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KAPITELWAHL

LISA UND DER TEUFEL (Italien/Deutschland/Spanien 1972)

von Björn Eichstädt

Original Titel. LISA E IL DIAVOLO
Laufzeit in Minuten. 92

Regie. MARIO BAVA
Drehbuch. MARIO BAVA . ALFREDO LEONE
Musik. CARLO SAVINA
Kamera. CECILIO PANIAGUA
Schnitt. CARLO REALI
Darsteller. TELLY SAVALAS . ELKE SOMMER . SYLVA KOSCINA . GABRIELE TINTI u.a.

Review Datum. 2007-03-17
Erscheinungsdatum. 2007-03-15
Vertrieb. E-M-S

Bildformat. 1.85:1 (anamorph)
Tonformat. DEUTSCH (DD 1.0) . ENGLISCH (DD 1.0) . ITALIENISCH (DD 1.0)
Untertitel. DEUTSCH
Norm. PAL
Regional Code. 2

FILM.
Ich halte Mario Bavas LISA UND DER TEUFEL für einen der großartigsten Filme, die je gedreht wurden. Auch wenn Du das vielleicht nicht für eine gesunde Einschätzung hälst. Bei mir hat das alles jedenfalls angefangen, als ich den Film irgendwann in den 90ern zum ersten Mal auf einem VHS-Tape des britischen Labels Redemption gesehen habe. Das in Filmfankreisen allseits bekannte Drama um den Film, der lediglich in Cannes Anfang der 70er eine kurze Aufführung in seiner Ursprungsversion erleben durfte, anschließend von Produzent Alfredo Leone massiv umgeschnitten, in Teilen neu gefilmt und schlussendlich als LA CASA DELL'ESORCISMO auf dem Markt geschmissen wurde, war mir damals nicht geläufig. Umso größer der Schock, als Jahre später die amerikanische Image-Entertainment-DVD mit beiden Filmversionen meinen DVD-Player enterte. Was um alles in der Welt hatte Leone Bavas Werk angetan?

Mario Bava wird oft als Großmeister des Bildes gefeiert, als einer, der das Visuelle perfektionierte, der damit aber auch leicht in den Verdacht kam, Style over Substance zu stellen. Einen Auteur sehen die Meisten bis heute nicht in ihm - zu Recht, war doch ein Großteil der Filme reine Auftragsarbeit. Manche hervorragend, so wie DER DÄMON UND DIE JUNGFRAU, die anderen schrecklich billig, wie BARON BLOOD. Letzterer war für Alfredo Leone aber wohl ein Plusgeschäft, so dass der Produzent Bava eine Carte Blanche vor die Füße warf. "Mach oder nicht" - und Bava ergriff die Gelegenheit beim Schopfe. Was kam war ein Trauerspiel in vielen Akten, doch seit ein paar Jahren können wir Bavas größte Tat glücklicherweise wieder in ihrer ursprünglichen Version bewundern.

Die in der Gegenwart angesiedelte Italientouristin Lisa betrachtet in einer mehr oder weniger beliebigen Stadt ein Fresko des Teufels. Kurz darauf (nach etwas über 4 Minuten Filmhandlung) sieht sie diesen in einem Ladengeschäft wieder. Dies ist der Moment, in dem LISA UND DER TEUFEL kippt, in dem die Welt der Protagonistin aus den Fugen gerät. Lisa wird Elena, die in einer weichgezeichneten Vergangenheit auf einen hundert Jahre alten Liebhaber trifft, die Tod, Mord und Unzucht eine endlos erscheinende Nacht lang in die Augen schaut, bevor sie, gerade eben einem Netz aus den Schatten der Vergangenheit und der Summe aller Erbsünden entkommen, scheinbar wieder erwacht. Oder doch nicht?

