AFTER DARK Film TALK Facebook Twitter

das manifest¬  kontakt¬  impressum¬  verweise¬  übersicht¬ 
[   MEINUNGSMACHER  |   GEDRUCKTES IST TOT  |   KAPITELWAHL  |   UNENDLICHE TIEFEN
   MENSCHEN  |   GESPRÄCHE  |   FEGEFEUER DER EITELKEITEN  |   MIT BESTEN EMPFEHLUNGEN   ]
MEINUNGSMACHER

KARATE KID (USA/China 2010)

von Sebastian Moitzheim

Original Titel. THE KARATE KID
Laufzeit in Minuten. 140

Regie. HARALD ZWART
Drehbuch. CHRISTOPHER MURPHEY
Musik. JAMES HORNER
Kamera. ROGER PRATT
Schnitt. KEVIN STERMER
Darsteller. JACKIE CHAN . JADEN SMITH . TARAJI P. HENSON . WENWEN HAN u.a.

Review Datum. 2010-06-08
Kinostart Deutschland. 2010-07-22

KAMPF DER TITANEN, THE CRAZIES, A NIGHTMARE ON ELM STREET - die Flut an Remakes nimmt kein Ende. Mit KARATE KID trifft es jetzt einen Kultfilm der 80er Jahre. Die Mischung aus Teenie- und Kampfsportfilm löste damals einen Karateboom aus und hat bis heute erstaunlich wenig von seiner Faszination verloren. Im Original zog der Teenager Daniel LaRusso (Ralph Macchio) mit seiner Mutter von New Jersey nach Kalifornien und wurde dort, als er mit der Exfreundin eines Karateschülers anbandelte, von den dort lebenden Jugendlichen schikaniert. Vom Hausmeister und Karatekämpfer Mr. Miyagi (Pat Morita) lernte er, sich gegen seine Peiniger zur Wehr zu setzen, aber auch, mit sich und seinen Mitmenschen "in Balance" zu sein.

Die Handlung bleibt auch im Remake im Groben bestehen, allerdings nahm Autor Christopher Murphey einige Änderungen vor: Dre Parker (Jaden Smith), Protagonist der Neuauflage, ist erst 12 Jahre alt, Meister Han, sein Lehrer (Jackie Chan) betreibt nicht Karate, sondern Kung-Fu. Mit seiner Mutter (Taraji P. Henson) zieht Dre außerdem nicht nur nach Kalifornien, sondern gleich nach Peking und verliebt sich hier in Mei Ying (Wenwen Han) die Tochter des örtlichen Kung-Fu-Lehrers.

Der Ortswechsel zeigt auch gleich die Marschrichtung des Remakes an: Alles muss größer, dramatischer und spektakulärer sein als im Original. Machten Daniels Peiniger mit ihm noch kurzen Prozess, muss Dre vorher minutenlange Verfolgungsjagden durch Pekings verwinkelte Gassen über sich ergehen lassen - inszeniert mit so schnellen Schnitten und derart verwackelter Kamera, dass für den Zuschauer kaum nachzuvollziehen ist, wer sich gerade wo befindet. Anstelle der wundervollen Szene, in der Mr. Miyagi Daniel im Original betrunken vom Tod seiner Frau und seines Sohnes erzählte, bekommen wir im Remake rührseliges und überlanges Gefühlskino von der Stange.

Dabei ist die Herangehensweise von Regisseur Harald Zwart grundsätzlich die richtige: Er weiß offenbar, dass der naive Charme des Originals kaum erneut zu kreieren ist und versucht sich stattdessen an einer eigenständigen Neuauflage mit den Mitteln des modernen Mainstreamkinos. Leider geht all die Action, all die gekünstelte Emotionalität auf Kosten von Tiefgang und Charakterzeichnung. Nie bauen wir eine emotionale Verbindung zu Dre Parker auf, da er, anders als der gerade wegen seiner Unscheinbarkeit so liebenswerte Daniel LaRusso, sich von Anfang an für cooler hält, als er ist, und in seiner Hip-Hop-Attitüde weder wie ein echter 12jähriger, noch besonders sympathisch wirkt. Jaden Smiths angestrengtes, oft übertriebenes Spiel bekräftigt diesen Eindruck noch, sodass weder Dres Probleme mit seinen Altersgenossen noch die Liebesgeschichte wirklich berühren können.

Dass KARATE KID trotz all dem zumindest streckenweise ordentliche Unterhaltung bietet, ist vor allem Jackie Chan zu verdanken. Komödiantisches Timing hatte dieser schon immer, doch in seiner Rolle als Mr. Han offenbart er zusätzlich eine bislang unbekannte Tiefe und Wärme. Wie Pat Morita im Original sorgt auch Jackie Chan als Mr. Han für einige unterhaltsame und lustige Szenen und wirkt anders als sein junger Co-Star äußerst sympathisch.

Dank Chan, den beeindruckenden Aufnahmen von Peking und den zwar überzogenen, aber - von der erwähnten Verfolgungsszene abgesehen - ansprechend inszenierten Actionszenen hätte KARATE KID also durchaus noch solides Mainstreamkino werden können - wäre er nicht mit knapp 2,5 Stunden viel zu lang, sodass die positiven Aspekte den Film nicht über die ganze Laufzeit tragen können. Was bleibt, ist der (über-)ambitionierte Versuch, einen Klassiker modern neu zu interpretieren, der trotz einiger guter Ansätze letztlich scheitert und so immerhin zeigt, wo die Qualitäten des Originals lagen.











AFTER DARK Film TALK | Facebook | Twitter :: Datenschutzerklärung | Impressum :: version 1.20 »»» © 2004-2024 a.s.