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KAPITELWAHL

WHO CAN KILL A CHILD? (Spanien 1976)

von Björn Eichstädt

Original Titel. ¿QUIÉN PUEDE MATAR A UN NINO?
Laufzeit in Minuten. 112

Regie. NARCISO IBÁNEZ SERRADOR
Drehbuch. NARCISO IBÁNEZ SERRADOR
Musik. WALDO DE LOS RÍOS
Kamera. JOSÉ LUIS ALCAINE
Schnitt. ANTONIO RAMIREZ DE LOYASA
Darsteller. LEWIS FIANDER . PRUNELLA RANSOME . ANTONIO IRANZO . MIGUEL NARROS u.a.

Review Datum. 2007-12-08
Erscheinungsdatum. 2007-06-26
Vertrieb. DARK SKY FILMS

Bildformat. 1.85:1 (anamorph)
Tonformat. ENGLISCH (DD 2.0) . SPANISCH (DD 2.0)
Untertitel. ENGLISCH
Norm. NTSC
Regional Code. 1

FILM.
Ach, ist das schön! Viele Jahre nach Einführung der DVD als digitalem Datenträger kommen immer noch filmische Meisterwerke der europäischen 1970er in glasklarer Optik auf den Markt, die ihr Dasein vormals höchstens auf verschrammten VHS-Tapes in den Grabbelkisten exzessiver Filmesammler fristeten. Allerdings hat vor allem das ein oder andere kleine US-Label mit seiner Release-Politik bei der Aufarbeitung der versteckten Meisterwerke des europäischen Kinos die Nase vorn - hierzulande ist gähnende Leere angesagt. So veröffentlichte Barrel Entertainment vor kurzem MALPERTUIS von Harry Kümel, dessen Auswertung in Europa - außer in Belgien - weiter auf sich warten lässt. Pathfinder Home Entertainment kam mit Juan Luis Buñuels THE WOMAN WITH RED BOOTS 2003 auf den Markt und THRILLER - A CRUEL PICTURE von Bo Arne Vibenius erblickte 2004 bei Synapse Video das Licht der digitalen Welt. Deutsche Veröffentlichungen sind künftig nicht zu erwarten, und auch WHO CAN KILL A CHILD? des Spaniers Narciso Ibánez Serrador wird zunächst wohl nicht bei Saturn oder Mediamarkt im Neuheitenfach auftauchen. So müssen sich eben die Amis um die wichtigsten und besten Filme unserer europäischen Kinohistorie kümmern - und wir können uns dank Internet mit den Importen aus den Vereinigten Staaten versorgen.

WHO CAN KILL A CHILD? gehört sicherlich in die Liga der im ersten Abschnitt genannten Filme. Denn was den Zuschauer hier erwartet, ist umwerfend, schockierend, fesselnd oder schlicht: großartig. Der Plot um Tom und seine schwangere Frau Evelyn, die während ihres Urlaubs an der spanischen Küste einen Ausflug auf die Insel Alamanzora unternehmen und dort das Grauen in Gestalt außer Rand und Band geratener Kinder antreffen, setzt von Anfang an den Würgegriff ganz fest an, spielt mit Stille, Idylle und Leere, mit der Beklemmung und natürlich seiner zentralen Frage: Wer kann schon ein Kind töten? Denn in dem spanischinsulanischen DORF DER VERDAMMTEN haben die Sprösslinge so ziemlich alle Erwachsenen aus dem Weg geräumt. Sie sind die Gegner eines jeden Erwachsenen, sobald dieser auch nur einen Schritt auf den Strand des Eilands setzt. Um ihnen zu Entkommen gibt es nur eine Wahl.

Die Story von WHO CAN KILL A CHILD? lehnt sich ein wenig an VILLAGE OF THE DAMNED, aber auch an THE BAD SEED oder Mario Bavas DIE TOTEN AUGEN DES DR. DRACULA an. Das Böse im Kind erinnert hier in seinem meutehaften Auftreten aber eher an eine Zombielegion, die sich in einer NACHT DER LEBENDEN TOTEN aus ihrer Totenstarre erhoben hat, um den kriegerischen, verlogenen, taktierenden Erwachsenen das Handwerk zu legen. Wenn Kinder uns den Spiegel vorhalten, dann hat uns das ja schon immer schockiert. Doch in Serradors Film kommt der Schrecken mit einer derartigen Präzision ins Bild geschlichen, strahlt die Intelligenz eines brillianten Filmemachers so grell über die Leinwand, dass einem schlicht der Atem stockt. Weitere Details zu verraten wäre falsch - denn das könnte dem Interessierten den Genuss eines der besten und eigenständigsten Filme des Euro-Horrors leicht verderben. Deshalb folgt mit DIE VÖGEL, ROSEMARY'S BABY und THE WICKER MAN am Ende noch ein vergleichendes Namedropping-Trio ohne weitere Erklärungsbemühungen. Den Rest muss sich der Cineast auf einer importierten US-DVD ansehen, zu deren Kauf ein jeder ernsthafter Filmfan hiermit ausdrücklich verpflichtet wird.

DVD.
Die US-DVD von Dark Sky Films kommt mit gutem Bild, das an einigen Stellen leicht beschädigt ist - aber egal - , und hervorragendem Ton daher - vor allem letzterer begeistert, denn so kann der Filmfan den fantastischen Soundtrack von Waldo de los Ríos in seiner ganzen Intensität genießen. Ein kleiner Hinweis am Rande: Der Score wurde 2002 als CD beim spanischen Label Subterfuge Records unter dem Originaltitel ¿QUIÉN PUEDE MATAR A UN NINO? veröffentlicht und ist beim Soundtrack-Händler der persönlichen Wahl im Internet erhältlich. Als Ergänzung zur großartigen DVD ein weiterer absoluter Kauftipp!

Neben dem Film, der alleine schon ein Straßenfest wert ist, kommt der amerikanische Silberling mit zwei Interview-Featurettes daher, die es in sich haben: "Who Could Shoot a Child" nimmt Kameramann José Luis Alcaine ins Kreuzverhör. Dabei schwärmt der Cinematograph vor allem von der Arbeit mit Regisseur Serrador, dessen Größe sowohl im Film selber als auch bei der Arbeit am Set deutlich wird. Wenn der geniale Filmemacher dann in "Child Director" selbst zu Wort kommt ist klar, dass wir es mit einem ganz Großen des europäischen Kinos der 70er zu tun haben, der nach nur zwei Filmen in der Fernsehversenkung verschwand. Dieses Schicksal teilt Serrador mit den bereits oben erwähnten Harry Kümel und Juan Luis Buñuel. Doch dank mutiger DVD-Veröffentlichungen gibt es zunehmend die Möglichkeit, die Größten des fantastischen europäischen 70s-Films wieder zu entdecken. Eine eher unwichtige Bildergalerie rundet die Extras schließlich ab.











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