|
Angesichts all der Übel auf der Welt kann man sich nachgerade die Frage stellen, was Gott eigentlich vom ewigen Kreislauf der Kriege, Morde, Totschläge und neuen DSDS-Staffeln hält. Zumindest wenn man der Überzeugung anhängt, dass er existiert. In Scott Stewards Regiedebüt LEGION wird vom Dasein des Allmächtigen ausgegangen und eines ist klar: Er hat verdammt schlechte Laune. Gott hat nämlich nach all den Jahrtausenden gegenseitiger Meuchelei doch noch den Glauben an die Menschheit verloren. Vielleicht ist der Herr kein Blitzmerker. Nun ist jedenfalls die Apokalypse in Anmarsch und nur einer seiner Engel wehrt sich dagegen: Michael (Paul Bettany). Der Erzengel will die Menschen nicht verloren geben, also macht er sich auf, deren ungeborenen Messias vor den Horden seines Herrn zu schützen. In einem Diner irgendwo in der Mojave-Wüste kommt es zum Kampf, der das Schicksal der Menschheit besiegeln wird. Und der Dennis Quaid eine hervorragende Gelegenheit bietet, hemmungslos grimassierend den mürrischen Verlierer-Vater vom Dienst zu geben.
Eine zufällig zusammengewürfelte Gruppe erwehrt sich gegen Horden besessener Artgenossen. Das klingt nicht von ungefähr wie ein Zombiefilm im Geiste von DAWN OF THE DEAD. Stewarts LEGION erweist sich recht bald als Fantasy-Action, die mit allerlei weiteren Versatzstücken verschiedener Genres operiert. Zum Zombiefilm gesellt sich im Baukasten der Drehbuchautoren in Gestalt der Wüste eine klassische Endzeit-Lokalität, in der sich GOD'S ARMY mit dem himmlischen TERMINATOR Paul Bettany eine Schlacht um die Zukunft der CHILDREN OF MEN liefert. Einen Preis für die innovative Bereicherung der Filmkunst hat Stewart sicher nicht verdient. Dafür kann man ihm durchaus dankbar sein, dass er den glänzenden Paul Bettany zum Actionhelden hat mutieren lassen. Eine Schauspielkarriere sollte eben nicht nur aus Kostümdramen und Dan Brown-Verfilmungen bestehen. Sein Michael ist das, was man gewöhnlich als badass bezeichnet und Bettany als badass-Engel, der mit Maschinengewehren die Gegner niedermäht, ist auf eine natürlich höchst unmoralische und verantwortungslose Weise verflucht cool.
Der Brite lässt einen auch über die gigantischen Löcher im Plot hinwegsehen, die im Film nach großformatigen"Bitte nicht nachfragen!"-Schildern schreien. Stemmt man sich gegen den Drang, darüber zu sinnieren, warum Gott gerade jetzt zur Apokalypse bläst, behindern immer noch gravierende Stimmungsumbrüche das schlussendliche Ergötzen am clash der Engel. Eine fadenscheinige Handlung ist in einem Film, der hauptsächlich davon lebt, dass besessene Omas und Kleinkinder anderen Leuten in den Hals beißen, von nachrangiger Bedeutung. Doch fatalerweise muss im Verlauf der Produktion irgendeinem Praktikanten – das hofft man zumindest – in den Sinn gekommen sein, dass es sich bei LEGION in Wirklichkeit um ein Glaubensdrama handelt. Schön und gut, dass jedes Mitglied der Gruppe, von der schwangeren Kellnerin bis zur kriselnden Familie, eine entsprechende Hintergrundgeschichte bekommt. Das könnte den Film sogar auszeichnen, wären da nicht die pathetisch geschriebenen und stellenweise stümperhaft dahergespielten Dialoge, die diese präsentieren. So lässt das Drehbuch das Kampfgeschehen leider immer wieder langfristig pausieren und sorgt zwangsläufig für den ein oder anderen gelangweilten Blick auf die Uhr. Abgesehen von Bettany, der selbst die dümmsten Sätze glaubwürdig und mit einiger Autorität zu artikulieren weiß, beweist der Rest des Ensembles größtenteils die eigene Herkunft von der kleinen Mattscheibe. Aber wir wollen ja nicht das US-Fernsehen beleidigen. Dennis Quaid als Besitzer des Diners belegt, dass auch gestandene Hollywood-Stars in der Spätphase ihrer Karriere schrecklichstes Schmierentheater darbieten können.
Ein bisschen traurig sein, kann man schon über diesen unrhythmischen Mittelteil, der das gewonnene Kapital zu verspielen droht. LEGION ist nämlich gar nicht so schlecht. Stewart, der die Effektschmiede The Orphanage (THE HOST, IRON MAN) mitbegründet hat, beweist ein Auge für stimmungsvolle Bilder und surreal gruselige Situationen. Die Einführung der besessenen Oma ist beispielsweise köstlich übertrieben inszeniert. Nur geht eben irgendwann der für solch eine abwegig dünne Story notwendige schwarze Humor verloren. Denn LEGION nimmt sich mit steigender body count viel zu ernst. Bis der Film sich schließlich mühsam fängt und endlich wieder passables bum bum und bang bang abliefert, hat er womöglich den ein oder anderen Zuschauer im Nirwana des Kinoschlummers verloren. Etwas weniger Inhalt hätte LEGION deshalb nicht geschadet.
|
|
|