestrengt.

MARVEL'S THE AVENGERS (USA 2012)
Original Titel. THE AVENGERS Regie. JOSS WHEDON
Spaß macht die anfängliche Beziehungskomödie: Hulks "Temperament" und die Egomanien der Latex- und Metallanzugträger. Als die Bösewichter aus dem Weltall kommen, die Erde zu unterjochen, rauft sich der Rächerhaufen zusammen und es wird dröge. Glatt.

THE CABIN IN THE WOODS (USA 2011)
Original Titel. THE CABIN IN THE WOODS Regie. DREW GODDARD
Meta-Horror und Liebeserklärung an Filmmonster. Lovecrafts Cthulhu und Freunde werden die Erde zerstören, wenn die verdammte Jungfrau nicht ins Gras beißt. Handzahm.

THE DARK KNIGHT RISES (USA/Großbritannien 2012)
Original Titel. THE DARK KNIGHT RISES Regie. CHRISTOPHER NOLAN
Geschafft! Batman-Trilogie beendet - alle Beteiligten wirken sichtlich erleichtert (vor allem Christian Bale). Die Handlung holpert, Bruce Wayne ist ein Krüppel, ist kein Krüppel, ist ein Krüppel, ist topfit. Ein Film mit unsagbar miesen Filmtoden: Marion Cotillard schüttelt sich aus dem Leben; Bane wird aus der Szene geschossen. Zum Schmunzeln.


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MOONRISE KINGDOM

MOONRISE KINGDOM (USA 2012)
Original Titel. MOONRISE KINGDOM Regie. WES ANDERSON
Ein Film, der einen weinen lässt, während man lacht. In gewohnter Wes-Anderson-Manier wird man in eine zauberhafte Welt entführt, die sich mit ihren aberwitzigen Charakteren und der skurrilen Handlung doch irgendwie nach vertrauter Realität anfühlt.

DRIVE (USA 2011)
Original Titel. DRIVE Regie. NICOLAS WINDING REFN
Nie ist skrupellose Brutalität und liebevolle Hingabe so derart schick daher gekommen wie in DRIVE. Großartige Bilder, großartiger Soundtrack und großartig plumpe Metapher: ein Skorpion sticht erst zu, wenn man ihn gewaltig ärgert.

WE NEED TO TALK ABOUT KEVIN (USA/Großbritannien 2011)
Original Titel. WE NEED TO TALK ABOUT KEVIN Regie. LYNNE RAMSAY
Der Film verlangt dem Zuschauer einiges ab, allerdings zieht er auch oder gerade deswegen ab der ersten Sekunde in seinen Bann. TildaSwinton macht durch ihr sensibles Spiel die riesige Last auf den Schultern einer Mutter, deren Sohn zum Amokläufer wird, in jeder Minute des Films spürbar. Die klinisch sauberen Bilder schaffen ein interessantes Spannungsfeld zwischen der zutiefst gestörten und belasteten Mutter-Sohn-Beziehung. Manchmal geht der Film etwas oberflächliche Wege und die Charakterisierung des Kindes rutscht teilweise in horrorfilmgleiche Extreme ab. Am Ende bleibt man schweißgebadet und fasziniert von der überaus ästhetischen Behandlung des Themas Schuld und Buße zurück.

LOOPER (USA 2012)
Original Titel. LOOPER Regie. RIAN JOHNSON
Neben dem trockenen Humor, der reizvollen Grundidee und dem kreativen Actionkitsch bekommt man zwei polarisierende Hauptfiguren und eine gut durchdachte Zukunftsutopie vorgesetzt.

TAKE SHELTER - EIN STURM ZIEHT AUF (USA 2011)
Original Titel. TAKE SHELTER Regie. JEFF NICHOLS
Die kluge Storykonstruktion vermag es, den Zuschauer zwischen Wahrheit und Trugbild so oft hin und her zu reißen, dass es fast nicht mehr auszuhalten ist. Man muss sich andauernd fragen, was man glauben will und noch schlimmer: warum will man es glauben?

