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DER BIBER (USA 2010)

von Benjamin Hahn

Original Titel. THE BEAVER
Laufzeit in Minuten. 91

Regie. JODIE FOSTER
Drehbuch. KYLE KILLEN
Musik. MARCELO ZARVOS
Kamera. HAGEN BODANSKI
Schnitt. LYNZEE KLINGMAN
Darsteller. MEL GIBSON . JODIE FOSTER . ANTON YELCHIN . JENNIFER LAWRENCE u.a.

Review Datum. 2011-05-13
Kinostart Deutschland. 2011-05-19

Angesichts all seiner verbalen Eskapaden und oftmals eher mäßigen Filme, die er auf dem Regiestuhl zustande gebracht hat (APOCALYPTO, DIE PASSION CHRISTI), kann man leicht vergessen, dass Mel Gibson ein durchaus talentierter Schauspieler ist. Jodie Foster ist es nun, die einem mit ihrer vierten Regiearbeit dieses verdrängte Wissen wieder zurück ins Gedächtnis ruft. Gibson spielt hier Walter Black, den chronisch depressiven Familienvater und Vorstandsvorsitzenden eines Spielzeugkonzerns, der von seiner Frau - gespielt von Regisseurin Foster - vor die Tür gesetzt wird. Zurückgezogen in ein schäbiges Hotelzimmer und am absoluten Tiefpunkt angekommen, findet er die alte Handpuppe eines Bibers und beginnt in diese hinein eine Art "besseres Ich" zu projizieren, mit dessen Hilfe er zurück ins Leben finden will: die Handpuppe wird zur Mentor-Hälfte seiner eigenen Persönlichkeit.

Die Besetzung dieser Rolle mit Gibson muss man als perfekten Coup bezeichnen: Das Wissen um die Ausfälle des Schauspielers lassen den Verdacht aufkommen, dass DER BIBER nicht nur ein Film über eine Therapie, sondern für seinen Hauptdarsteller eine solche ist. Gerade weil die Fiktion des überaus dichten und pointiert geschriebenen Drehbuchs von Kyle Killen so dicht an der Realität ist, nimmt man Gibson diese Rolle ab ohne dass er sich selbst groß anstrengen müsste. Doch der Schauspieler, der zuletzt in dem Mittelklasse-Actioner AUFTRAG RACHE noch eher im Mittelfeld seiner Fähigkeiten blieb, nutzt Fosters tragisch-komisches Drama, um die Facetten seines Könnens unter Beweis zu stellen: Vom schlurfigen Loser, der selbst für einen gelungenen Suizid zu apathisch ist über einen vor Lebensfreude überschäumenden Schizo bis hin zum gewöhnlichen Familienvater - all die verschiedenen Phasen des Walter Black spielt Gibson mit zuletzt ungewohnter Intensität.

Dass dagegen die anderen Leistungen zuweilen ein wenig verblassen, liegt geradezu auf der Hand. Jodie Foster selbst hält sich bis auf wenige Momente zurück und hinterlässt kaum Eindruck. Vielleicht ist das aber schlichtweg eine Folge ihrer Doppelbeteiligung an diesem Film, wirft man doch der Personalunion Regisseur/Hauptdarsteller gerne mal einen gewissen Hang zur Selbstdarstellung nach. Insofern kann man die eher blasse Leistung auch als vornehme Zurückhaltung interpretieren. Anders sieht es da schon bei Anton Yelchin aus, der den Sohn von Walter Black spielt. Porter - so sein Rollenname in DER BIBER - wird verfolgt von der Angst so zu werden wie sein Vater. Was man für gewöhnlich eher zynisch unter "teen angst" abheften könnte, ist in Fosters Film tatsächlich eine die eigene Existenz bedrohende Gefahr und damit Anlass zu einem distanzierten Verhalten, das Yelchin als eine interessant widersprüchliche Mischung aus fatalistischer Akzeptanz und Verdrängung anlegt. Den Balanceakt zwischen sich der Gefahr bewusst sein und dennoch der Konfrontation aus dem Weg zu gehen spielt der CHARLIE BARTLETT-Darsteller recht bravourös. Ihm an die Seite gestellt wird Jennifer Lawrence, die einen ähnlich düsteren, aber oberflächlicher gezeichneten Charakter spielt und damit leider hinter ihrer Leistung in WINTER'S BONE zurückbleibt. Dennoch stimmt die Chemie zwischen allen Schauspielern und kein Schauspieler in diesem überaus weiß besetzten Film wirkt deplatziert.

Die Inszenierung, die bewusst eher natürlich und unauffällig gehalten werden sollte, um die Geschichte selbst in den Vordergrund treten lassen zu können, verrichtet ihre Dienste auf eine angenehm dezente Weise. Einzig die Schärfeeinstellungen wirken zuweilen ein wenig zu sehr konzentriert auf Gibsons Gesicht: Wenn die Handpuppe des Bibers den Mittelpunkt des Bildes darstellt und so groß in Szene gesetzt ist, dass sich die Aufmerksamkeit des Zuschauers darauf fokussiert, dann sorgt eine auf Gibsons im Hintergrund befindliches Gesicht abgestimmte Schärfe für Irritation. Ansonsten aber gibt es an dem Film kaum etwas auszusetzen: Stilistisch ordnet sich der Film der Handlung unter und gibt sich natürlich und bodenständig, die Story an sich ist eine ausgewogene Mischung aus Tragikkomödie und Familiendrama, deren Wendungen zwar nicht gerade als innovativ zu bezeichnen sind, die sich aber dafür redliche Mühe gibt, ihre konventionellen plot points auf eine sympathische Weise zu erzählen. Und weil das alles obendrein auch noch überraschend gut gespielt ist, gibt es eine klare Empfehlung!











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