|
FILM.
Zumindest die ersten beiden Teile der mittlerweile auf stolze sechs (sofern man ONCE UPON A TIME IN CHINA AND AMERICA mitzählt) angewachsenen ONCE UPON A TIME IN CHINA Reihe können mit Fug und Recht als Klassiker des modernen Hong Kong Kinos angesehen werden. In Deutschland hatte insbesondere der erste Teil allerdings einen schweren Stand. Zu VHS-Zeiten nur gekürzt erhältlich, verärgerten spätere ungeschnittene Veröffentlichungen auf DVD mit dürftiger Synchronisation und enttäuschender Bild- und Tonqualität. Umso erfreulicher, dass Splendid nun die ersten drei Teile zusammen in einer Box mit neuem HD-Transfer auf DVD und Blu-ray veröffentlicht.
Die Filme selbst sind allesamt sehr sehenswerte Beispiele für das kinetische Hong Kong Kino von einst, in dem Talente wie Tsui Hark im Zusammenspiel mit noch unverbrauchten Darstellern wie Jet Li wahre Wunderwerke auf Zelluloid brachten und das Publikum noch in Staunen versetzen konnten. Auch wenn der dritte Teil deutlich schlechter als die ersten beiden Filme abschneidet und wie eingangs erwähnt nicht das Zeug zum Klassiker hat, können die ersten drei Teile uneingeschränkt empfohlen werden. Warum das so ist, soll in den folgenden Abschnitten näher erläutert werden.
Zunächst zur Handlung der Filme: Im ersten Teil bekommt es der etwas wortkarge Kung-Fu Kämpfer und Mediziner Wong Fei-Hung (beeindruckend agil und die definitive Optimalbesetzung: Jet Li) mit korrupten Beamten und hinterhältigen Menschenhändlern zu tun, die skrupellos über Leichen gehen und das chinesische Volk ohne Rücksicht auf Verluste ausbeuten. Unterstützt werden die Fieslinge von ausländischen Kaufleuten, die damit ihre imperialistischen Interessen verfolgen und dafür ebenfalls nicht gerade zimperlich mit den Einheimischen herumspringen. Fei-Hung muss sich jedoch zusätzlich noch mit einem rüpelhaften Jungspund (der deutlich ältere Yuen Biao) und seiner von der westlichen Kultur indoktrinierten Cousine (Rosamund Kwan, die in den folgenden Teile zunehmend als Love-Interest für Fei-Hung fungiert) herumschlagen. Als sich ein ärmlicher, aber wild entschlossener Kung Fu Meister den Menschenhändler anschließt und die Cousine zu allem Überfluss noch gekidnappt und ins Ausland als Prostituierte verschifft werden soll, ist das Maß voll. Fei-Hung stellt sich den Feinden und sagt der Bande von Kriminellen den Kampf an.
Im zweiten Teil reist Wong Fei-Hung zusammen mit seiner Cousine und seinem Schüler (der Jungspund aus Teil 1, der jetzt von Max Mok gespielt wird) nach Kanton, um an der dortigen medizinischen Fakultät Ärzten aus dem Ausland bei einem Kongress die traditionelle chinesische Medizin näher zu bringen. Natürlich stellt sich schnell heraus, dass in Kanton ein ziemliches Chaos herrscht. Eine rechtsradikale Sekte mit Namen Weißer Lotus hat es auf die westlichen Besatzer abgesehen und verübt Brandanschläge auf vermeintlich westlich geprägte Einrichtungen. Ihre Anhänger werden mit viel esoterischen Budenzauber geblendet und zu uneingeschränktem Gehorsam verpflichtet. Schnell geraten auch die, westlichen Einflüssen sehr aufgeschlossene, Cousine und ein chinesischer Arzt (David Chiang), der sich im Ausland mit der westlichen Medizin vertraut gemacht hat; ins Visier der Sekte. Wong Fei-Hung erbittet die Hilfe der ortsansässigen Polizei (angeführt von Donnie Yen), muss jedoch schnell erkennen, dass der weiße Lotus auch bei den Gesetzeshütern Verbündete hat. Als Fei-Hung schließlich das Hauptquartier der Sekte stürmt beginnt ein Kampf auf Leben und Tod.
Teil Drei wählt das malerische Peking als Handlungsort, wo gerade der traditionelle Löwentanzwettbewerb die Kung-Fu Schulen in helle Aufregung versetzt. Dieser Wettbewerb, der eigentlich dazu dient, dass sich Kampfsportschulen in einem fairen, spielerischen Wettkampf messen und dabei gleichzeitig die Zuschauer unterhalten, scheint bereits im Vorfeld völlig aus dem Ruder zu laufen. Insbesondere einer Kampfsportschule sind alle Mittel Recht, um den Wettbewerb zu gewinnen. Sorgen bereitet Fei-Hung allerdings noch ein russischer Diplomat der eifrig mit seiner Cousine (wieder dargestellt von Rosamund Kwan) flirtet, die er eigentlich heiraten wollte, was ihm aufgrund des Verwandschaftsgrades zusätzliche Bauchschmerzen bereitet.
