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FILM.
Mit Essen spielt man nicht! Gute Mädchen wissen das, böse schnippeln sich dagegen schonmal Eier, Bratwürste und sonstig Phallisches mit gusseiserner Papierschere mundgerecht. "Der Partei / der Partei / der ward davon schlecht": Aufführungssperre für TAUSENDSCHÖNCHEN wegen Nahrungsmittelverschwendung, zehn Jahre Berufsverbot für Vera Chytilová. Dabei gehören Tortenschlachten zum Slapstick doch dazu wie der Frühling zu Prag, und was soll dieser Film anderes sein als, naja, feministischer Avantgarde-Slapstick am Vorabend von '68?
Wobei man mit solchen Attributen (feministisch, Avantgarde) vorsichtig sein muss. Nur weil hier zwei Girlie-Archetypen namens Marie und Marie, blond & brünett statt dick & doof, als kichernde Koboldinnen auf die bedröppelt zurückbleibende Männer- und Ordnungswelt losgelassen werden, wohnt man noch keinem Emanzipationstraktat bei, genauso wie ein gründliches Flächenbombardement mit Bildbearbeitungseffekten nicht zwangsläufig im Experimentellen mündet. Jacques Rivette, dessen bootsfahrende BFFs Céline und Julie mit den beiden Maries zumindest entfernt geistesverwandt sind, hat TAUSENDSCHÖNCHEN mal als Collagefilm beschrieben, hinter dessen cartoonigem Chaos - im Gegensatz etwa zu Godards MADE IN USA - keine rekonstruierbare Urfassung mehr durchscheine: ein Puzzle ohne Gesamtbild, ein Remix ohne Original.
Kein Wunder also, dass Chytilovás bunt (und gelegentlich auch schwarzweiß) gemischtes All-You-Can-Watch-Büffet ungefähr so viele Lesarten hat wie glühende Verehrer. Attacke auf die Benimmregeln des heteronormativen Spießertums? Gegenschlag der objektivierten Weiblichkeit? Dadaistische Feier kindlichen Übermuts? Diabolische Parabel auf menschliche Zerstörungswut? Take your pick. Gerade in der uninformierten Rückschau stehen alle (anti-)ideologischen Bedeutungsräume offen. Ein Glück, dass man sich auch ganz naiv erfreuen kann an der manischen Energie, den Formspielchen und dem knalligen Set Design von Ester Krumbachová, in ihrer Doppelfunktion als Autorin und Bühnenbildnerin (u.a. für VALERIE) eine Art Schutzheilige der Czech New Wave. 40 Jahre später hat Chytilová ihrer wichtigsten Kollaborateurin das Doku-Denkmal LOOKING FOR ESTER gesetzt; hier findet man sie noch mühelos in jedem exzessiv ausstaffierten Frame. Das Auge isst mit.
DVD.
Makellose Edition mit umfangreichem Booklet und Exklusiv-Extras: Beim Audiokommentar spielen sich die beiden Tschechien-Nerds Daniel Bird und Peter Hames exegetische Bälle zu; ein halbstündiges Interview-Feature lässt Chytilová und andere Zeitzeugen zu Wort kommen.
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