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HIGH-KICK GIRL! (Japan 2009)

von Alexander Karenovics

Original Titel. HAI KIKKU GARU
Laufzeit in Minuten. 81

Regie. FUYUHIKO NISHI
Drehbuch. YOSHIKATSU KIMURA . FUYUHIKO NISHI
Musik. TOMOO MISATO
Kamera. NOBOYUKI MATSUI
Schnitt. nicht bekannt
Darsteller. RINA TAKEDA . TATSUAYA NAKA . SAYAKA AKIMOTO . MASAHIRO SUDO u.a.

Review Datum. 2010-09-24
Kinostart Deutschland. nicht bekannt

Als Anfang 2009 ein Bild von einem Mädchen mit hoch in die Luft gestrecktem Bein um die digitale Welt sauste, wurde diskutiert, ob mit HIGH-KICK GIRL lediglich der nächste preiswerte Schulmädchen-Exploiter anstand, oder ob die Japaner jetzt tatsächlich ernsthaft am thailändischen Martial Arts Imperium rütteln wollten. Beide hatten Unrecht.

Die Liste japanischer Kampfsport-Amazonen, die ihr Talent auf Zelluloid unter Beweis stellen, ist wahrlich kurz; Yukari Oshima fällt einem vielleicht ein, und auch die hat sich primär (wenn nicht sogar ausschließlich) im Hong Kong Action-Kino der 90er ausgetobt. Blickt man weiter zurück, stößt man natürlich auf Etsuko Shihomi, schlagfertiger Protégé von Sonny Chiba, die ihre wohl berühmteste Rampage in der SISTER STREETFIGHTER Reihe hingelegt hat. Die jugendliche Heroine im vorliegenden Film heißt Rina Takeda, 17 Jahr', schwarzes Haar, schwarzer Gurt, und hat es im eigenen Land (diversen Boulevard-Medien sei Dank) bereits zu beachtlicher Präsenz gebracht.

HIGH-KICK GIRL ist Hardcore Martial Arts; Karate auf den kleinsten gemeinsamen Nenner heruntergebrochen, und wird wahrscheinlich unter praktizierenden Sportlern mehr Anklang finden als unter Filmfans. Das ist schade, aber verständlich - hinter der Kamera sitzt nämlich kein ausgefuchster Bilder-Experte, sondern Fuyuhiko Nishi - selbst ausübender Handkanten-Sensei - und deswegen sieht das Ergebnis auch ein bißchen aus wie ein Demo-Tape für die Kameratauglichkeit von Karate, eine Kampfsportart, die im Allgemeinen nicht als "schön" bezeichnet wird, zumindest nicht im direkten Vergleich mit den ungleich graziöseren Bewegungsabläufen des Kung Fu. Daß überhaupt mal wieder ein Einheimischer versucht hat, der japanischen Martial Arts Kultur einen Film zu widmen, alleine dafür muß man Nishi dankbar sein - seitdem Sonny Chiba keine Ärsche mehr tritt und sich stattdessen in kunterbunten Nebenrollen austobt, ist es nämlich reichlich ruhig auf dem Sektor geworden.

Viel Geld stand dem Team nicht zur Verfügung, so lautet auch der prominenteste Name auf der Casting-Liste Sayaka Akimoto, den Otakus wahrscheinlich als Mitglied Japans größter gecasteter Girl Group AKB-48 bekannt; in HIGH-KICK GIRL trägt sie dagegen ihren Schwarzgurt in Judo zur Schau und weiß damit mindestens ebensoviel Schmerz auszuteilen, wie das Anhören ihrer CDs bei Leuten mit Musikgeschmack verusacht. Auch für eine kleine Geschichte hat das Budget gereicht. Die ist schnell erzählt und zwackt nicht viel Zeit vom übrigen Film ab, der sich fast ausschließlich aus Trainings-Einheiten und feindseligen Konfrontationen zusammensetzt:

Takeda spielt Kei Tsuchiya, einen draufgängerischen Rookie, der keine Lust auf langweilige Kata-Übungen hat. Stattdessen fordert sie Betreiber von Dojos heraus um diese dann vor den Augen ihrer Schüler zu demütigen. Nicht lange, und sie hat die Blicke der Destroyer auf sich gezogen, eine finster gesonnene Assassins-for-Hire Gilde, und da Tsuchiya von ihrem Meister nicht die gebührende Achtung widerfährt (so glaubt sie zumindest), konvertiert sie zur dunklen Seite der Macht.

In den Action-Szenen vermag Nishi den einen oder anderen Akzent zu setzen, und zeigt so, daß auch Karate für leinwandtaugliche Choreographien herhalten kann. Die Treffer sind full contact, und das sieht man. Dafür geht ihm dann im Endschnitt jegliches cineastische Gespür ab, wenn er fast jeden Kick in einer Zeitlupen-Wiederholung abspielt und so die Choreographien ihres dynamischen Flusses beraubt. Das kann ein-zweimal gut gehen, wie man in ONG-BAK gesehen hat, nur leider wartet Nishi selten bis Sequenzen dramaturgisch zuende gedacht sind, sondern drückt scheinbar nach Belieben die Replay-Taste. Warum er das tut, leuchtet ein: einerseits möchte er die Schnelligkeit effizienter Schläge und Kicks hervorheben, andererseits die der Kunst des Kata entliehenen Bewegungsabläufe in ihrer ganzen anatomischen Poesie zeigen.

Wer Karate sehen will, kommt wahrscheinlich auf seine Kosten; wer sich auf blitzende Unterhöschen gefreut hat, guckt lieber MACHINE GIRL (für die Filmwissenschaftler-Elite tut's wahlweise auch LOVE EXPOSURE), und wer nur darauf aus ist, zierlichen Asiatinnen beim Zusammenfalten gestander Kerle zuzugucken, ist derzeit mit RAGING PHOENIX am besten aufgehoben. Noch. Die Zukunft wird zeigen, ob Nishis mit Herzblut angereichertes Plädoyer für die Rückkehr von Karate ins Kino die richtigen Ohren erreicht. Dann aber bitte jemand am Ruder, der sich besser als Dolmetscher zwischen den Welten versteht: der Sprache des Martial Arts und der Sprache des Films. Und dem Mädchen mit dem hohen Kick wünsche ich noch mindestens einen Film, in dem sie auch Zuschauern, die nicht vom Fach sind, mindestens so eindrucksvoll einheizt wie Jija Yanin in CHOCOLATE. Das essentielle Girl-next-Door Charisma, welches Rina Takeda auch für Geschichten jenseits der Wurfmatte qualifizieren würde, ist nämlich reichlich vorhanden.











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