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Schon beim Einchecken zur Pressevorführung drückt man mir ein flehendes Schreiben des Verleihs in die Hand. "Bloß nicht die überraschenden Wendungen verraten!" Die Sicherheitsvorkehrungen stellen mal wieder die Einreise in die USA in den Schatten, Buena Vista scheint es ernst zu sein. Wenigstens werden auch die üblichen Trittbrettfahrer abgewiesen. Herr Kalkofe begibt sich mit demselben übellaunigen Gesichtsausdruck Richtung Saal wie schon bei RED EYE, er sollte vielleicht vom Besuch von Flugzeugthrillern absehen.
Erstmals erlebe ich, daß ein Filmverleih das mehr oder minder professionelle Auditorium mit Trailern penetriert, bevor der eigentliche Grund unserer Anwesenheit losrollt. Die Vorschau zur Schnulze PROOF mit Hopkins und Paltrow ist ein dermaßen übler Tritt in die Klöten, daß man sich nur unter heftigen Windungen auf Frau Foster freuen kann. Vergeblich versucht eine Dame von der Presseagentur, gegen den breitärschigen Rockmuzak ankämpfend, der vor Beginn des Films aus den Boxen quillt, das Publikum nochmals auf die deutsche Herkunft des Regisseurs Robert Schwentke hinzuweisen. Es mögen die atmosphärischen Bilder Berlins in seinem Film TATTOO gewesen sein, die ihn für diese Hollywood-Großproduktion empfahlen, denn mit ebensolchen fängt auch FLIGHTPLAN an.
Die Hauptstadt zeigt sich von ihrer winterlichen, unwirtlichen Seite: Kyle (Jodie Foster) hat hier soeben ihren Mann an den Sensenmann abgetreten; der Gatte ist vom Dach gefallen, "Selbstmord", informiert uns Christian Berkel. Die Hinterbliebene ist anderer Meinung. Mit ihrer kleinen Tochter tritt sie, samt Sarg, die Heimreise nach New York an, und zwar in einem topmodernen Superflieger, dessen Düsen die Ingenieurin selbst entwickelt hat. Wie Schwentke mit seinem Kameramann Florian Ballhaus (ja, das ist der Sohn) diesen Schauplatz etabliert, zeigt nicht nur, daß er mehr kann als das Bild vom düsteren Berlin zu zeichnen, es ist auch eine hochwillkommene Abwechslung zum gängigen Michael Bay-Geflacker, bei dem keiner mehr weiß, wo, wann und wer er ist.
Kyle döst direkt nach Start ein und erwacht wenige Stunden später, nur um festzustellen, daß ihre Tochter verschwunden ist. Keiner will sie gesehen haben, auch nicht vor dem Start, nicht beim Einchecken, nicht beim Einsteigen. Keiner glaubt ihr, weder der zupackende Air Marshal (Peter Saarsgard) noch der besonnene Pilot (Sean Bean). Man hält sie für verrückt, und ihre Hysterie macht sie zum personifizierten Feindbild von Besatzung und Fluggästen. Es dauert lange, bis Kyle endlich an sich selbst zweifelt.
Das klingt spannend und ist es eine ganze Weile lang auch, was FLIGHTPLAN zum einen den in prächtiger Form aufspielenden Darstellern (Foster wie immer stark, Bean so gut wie noch nie), zum anderen Schwentke zu verdanken hat, der dem Film einen an David Fincher erinnernden kühlen Look verpaßt hat. Ein Film wie FLIGHTPLAN braucht genau die überraschenden Wendungen, von denen der Verleih möchte, daß ich sie nicht verrate.
Leider hat er diese aber nicht. Es kommt halt irgendwann die Auflösung, und die ist ebenso hanebüchen wie öde. Danach tritt sofort gähnende Langeweile ein, die Düsen setzen aus, der Film muß dringend auftanken, landet aber stattdessen Bruch. Die Story stellt sich als lausig heraus, was tödlich ist. Mit einer betont großen Geste der Völkerverständigung schießt sich Schwentke zu allem Überfluß auch noch die Kniescheiben weg, so daß man das Kino fast ebenso angewidert verläßt wie nach Wes Cravens Unfall RED EYE.
Zum Glück war der Abspann wunderschön.
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