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R.E.D. (USA 2010)

von Michel Opdenplatz

Original Titel. RED
Laufzeit in Minuten. 111

Regie. ROBERT SCHWENTKE
Drehbuch. ERICH HOEBER . JON HOEBER
Musik. CHRISTOPHE BECK
Kamera. FLORIAN BALLHAUS
Schnitt. THOM NOBLE
Darsteller. BRUCE WILLIS . MORGAN FREEMAN . JOHN MALKOVICH . HELEN MIRREN u.a.

Review Datum. 2010-10-28
Kinostart Deutschland. 2010-10-28

Die Filmversion eines eher düsteren Comics von Warren Ellis mit Humor zu durchsetzen… Na ja, eigentlich kann es dadurch - mit den geträllerten Worten Brads aus THE ROCKY HORROR PICTURE SHOW - nur zu drei Ergebnissen kommen: "Good, bad or mediocre." Glücklicherweise beschert Regisseur Robert Schwentke (FLIGHTPLAN) seinem Publikum in Form von RED ein deutliches "Good".

Bruce Willis als pensionierter CIA-Agent Frank Moses sieht alt aus, und das ist auch Sinn der Sache: Ob er nun in seinem Wohnzimmer sitzt und einen Avocadosetzling betrachtet (der bald darauf zum kurzlebigen Sinnbild für - nun ja - Kurzlebigkeit wird) oder zu Trainingszwecken auf den klischierten Boxsack eindrischt. Dass seine Reflexe jedoch unter den fortgeschrittenen Jahren noch kein bisschen gelitten haben, macht eine sehr feine Szene deutlich, in welcher der kamerafokussierte Nachttischwecker um Punkt sechs Uhr eben nicht klingelt, sondern Frank einfach die Augen öffnet und sich aus dem Bett erhebt.
Abgesehen davon scheint sein Rentnerleben in der typischen US-amerikanischen Vorstadt hauptsächlich darin zu bestehen, telefonisch mit Sarah Ross (Mary-Louise Parker), seiner Sachbearbeiterin bei der Pensionskasse, zu flirten. Bis eines Nachts ein bis an die Zähne bewaffnetes Sonderkommando anrückt, um sein nicht ganz so trautes Heim samt ihm zu pulverisieren. Nach fachgerechter Entsorgung dieses Trupps macht sich Frank sogleich daran, die durch ihre Verbindung zu ihm ebenfalls gefährdete Sarah zu entführen und seine im Ruhestand befindlichen Weggefährten zusammenzutrommeln, um herauszufinden, warum genau seine früheren Arbeitgeber ihm an den Kragen wollen.

Der Film erlaubt sich durchaus Klamauk auf Kosten des Alters seiner Protagonisten, doch er kommt dabei niemals herabwürdigend oder ausgelutscht daher. Das trägt wohl auch dazu bei, dass gerade dieser größte Eingriff in die Comicvorlage tatsächlich funktioniert. Bruce Willis hat eindeutig Spaß daran, sein Actionimage auf diese Weise durch den Kakao zu ziehen und spielt so ausgeglichen, wie man ihn selten sieht. Brian Cox (X-MEN 2) als gealterter Ex-KGB-Agent Ivan Simanov ist wodkatrinkend ebenso genuin witzig wie die zwischen damenhafter Zurückhaltung und knallhartem Vamp oszillierende Hellen Mirren (THE QUEEN). Sie sorgt als Victoria für einen der wohl größten Lacher im ganzen Film (der zur willkommenen Abwechslung nicht schon im Trailer verbraten wurde), wenn sie Sarah ebenso elegant wie simpel ihren erlernten Beruf erklärt. Während John Malkovich (BEING JOHN MALKOVICH) einmal mehr seine Wandlungsfähigkeit als (vielleicht doch nicht ganz grundlos) paranoider Veteran Marvin Boggs unter Beweis stellt, bringt Morgan Freeman (THE DARK KNIGHT) als die wohl tragikomischste Figur Joe Matheson das Problem des gesamten Teams auf den Punkt, wenn er auf seine Frage "Ich bin 80, was sollen die mir jetzt noch antun?" von Frank die Antwort erhält: "Sie können dich immer noch erschießen."

Ein besonderes Lob gilt auch Karl Urban (STAR TREK), der als Killer und Familienvater William Cooper im ersten Teil des Films den Antagonisten geben darf. Dass diese Zerrissenheit geheimdienstlicher Drecksarbeit in Form seiner Figur ausgerechnet an einem Mitarbeiter der CIA exemplarisch (und vom ersten Auftritt an eindrucksvoll) dargestellt wird, ist dem Film ebenso hoch anzurechnen wie Urban die kompromisslose Art und Weise, mit der er sich auf diesen radikalen Zynismus einlässt. Zu guter Letzt ist es ferner eine willkommene Abwechslung, Julian McMahons (FANTASTIC FOUR: RISE OF THE SILVER SURFER) routiniert geleckte und überhebliche Figur Robert Stanton völlig überfordert und planlos durch Ballersequenzen stolpern zu sehen, die sie sich sichtlich anders vorgestellt hat.

Die Optik von RED wird durch amüsante - weil detailreiche - Titelanimationen unterstützt, welche die jeweiligen Handlungsorte in Form von regionaltypischen Ansichtskarten einführen, und auch die Action ist mehr als solide umgesetzt: Der Kampf zwischen Frank und Cooper tut selbst im gemütlichen Kinosesselpolster ordentlich in den eigenen Knochen weh, der Einsatz von Pyrotechnik ist tatsächlich originell und vermag vielen Szenen, die andernfalls durchschnittlich hätten daher kommen können, eine definitive Brachialästhetik zu verleihen. So ist man deutlich geneigt, dem kauzigen alten CIA-Archivar Henry (Ernest Borgnine) zu glauben, wenn er Cooper erklärt, das Kürzel "Red" auf Franks Akte stehe für "Retired, Extremely Dangerous". Und man kann trotzdem zugleich darüber lachen. Dies ist wohl das beste Beispiel dafür, dass die Gratwanderung zwischen Action und Komik - ebenso essentiell wie nicht selbstverständlich für Action-Komödien - diesem Film nur in den seltensten Fällen misslingt (wie beispielsweise in der unsäglichen Moldawien-Szene vor dem Abspann). Wessen Lachmuskeln also zu Beginn der Handlung bereits von der etwas besonderen Art angetan sind, wie Frank und Sarah einander zum ersten Mal physisch begegnen, dem kann versichert werden: Ja, dieser Film bleibt so politisch unkorrekt; und zum Glück ist ihm egal, ob das allen Zuschauern gefällt oder nicht.











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