LISA UND DER TEUFEL ist so ein Film, den man eigentlich nicht beschreiben kann, der sein ganz eigenes Universum darstellt und kaum von einem realen Tagtraum zu unterscheiden ist. Einzig MALPERTUIS von Harry Kümel scheint eine verblüffende Verwandtschaft aufzuweisen. Ansonsten steht LISA mit einem vollkommen eigensinnigen Plot allein auf weiter Flur. Großartige Schauspieler, fantastische Bilder und eine wunderbare Musik tun ihr übriges, um diesen Film zu einem der besten zu machen, die jemals gedreht wurden. Übertrieben denkst Du? Nun, dann hast Du LISA UND DER TEUFEL noch nicht gesehen.

DVD.
Die DVD von e-m-s ist eine durch und durch erfreuliche Angelegenheit. Das Bild kommt in der wahrscheinlich bestmöglichen Qualität daher, bedenkt man, dass der Film bis Anfang der 90er zeitweise gar als verschollen galt. Lediglich ein paar Nachzieheffekte trüben hin und wieder das Sehvergnügen, manchmal gibt es leichte bis mittelschwere Kratzspuren des Originalfilmmaterials zu sehen. Aber ehrlich: Was soll's, das Ganze ist mit seinen satten Farben und fein abgestuften Kontrasten mindestens so gut, wie die schon hervorragende italienische DVD-Veröffentlichung, wenn nicht sogar besser.

Der Ton ist ebenfalls in Ordnung, nur die englische Tonspur ist einen Tick zu leise geraten. Manchmal schmiegt sich ein antik anmutendes leises Rauschen an die Membranen am Ausgang des Audio-Kanals; das allerdings gibt dem Film eher zusätzliche Atmosphäre, als dass es nervt. Zudem überrascht die bislang selten gehörte deutsche Synchronisation mit ihrer recht guten Qualität.

Auch die Extras erfreuen den Bava-Fan: Drei bislang unveröffentlichte Schnittopfer zeigen LISA UND DER TEUFEL in neuem Licht, das wohl ursprünglich nackte Haut, Blut und Gewalt noch deutlicher beleuchten sollte. Leider liegen die unveröffentlichten Szenen teilweise nur in 4:3-Versionen vor, aber das kann die Freude nur wenig trüben.

Der obligatorische Trailer ist natürlich ebenfalls auf der DVD. Aber auch hier kann die Veröffentlichung überraschenderweise punkten. Denn der kleine Bruder des Hauptfilms entpuppt sich als hervorragender Warhol-Videoclip-Verschnitt zu Carlo Savinas Opening Track. Wie einst Andys Marilyn kommen Telly und Elke hier zu Pop-Art-Ehren. Und: Kein geschriebenes Wort verdirbt den Genuss. Wenn das wirklich mal der Trailer zum Film war, dann fress ich einen Besen. Ein augenschmeichelndes Kleinod ist dieser Kurzfilm trotzdem.

Wo schon das sonst oft unnötige Feature Trailer überrascht, da mutiert die Filmographie-/Biographie-Sektion zum Augenübergeher: Allein bei Bava umfasst diese 33 mehr als informative Texttafeln. Und auch das hübsch gestaltete Booklet mit ausführlichem Text von Kritikerkollege Marcus Stiglegger ist eine Freude. Der gezogene Vergleich mit MALPERTUIS von Harry Kümel trifft den Nagel auf den Kopf, wie ich das bereits andernorts in diesem Online-Magazin vor einiger Zeit beschrieben habe. Einzig die mehrfach falsche Schreibweise des holländischen Regisseurs (Kümel mit einem m bitte!) nervt ein wenig. Aber nun gut. Ein schöner Pappschuber rundet das fast perfekte Bild ab. Das Fehlen des von Alfredo Leone verhunzten LA CASA DELL'ESORCISMO schmerzt wohl nur den Komplettisten, diese Alternativversion von LISA UND DER TEUFEL gefällt sowieso nur Masochisten. Also Schwamm drüber: Alles in allem ein dickes "Bravo" für diese Veröffentlichung!








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