DICKE MÄDCHEN (Deutschland 2011)
Original Titel. DICKE MÄDCHEN Regie. AXEL RANISCH
Eine demente, aber charmante Oma, deren adipöser Sohn sich in ihren vermeintlich heterosexuellen Krankenpfleger verliebt - der schönste und traurigste Liebesfilm des Jahres!

THE GREY - UNTER WÖLFEN (USA 2011)
Original Titel. THE GREY Regie. JOE CARNAHAN
Es erscheint auf den ersten Blick mutig, ein herkömmliches Rudel Wölfe als antagonistische Kraft dem Protagonisten gegenüberzustellen, neigt der gegenwärtige Mensch ja doch irgendwie dazu, sich der Natur überlegen zu fühlen. THE GREY schafft es jedoch, den Zuschauer eines Besseren zu belehren und im zivilisationsleeren Raum unsere Schwachstellen aufzuzeigen.

LIEBE (Frankreich/Deutschland/Österreich 2012)
Original Titel. AMOUR Regie. MICHAEL HANEKE
Man muss schon starke Nerven haben, um sich zwei Stunden dem detailliert gezeichneten Niedergang eines Menschen anzusehen. Der Film lässt sich auch deswegen nicht einfach in die Kategorie gut oder schlecht einordnen. Vielmehr ist es die Tatsache, dass LIEBE auch noch Tage nach der Rezeption wie ein schwerer Stein auf dem Gemüt liegt und man sich so der Auseinandersetzung mit der Thematik stellen muss, die den Film sehenswert macht.

MARTHA MARCY MAY MARLENE (USA 2011)
Original Titel. MARTHA MARCY MAY MARLENE Regie. SEAN DURKIN
Marlene setzt sich mit ihren Erlebnissen in einer sektenähnlichen Kommune auseinander. Ihr nach außen hin verdrängtes Trauma lässt einen in jeder Sekunde erschaudern und sich auf eine unangenehme Art taub und hilflos fühlen.

SINISTER (USA 2012)
Original Titel. SINISTER Regie. SCOTT DERRICKSON
Man könnte meinen, dass olle Super-8-Aufnahmen, ein gescheiterter, alkoholkranker Autor und ein schlecht gelaunter Dämon in einer mehr als ausgelutschten Geschichte münden. Allerdings belehrt Sinister mit seiner SHINING-Atmosphäre und den fast bis ins Unkenntliche abgedunkelten Bilder eines Besseren. Selbst der erahnbare Twist kann nicht vermeiden, dass einem die Haare zu Berge stehen.

flop

THE DARK KNIGHT RISES (USA/Großbritannien 2012)
Original Titel. THE DARK KNIGHT RISES Regie. CHRISTOPHER NOLAN
Hier fühlt man sich angesichts des clownesken Bösewichts und des aufgesetzten Endes fast schon wieder an die frühen Batman-Verfilmungender 60er Jahre erinnert. Nichts ist mehr spürbar vom intelligenten Handlungsgeflecht von Nolans zweiten Teil der Trilogie und dem Mut, nicht nur gut Vorgekautes und leicht Verdauliches vorzusetzen.

SNOW WHITE AND THE HUNTSMAN (USA 2012)
Original Titel. SNOW WHITE AND THE HUNTSMAN Regie. RUPERT SANDERS
Der tumbe Gesichtsausdruck der Hauptdarstellerin ist wie ein Symbol für das stille Unverständnis, das der Zuschauer angesichts der langweilig erzählten Story und der überbordend wirkenden Ästhetik wohl empfinden mag.

RESIDENT EVIL: RETRIBUTION (Deutschland/Kanada 2012)
Original Titel. RESIDENT EVIL: RETRIBUTION Regie. PAUL W. S. ANDERSON
Auch ein 3D-Film bedarf einer dramaturgisch gut durchdachten Story. Hier wirkt es, als habe man Visual- und Special-Effects-Supervisorn erlaubt, soviel Budget wie möglich raus zu hauen.




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