Auch nach mehrmaliger Sichtung mag man sich nicht wirklich zwischen den ersten beiden Teilen entscheiden. Regisseur Tsui Hark schafft es in beiden Filmen mit Bravour phantastische Actionchoreographie, Humor, und Drama unter einen Hut zu bringen. Der einzige Film innerhalb Harks Filmographie, der dies ähnlich leichtfüßig bewerkstelligte bleibt PEKING OPERA BLUES. Das wilde Springen zwischen den Genres wird jedoch in ONCE UPON A TIME IN CHINA 1 & 2 nie übertrieben, so dass beide Werke in sich geschlossen wirken und auf der jeweils anvisierten Genreebene bestens funktionieren. Beide Teile können zudem mit eigenen Actionhighlights punkten, die mit zum Besten gehören, was man in den neunziger Jahren (und bis heute) im Hong Kong Kino zu sehen bekam. Die Frage welcher Showdown jetzt mehr rockt, ist daher müßig. Fest steht, dass Hauptdarsteller Jet Li in beiden Teilen zu artistischer Höchstform aufläuft und den damaligen Hype um seine Person absolut verdient hat. Umso tragischer ist es daher wie Li heutzutage verheizt wird. Seine Rollen in THE EXPENDABLES 1 & 2 sprechen eine leider viel zu deutliche Sprache.
ONCE UPON A TIME IN CHINA 1 & 2 wissen aber auch durch die weiteren Darsteller zu überzeugen. Rosamund Kwan als Cousine, Yuen Biao als Schüler, oder Donnie Yen als Oberschurke gefallen in ihren entsprechenden Rollen und setzten innerhalb der Reihe klare Akzente. Erinnerungswürdig ist ebenfalls der Auftritt von Altstar David Chiang (THE NEW ONE-ARMED SWORDSMAN, der im zweiten Teil mit seiner zurückhaltenden Darstellung bleibenden Eindruck hinterlässt.
Insbesondere in den ersten beiden Teilen behandelt Hark auch verstärkt politische und soziokulturelle Fragestellungen. Kernthema ist die Durchdringung der chinesischen Gesellschaft durch ausländische Einflüsse. Hark zeigt den damit einhergehenden Wandel auf der gesellschaftlichen Ebene vor allem als Culture Clash. Die Figur des Wong Fei-Hung fungiert dabei klar als Kontrast zur Rolle der Cousine. Während Fei-Hung den westlichen Einflüssen mit Skepsis begegnet und mitunter auch als Bedrohung für die Traditionen ansieht, ist seine Cousine allen westlichen (d.h. vor allem amerikanischen) Einflüssen aufgeschlossen und scheut sich nicht diese auch nach außen darzustellen (z.B. durch westliche Kleidung). Die Szenen in denen Tradition und gewissermaßen Moderne aufeinandertreffen sind durch die überspitzte Darstellung in erster Linie humoristisch angelegt. Hark schafft es hier mit den Mitteln der Komödie die Dynamik gesellschaftlicher Transformationsprozesse treffsicher darzustellen und allzu klare Positionierungen zu verweigern. Weitaus weniger gelungen ist die stark stereotype Charakterisierung der ausländischen Figuren. Hier greift Hark auf seltsam unreflektierte Klischees zurück. Fast alle westlichen Charaktere werden als raffgierige, ignorante, betrügerische Kapitalisten gezeichnet, die mit großem Spaß das Volk ausbeuten und ohne Ehrgefühl lediglich den eigenen Vorteil im Sinn haben. Ein wenig mehr Sorgfalt wäre diesbezüglich schön gewesen. Die fast schon reißerische Dämonisierung der westlichen Darsteller ist ärgerlich, bleibt aber der einzige wirkliche Kritikpunkt der ersten beiden Teile.
Bleibt noch der dritte Teil, der gegen die ersten beiden Episoden deutlich abstinkt. Das liegt in erster Linie daran, dass die richtigen A-ha-Momente weitestgehend ausbleiben. Die Actionchoreographie ist erneut beindruckend, aber eben nicht klassikerverdächtig. Eine kleine Enttäuschung ist darüber hinaus der Showdown, der viel zu wenig echte Martial-arts zeigt und stattdessen das Hauptaugenmerk auf die traditionellen Löwentanz-Elemente legt. Aber im Endeffekt ist das Jammern auf hohem Niveau. Großartige Momente gibt es auch hier zuhauf zu bestaunen. Der Kampf in einem Wirtshaus ist beispielsweise absolut phantastisch und das Highlight des Films. Gelungen sind ebenfalls die humoristischen Einlagen die sich in diesem Teil der Reihe nahtlos in die Dramaturgie einfügen. Das fast völlige Fehlen von Drama-Elementen oder grafischer Gewalt führt dazu dass die dritte Episode außerdem sehr beschwingt und jugendfreundlich ausfällt. Auch stimmt hier wieder die Chemie zwischen den Darstellern. Besonders gut harmonieren Jet Li und Rosamund Kwan, deren Beziehung im dritten Teil konsequent und vor allem glaubhaft weitergeführt wird. Alles im allem überzeugt unterm Strich also auch das dritte Abenteuer rund um Wong Fei-Hung.
DVD.
Die hier vorliegende DVD-Box hält leider nur bedingt was sie vollmundig auf dem Backcover hinsichtlich Bild und Ton verspricht. Bei der Bild- und Tonqualität werden solide Ergebnisse erzielt. Nicht mehr aber auch nicht weniger. Das sollte man akzeptieren, markiert diese neue Veröffentlichung der Filme die bislang beste technische Aufbereitung für den deutschsprachigen Raum. Erneut wurden zudem neue Synchronfassungen erstellt. Die neue Synchronisation ist dabei nicht unbedingt besser als die Sprachfassungen der alten Auflagen. Insgesamt bewegt sich das Ganze aber noch in einem ganz ordentlichen Rahmen. Der Original-Ton und deutsche Untertitel sind zum Glück anwählbar, so dass man bei Bedarf jederzeit die Sprachfassung wechseln kann. Als Extras sind u.a. mehrere Postkarten beigelegt, die allerdings nicht immer Motive aus den ONCE UPON A TIME IN CHINA zeigen.
|
|
|