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UNENDLICHE TIEFEN

Reportage.
Fantasy Filmfest 2017
von André Becker

Fantasy Filmfest 2017

Trotz vieler kleinerer Festivals mit ähnlichen Schwerpunkten (vom Randfilmfest in Kassel bis zum Shivers in Konstanz usw.), ist das Fantasy Film Fest doch hierzulande noch immer das größte und bedeutendste Filmfestival für alle Spielarten des Genre-Kinos. Nach den eher mauen Fantasy Film Fest Nights blieb es dieses Jahr besonders spannend wie sich die diesjährige Ausgabe des FFF so schlägt.

Böse Clowns und schlagfertige Damen.

Fantasy Filmfest 2017

Als Eröffnungsfilm trieb der fiese Pennywise in der neuesten Verfilmung des Stephen King Romans ES sein Unwesen. Schon jetzt ist der Film ja mächtig gehypt, was dazu führte, dass bereits nach kürzester Zeit die Vorführung in Berlin ausverkauft war. Rausschmeißer in der Closing Night war dann am Sonntag gegen 21:30 der Actioner THE VILLAINESS aus Südkorea. Trotz kleinerer Schwächen (die mitunter arg überstrapazierte melodramatische Schlagseite) ein durchaus würdiger Abschluss, der mit mehreren eindrücklichen Action-Sequenzen aufwarten konnte, die in diesem Jahr zum Teil sicherlich konkurrenzlos sein dürften. Die ersten, im POV-Modus gefilmten, Minuten toppen beispielsweise fast den kompletten Action-Overkill von HARDCORE. Und das soll was heißen.

Vom Schrecken der Kindheit über die Zumutungen des Erwachsenwerdens.

Klar, bei so vielen Filmen sind übergeordnete thematische Schwerpunkte eher schwer zu fassen. Nichtsdestotrotz gab es sie in diesem Jahr. Erstaunlich viele der gezeigten Produktionen beschäftigten sich mit kindlichen Lebenswelten und Coming-of-age-Geschichten. Sei es (für alle Kenner der Vorlage wenig überraschend) ES, das polnische Drama PLAYGROUND, die israelische Parabel LAND OF THE LITTLE PEOPLE, der französische Cannes-Aufreger RAW oder die Graphic-Novel-VerfilmungMY FRIEND DAHMER über die Jugendjahre des Serienkillers Jeffrey Dahmer. Als eher anspruchsvolles Programm muss auch das niederschmetternde Beziehungsdrama HOUNDS OF LOVE verbucht werden, dass thematisch viel mehr erzählte als "nur" die Geschichte eines entführten Teenagers.

Ganz grundsätzlich erlaubte man sich allerdings programmseitig Abstecher in so ziemlich jedes Subgenre. Von nicht totzukriegendem Tier-Horror (Riesenameisen in IT CAME FROM THE DESERT, Haie in 47 METERS DOWN) über klassische Grusel-Stoffe (vertreten durch den isländischen Beitrag I REMEMBER YOU) bis hin zu Science Fiction (RESET) oder Exorzismus-Filmen (der neue Xavier Gens THE CRUCIFIXION.

Ein Wiedersehen mit alten Bekannten: Miike, Radcliffe, Keating.

Takashi Miike ist bekanntermaßen fast in jedem Jahr beim FFF mit einem neuen Streifen dabei. Letztes Jahr mit TERRA FORMARS dieses Jahr mit seinem 100. Output, der Swordsplay-Bombe BLADE OF THE IMMORTAL. Oben drauf gab es mit dem Klassiker AUDITION und dem gemeinhin unterschätzten LESSON OF THE EVIL eine kleine Retrospektive zu früher Stunde. Toll. Sein allerneuester, also sein 101. Film JOJOS BIZARRE ADVENTURE wurde leider nicht gezeigt (dafür hätte man das diesjährige Neuchâtel Fantastic Film Festival NIFFF in der Schweiz besuchen müssen).

Mit zumindest einem neuen Film war Hauptdarsteller Daniel Radcliffe mit von der Partie (2016 waren es zwei: SWISS ARMY MAN sowie IMPERIUM). Der sehenswerte JUNGLE von Greg McLean (WOLF CREEK 1&2) überzeugte dabei als mitreißender Abenteuerfilm, der vor allem durch wirklich beeindruckende Naturaufnahmen und das Spiel von Radcliffe im Gedächtnis blieb. Ebenfalls wieder im Programm war Vielfilmer Mickey Keating (2016 mit der Grindhouse-Hommage CARNAGE PARK beim FFF). Dieser legte mit PSYCHOPATHS ein Midnight Movie vor, das nicht bei allen gut ankam. Dennoch sollte man sich den Namen gut merken, denn Keating bleibt nach wie vor einer der interessantesten neuen Player im Horror-Kino.

Mit den besten Grüßen aus Europa.

Mit zahlreichen Filmen unserer Nachbarn war das FFF programmtechnisch sehr europäisch unterwegs. Neben zwei deutschen Produktionen (die Berlin-Filme FIGAROS WÖLFE und SCHNEEFLÖCKCHEN) gab es Werke aus Spanien (VERONICA), Frankreich (GAME OF DEATH) oder Finnland (RENDEL) zu sehen. Letzterer bedauerlicherweise ein ziemlich misslungener Punisher-Klon, der mit sehr dünner Story und lahmen Actionszenen, nun wirklich keine Begeisterungsstürme ausgelöst hat. Da konnte auch der sympathische Auftritt der, in Berlin anwesenden, Crew nicht mehr viel helfen.

Fantasy Filmfest 2017

FFF 2018 kann gerne kommen.

Das anwesende Publikum war in den von mir besuchten Vorstellungen übrigens mal wieder sehr angenehm. Keiner sabbelt während des Films rum, Szenenapplaus kam an den richtigen Stellen (u.a. nach den brachialen ersten Minuten von THE VILLAINESS) und auch beim Verlassen der meist sehr vollen Säle des Cine Star am Potsdamer Platz fiel niemand unangenehm aus dem Rahmen. Leider keine Selbstverständlichkeit mehr wenn man heute ein größeres Kino besucht.

Was gibt es als Fazit zu sagen? Alles in allem hat das FFF 2017 eine Menge Spaß gemacht. Zugegeben, es gab auch die eine oder andere Gurke (z.B. den reichlich überflüssigen vierten Teil der Hatchet-Reihe) aber ganz grundsätzlich überwiegen, wie schon bei der Ausgabe im Vorjahr, die positiven Eindrücke. Wie immer gilt: Ein Großteil der Filme erscheint kurze oder etwas längere Zeit (einzelne Titel vom FFF 2016 sind erst für Ende 2017 angekündigt) später im Verleih, Handel oder im regulären Kino (der indonesische FFF-Beitrag MARLINA - DIE MÖRDERIN IN VIER AKTEN ist z.B. vom Verleih für 2018 angekündigt). Einzelne Titel wird man aber wohl hierzulande nicht mehr zu Gesicht bekommen, was umso bedauerlicher ist, da gerade hier vielversprechende Filme dabei waren.

Ach ja, das die Verantwortlichen in Berlin nach dem Eröffnungsfilm doch tatsächlich den chinesischen Mega-Klamauk THE MERMAID von Stephen Chow ins Programm holten und diesbezüglich auf einen kaum zu toppenden Kontrast setzten, war durchaus mutig und soll an dieser Stelle als abschließende Randnotiz einfach mal so stehen bleiben.

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