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THE CRAZIES - FÜRCHTE DEINEN NÄCHSTEN (USA 2010)

von Stefan Rybkowski

Original Titel. THE CRAZIES
Laufzeit in Minuten. 101

Regie. BRECK EISNER
Drehbuch. SCOTT KOSAR . RAY WRIGHT
Musik. MARK ISHAM
Kamera. MAXIME ALEXANDRE
Schnitt. BILLY FOX
Darsteller. TIMOTHY OLYPHANT . RADHA MITCHELL . JOE ANDERSON . DANIELLE PANABAKER u.a.

Review Datum. 2010-05-18
Kinostart Deutschland. 2010-05-27

Meist ist es die Großstadt, die als Setting für eine Katastrophe herhalten muss. Egal ob LA oder New York, alle mussten sie schon dran glauben. Auf dem Land hingegen scheint die Welt noch in Ordnung: der Sheriff (Timothy Olyphant) sorgt für Recht und Ordnung, während sich seine Frau (Radha Mitchell) in ihrer Praxis um das gesundheitliche Wohl der Bewohner kümmert. Alles scheint hier, auf dem Land, seine feste Ordnung zu haben: es wird Baseball gespielt und das ganze Kaff sitzt auf der Tribüne und feiert seine Mannschaft an. Der Sheriff und sein Deputy sind weniger beruflich, als vielmehr privat da und beobachten das Ganze. Man kennt sich gegenseitig, eine große Familie eben. Im Gegensatz zur hektischen Großstadt fällt hier jedoch auf, sobald etwas nicht in Ordnung ist. Im Falle von THE CRAZIES wird dies aber sehr langsam deutlich, weniger für den Zuschauer als vielmehr für die Protagonisten, handelt es sich doch um das Remake des gleichnamigen Klassikers aus der Feder George A. Romeros.

Betrachtet man Romeros Original, so wird schnell deutlich, dass es sich bei THE CRAZIES, einer der weniger bekannten Filme des Meisters, um ein Kind seiner Zeit handelt: Krieg in Vietnam, Militarismus und gesellschaftliche Konflikte an der Heimatfront. Nicht gerade leicht für einen Regisseur, diese Sujets in einem Remake dementsprechend zu aktualisieren. Breck Eisner, Sohn von Ex-Disney-CEO Michael Eisner, gelingt dies mit dem Remake jedoch zu großen Teilen, auch wenn mindestens so viel Potential wie Charaktere auf der Strecke bleibt. Eisners THE CRAZIES untersucht die Sozioökonomie der Kleinstadt, versucht diese in all ihren Facetten einzufangen. Jeder, der auf dem Land groß geworden ist oder eine Zeit lang abseits der Großstadt gewohnt hat, wird vieles in der Darstellung des Kaffs irgendwo in Iowa so oder so ähnlich wiedererkennen. Die Kleinstadt als Gemeinschaft, die urplötzlich durch das Fremde penetriert wird, ist zwar nichts allzu Neues, aber Eisner schafft eine durchaus spannende und atmosphärisch dichte Stimmung, die nicht etwa abbaut, sondern sukzessive an Kraft gewinnt.

Trotz alledem stolpert auch Eisner immer wieder über die typischen Genreklischees, etwa die nur selten nachvollziehbaren Handlungen der Protagonisten oder gewisse Situationen, von denen man weiß, dass sie kein gutes Ende nehmen werden. Erstaunlich ist dabei vielmehr, wie THE CRAZIES das Geschehen durch gewisse Härten unterbricht, mit denen man so nicht gerechnet hat. Natürlich ist es dem Sujet inhärent, dass Blut fließt, aber Eisner ist hierbei nicht selten gar kreativ und sorgt so auch dafür, dass man zumindest ein klein wenig mit den Figuren sympathisiert. Diese Sympathie wird aber nicht selten unterbrochen, wenn Olyphants Charakter beispielsweise die Familie eines Freundes töten muss oder andere schlichtweg zurücklassen muss. Eine Tatsache, die allein durch die emotionalen Verbindungen in der Kleinstadt verstärkt wird. Jeder kennt jeden, jeder könnte aber gleichzeitig auch den Tod des Anderen bedeuten, da man ab einem gewissen Zeitpunkt in der Apokalypse angekommen ist und gar keinem mehr trauen kann, was Eisners Film bisweilen drastisch deutlich macht.

Kommt das Militär ins Spiel, das als gesichtslose Maschinerie dargestellt wird, verliert der Film doch etwas an Kraft, auch, weil die Darstellung eine äußerst plumpe ist, die zwar kurzzeitig etwas positiviert wird, nur um kurze Zeit später wiederum entkräftet zu werden. Dabei ist das Problem nicht etwa die Bedrohung, die tatsächlich gesichtslos ist, sondern die Simplizität, mit der Eisner das Militär - das ja wiederum nur einen Fehler gut machen will und in gewisser Weise an das Allgemeinwohl denkt - zur Killermaschine macht. Die beiden Polizisten, ebenfalls der Staatsmacht zugehörig, hingegen werden zu gebrochenen Helden stilisiert. In Zeiten von Internetvideos, die das gezielte Töten von Zivilisten durch Militärs dokumentieren, mag das zwar nach einem passenden Update Romero'scher Kritik klingen, ist im Film selbst aber viel zu wenig ausformuliert. Wie so viele andere Dinge auch.

Nichtsdestotrotz ist THE CRAZIES ein ordentlicher Genrebeitrag, der sicherlich zu den besseren Remakes der letzten Jahre zu zählen ist, denn dem Film ist zumindest eines hoch anzurechnen: sein Tempo. Bereits nach einer recht kurzen Exposition, die uns mit den kleinstädtischen Verhältnissen bekanntmacht, beginnt der Film dann auch schon mit seinem Virus um sich zu werfen. Und auch die Effekte, die die konkreten Folgen des verseuchten Trinkwassers zeigen, können sich durchaus sehen lassen. Schauwerte hat das Remake von THE CRAZIES ohnehin, nur steckt unter der Oberfläche nicht allzu viel Substanz. Das wäre vielleicht aber auch etwas zu viel verlangt, denn schließlich verliert sich das, was bei Romero noch an Subversivität mitschwang, hier nahezu völlig in klischeebeladenen Stereotypen.











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