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KAMPF DER TITANEN (USA 2010)

von Florian Lieb

Original Titel. CLASH OF THE TITANS
Laufzeit in Minuten. 118

Regie. LOUIS LETERRIER
Drehbuch. TRAVIS BEACHAM . PHIL HAY . MATT MANFREDI
Musik. RAMIN DJAWADI
Kamera. PETER MENZIES JR.
Schnitt. DAVID FREEMAN . VINCENT TABAILLON
Darsteller. WORTHINGTON . RALPH FIENNES . LIAM NEESON . GEMMA ARTERTON u.a.

Review Datum. 2010-04-04
Kinostart Deutschland. 2010-04-08

Der Abenteuerfilm ist ein Märchen für erwachsene Kinder, das das Realitätsprinzip verhöhnt und stattdessen dem Traum huldigt. Und was heute der Abenteuerfilm ist, war in der Antike die Legende. Wie die von Jason und den Argonauten oder von Perseus' Abenteuer gegen die Schlangenfrau Medusa und seinem heroischen Bestreben, die schöne Prinzessin Andromeda vor dem Zorn der Götter zu bewahren, sie dann zur Frau zu nehmen und obendrein ein Königreich umsonst oben drauf zu erhalten. Es sind Geschichten von atemberaubenden Frauen - wegen Helena wurde beispielsweise der Legende nach Troja zerstört - und bewundernswerten Helden. Bei diesen handelt es sich in den meisten Fällen um Halbgötter, damit man ihnen ihre Superkräfte auch abnimmt. Daher ist auch Perseus ein Halbgott und einer der vielen Söhne von Göttervater Zeus. Ein Aspekt, der ihm in Desmond Davis' KAMPF DER TITANEN von 1981 die Eifersucht und den Neid der anderen Götter bescherte.

In Louis Leterriers gleichnamigem Remake ist dies nun anders. Hier verkommt Sam Worthington eher zu einem Mittel zum Zweck, wenn sich Unterweltgott Hades (Ralph Fiennes) versucht gegen seinen Bruder Zeus (Liam Neeson) aufzulehnen. Als Strafe für seine Gottlosigkeit wird das Königreich Argos gezwungen, seine Prinzessin Andromeda zu opfern. In zehn Tagen soll sie dem Kraken präsentiert werden, andernfalls vernichtet dieser den Stadtstaat. Wo Perseus im Original aus Liebe ins Abenteuer zog, ist ihm Andromeda hier nun eigentlich egal. Er will Rache an Hades, weil dieser aus Unachtsamkeit Perseus' Adoptivfamilie getötet hat. Eine andere Halbgöttin, Io (Gemma Arterton), hat seit seiner Geburt über Perseus gewacht und nachdem sie ihm bestätigt, dass er selbst ebenfalls ein Halbgott ist, verrät sie ihm auch, wie der bullige Fischer Rache üben kann. Der Kraken ist der Schlüssel, berichtete Io zu Beginn des Filmes doch, dass Hades ihn aus seinem eigen Fleisch und Blut erschuf. Die Ziele von Perseus und den Einwohnern von Argos decken sich also: der Kraken muss sterben.

Der Titel von KAMPF DER TITANEN offenbart nun, wie dies zu erreichen ist. Dem Kraken muss als einem der letzten Titanen ein anderer Titan gegenübergestellt werden. Die gorgonische Medusa ist so eine Titanin, allerdings auch nicht von ungefähr. Der Weg zu ihr ist steinig und deswegen gefährlich, weil sich allerlei Kreaturen Perseus und seinen Gefährten in den Weg stellen. Von Perseus' übermenschlichem Ex-Stiefvater Calibos (Jason Flemyng), über riesige Skorpione und mordlüsterne blinde Hexen bis hin zur todbringenden Schlangenfrau Medusa selbst erwarten Perseus - und mit ihm die Zuschauer - eine Armada aus Vieh und Gesocks. Und weil es sich um ein Remake handelt, ist alles etwas größer, schneller und bedrohlicher als es noch vor dreißig Jahren war. Zeichnete sich seiner Zeit der legendäre Animator Ray Harryhausen für die Stop-Motion-Technik im Original verantwortlich, stammen die Biester nunmehr natürlich aus dem Rechner. Was mal mehr und mal weniger überzeugend aussieht.

