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DIARY OF THE DEAD (USA 2007)

von Matthias Mahr

Original Titel. DIARY OF THE DEAD
Laufzeit in Minuten. 97

Regie. GEORGE A. ROMERO
Drehbuch. GEORGE A. ROMERO
Musik. NORMAN ORENSTEIN
Kamera. ADAM SWICA
Schnitt. MICHAEL DOHERTY
Darsteller. MICHELLE MORGAN . JOSHUA CLOSE . SCOTT WENTWORTH . AMY CIUPAK LALONDE u.a.

Review Datum. 2007-11-05
Kinostart Deutschland. direct-to-video

George A. Romero ist also wieder mal bei den Zombies. Wie er bereits im Manifest-Interview angekündigt hat, beschreitet er diesmal aber einen ganz anderen Weg als noch in seinem derzeitigen Tetralogieabschluss (?) LAND OF THE DEAD. Ein Relaunch der Serie ist es wie versprochen geworden, preiswert das BLAIR WITCH-Fakedoku-Konzept für den DTV-Markt, adaptierend mit Option auf eine neue Reihe.
Praktisch schon zu Beginn umreißt Hauptperson Debra (Michelle Morgan) die Feinheiten des Konzepts. Sie editiert das Videomaterial, überwiegend von ihrem bereits verschiedenen Kollegen Jason (Joshua Close) gedreht, zu einem Dokument namens Dead of the Dead, das über den rasanten Ausbruch der Zombieplage informieren soll. Da sie auch erschrecken will (weil das wichtig und lehrreich ist!) scheut sie selbst den zeitweisen Einsatz von Musik nicht, obwohl das den Dokumentarcharakter verfälschen könnte. (Was für ein Blödsinn!) So unausgegoren zwischen uneditiertem found footage á la BLAIR WITCH PROJEKT und gefertigtem Dokumentarfilm pendelt leider der ganze Film. Mal sind Szenen kunstvoll geschnitten (Debra findet bald eine weitere Digitalkamera und fungiert ab dann als zweite Kamerafrau, Überwachungsvideos und Handyaufnahmen werden auch integriert), mal weisen Drop Outs zwischen den Szenen auf eine unbearbeitete Wiedergabe des Rohmaterials hin. Den Gipfel stellt aber eine Szene dar, in der der Akku von Jasons Kamera zu Neige geht und die obligate Display-Warnung offenbar auch am Band aufgezeichnet wird. In Folge findet Debra die erwähnte Zweitkamera und hält sie in der ersten von etlichen (um einiges zu vielen) "Ich filme dich, während du filmst"-Einstellungen auf den mit an der Steckdose hängender Kamera aufnehmenden Jason. Die Hauptpersonen, es handelt sich schließlich um Filmstudenten, die beim Dreh eines Mumienfilms mit ihrem Professor vom Beginn der Zombie-Ära überrascht werden, agieren ganz im Allgemeinen zu amateurhaft für ihre Ausbildung. Da wackelt die Handkamera, auch wenn grad nicht gerannt wird, nicht unerheblich, da vertritt Jason das Paradigma der YouTube-Community nur ja jeden Mist aufzunehmen, der passiert, da ja sonst nichts passiert. Dabei stellt sich die Frage, für wen Debra den Film überhaupt noch fertig stellt. Zu diesem Zeitpunkt ist die Welt ohnedies bereits überrannt, die Zombies können bereits aus einem Swimming Pool klettern, haben also bereits das "Bildungsniveau" von LAND und die simple Lehre, den Untoten müsse das Hirn zerstört werden, dürfte sich bereits herumgesprochen haben.

Auf der Konzeptseite geht Romero diesmal also völlig baden, dafür punktet er ausgerechnet in einem Belang, der bislang nicht so zu seinen Stärken zählte. DIARY OF THE DEAD ist ein veritabler Fun-Splatter-Film geworden, der selbst das im allgemeinen bei Horrorfilmen notorisch zurückhaltende Viennale-Publikum in der Vorstellung Sonntags um ein Uhr früh kräftig zum Wiehern und zu Szenenapplaus verleitete. (Was bislang lediglich einmal ein schreckhafter Zuschauer bei ONE MISSED CALL schaffte, als er der Hauptperson ein warnendes, im ganzen Saal hörbares "Vorsicht, hinter dir!" entgegen rief, bei Filmen wie VERSUS, SHUTTER oder CANNIBAL FEROX ging kaum wer vergleichbar mit. Leicht möglich aber, dass ein neuer Romerofilm doch noch ein Publikum anlockte, das der Viennale im Allgemeinen selbst bei Horrorfilmen fernbleibt.) In der Hinsicht ist DIARY ein voller Erfolg und durchaus zurecht, wie man an gelungenen Einfällen, wie dem Schmoren eines Zombiehirns mittels Defibrillator oder ganzen Szenen, wie jener mit einem kauzig-resoluten alten und tauben Amish-Mann, festmachen kann. Formschön auch die Art, wie die augenzwinkernde Diskussion, ob Mumien im Film rennen oder humpeln sollen gleich einer Klammer über den Film an Beginn und Ende gesetzt wird. Zwischendurch gibt's zwar immer wieder mal kleine Hänger, unterhaltsam ist die Sache im Großen und Ganzen aber schon sehr, Horror stellt sich jedoch so gut wie gar nicht ein. Auch die klassische Enge aus Romeros früheren Zombiefilmen, bedingt durch das Eingesperrtsein an einem bestimmten Ort wird auf den Kopf gestellt. DIARY ist ein klassisches, episodenhaftes Road Movie, der Ausbruch, der etwa in DAWN oder LAND nur am Ende steht ist hier in immer neuen Varianten Zentrum des Films.

Leider ist DIARY selbst schauspielerisch klares Schlusslicht der Reihe, obwohl es da schon in früheren Folgen teilweise Defizite gab, Fr. Morgan schießt jedenfalls den Vogel ab, gibt eine wirklich furchtbare Performance. Dafür liehen eine ganze Menge A-Promis ihre Stimme um Nachrichtentexte einzusprechen: Simon Pegg, Wes Craven, Quentin Tarantino, Guillermo del Toro und Stephen King. Schön für Romero solche Freunde zu haben, DIARY mag in der DTV-Schiene durchaus noch glänzen, in Romeros Schaffen muss es dennoch als Fehlschlag gelten.











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