Blockbuster wie dieser erhalten eigentlich heutzutage ein Budget zwischen 150 und 200 Millionen Dollar. Letztere Summe wird der PRINCE OF PERSIA-Verfilmung gewährt, erstgenannte Summe stand Leterrier zuletzt bei DER UNGLAUBLICHE HULK zur Verfügung. Die Summe wurde für KAMPF DER TITANEN nun überraschend halbiert, was erklären könnte, warum manche Kreaturen besser aussehen als andere. Für Medusa bemühte man Motion Capture und digitale Effekte. Was dafür sorgt, dass Natalia Vodianovas Schlangenfrau böse Erinnerungen an Stephen Sommers' Versuch, The Rock in seinem zweiten Mumienabenteuer in einen menschlichen Skorpion zu verwandeln, weckt. Medusa selbst kann somit leider visuell ebenso wenig überzeugen, wie die gesamte Sequenz mit ihrem und Perseus' Kampf. Der Fokus scheint auf dem Kraken gelegen zu haben, der sich in einer minutenlangen Einstellung in ganzer epochaler Größe ausfalten darf. Er ist dann auch einer der Spezialeffekte, die überzeugend wirken, scheint aber finanziell derart Tribut gefordert zu haben, dass die Finalszene mit ihm auch im Remake so schnell endet wie seiner Zeit bei Davis.

Man könnte die Effekte also als "solide" bezeichnen. Man könnte jedoch nach Filmen wie TRANSFORMERS und AVATAR auch enttäuscht sein. Von einem Film, der sich hauptsächlich auf seine Zurschaustellung von mythologischen Kreaturen stützt, erwartet man im Jahr 2010 Effekte, die versuchen mit IRON MAN 2 mitzuhalten, und nicht mit X-MEN 2. Speziell dann, wenn man eine derart zusammengeschusterte und lieblose Handlung präsentiert bekommt. Insofern lässt sich Leterriers Film gut mit TRANSFORMERS: DIE RACHE vergleichen, bestehen beide Filme aus unübersichtlichen Action-Szenen mit allenfalls soliden Effekten, deren dümmliche Handlung eher anstrengt als unterhält. So erklärt Perseus immer dann, wenn Leterrier ihn lässt, dass er sich nicht auf seine Göttlichkeit berufen möchte und stattdessen seine Menschlichkeit hervorhebt. Um jene Behauptung später natürlich über den Haufen zu werfen. Auch seine ganze Motivation, als Mensch einen unsterblichen Gott töten zu wollen, stellt im Vergleich zum Original, wo es um die Rettung seiner Liebe ging, eine unnötige und reichlich naive Änderung dar.

So anstrengend wie die Handlung sind dann auch die Darsteller. Worthington rettet sich erneut in eines seiner CGI-Abenteuer, die von ihm kein schauspielerisches Talent erfordern. Arterton leidet unter ihrer sinnlos in die Geschichte gepflanzten Figur, während sich Neeson und Fiennes in ihrem overacting zu verlieren drohen. Hinzu kommt dann noch, dass auch Lindy Hemmings Kostümwahl für die beiden Gottesbrüder reichlich in die Hose geht (warum die Götter statt Toga nun Rüstungen tragen, will einem bei ihrer Unverwundbarkeit und Abgeschiedenheit im Olymp auch nicht klar werden). Es sind also die Darsteller aus der zweiten Reihe wie Bond-Bösewicht Mads Mikkelsen, die auftrumpfen. In einem Sekunden-Gastauftritt wird dann bezeichnenderweise auch noch jemand wie Danny Huston als Poseidon verheizt. Erweitert werden die üblichen Verdächtigen, die bereits im Original zum Tragen kamen, dann von neu dazuerfundenen Sidekicks wie zwei ulkigen türkischen Jägern und einem magischen Mischwesen (mehr Baum als Mensch).

Gewürzt mit beliebten Ingredienzien aus diesem und dem Science-Fiction-Genre (man melkt erfolgreich die beliebten Franchises), schickt sich KAMPF DER TITANEN nun mehr schlecht als recht an, ein Abenteuer zu sein, dass das beliebte, aber auch kritisierte Original in den Schatten stellt. Das Ganze in 3-D, um sich am Box Office nicht hinter AVATAR und ALICE IN WUNDERLAND verstecken zu müssen, die ja bereits ordentlich Kohle gebracht haben. Wie schon Burton integrierte man den 3-D-Effekt aber erst hinterher, was dafür sorgt, dass er im Grunde verpufft. Mit Camerons Klassenprimus, aber auch Filmen wie CORALINE oder ALICE IM WUNDERLAND ist das Ergebnis nicht zu vergleichen. Warner sollte es sich also überlegen, zumindest gleich in 3-D drehen zu lassen, wenn sie sich schon entscheiden, ihre Blockbuster fortan alle im neuen Format in die Kinos zu schicken. Unterm Strich ist KAMPF DER TITANEN somit eine Mogelpackung in jeglicher Hinsicht, die nur selten wirklich unterhalten kann und sich sonst in ihrer Lieb- und Leblosigkeit verliert.











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