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Irgendwie ist es treffend, dass das zur Zeit aktuelle Vampirfilm-Genre nicht...tot zu kriegen ist. Von TV-Ablegern wie THE VAMPIRE DIARIES über die freizügigeren Kollegen TRUE BLOOD des Bezahlfernsehens bei HBO und dem cineastischen Pendant in der TWILIGHT-Serie bis hin zur bevorstehenden geschichtlichen Neuinterpretation von ABRAHAM LINCOLN: VAMPIRE HUNTER. Daher erklärt sich auch, warum Jim Mickles Debütfilm STAKE LAND hierzulande nun VAMPIRE NATION heißt. Dieser lebt weniger von goriger Action oder heißen Bräuten, die es sich von blassen Vamps besorgen lassen, sondern von seiner melancholischen Stimmung und post-apokalyptischen Atmosphäre. Hier trifft ZOMBIELAND quasi auf THE ROAD, wie bereits in anderen Kritiken scharfäugig erkannt wurde.
Der namenlose "Mister", gespielt von Mickles Co-Autor Nick Damici, verdingt sich dabei in einer gottverlassenen Welt als Jäger so genannter Vamps. Diese stellen im Grunde mehr Zombies denn Vampire dar, bedenkt man, dass es nicht so sehr gilt, ihr Herz zu durchstoßen, wie ihren Kopf. Auch ihr unintelligentes Herumwanken und grunzendes Verspeisen jeglicher Nichtinfizierter rückt STAKE LAND mehr in die Richtung der lebenden Toten, denn der Toten transsylvanischen Ursprungs. Damicis Mister nimmt hierbei die Funktion von Woody Harrelsons Tallahassee aus ZOMBIELAND ein, während Connor Paolo, bekannt als schwuler Teenie aus GOSSIP GIRL, den Michael Cera-Part als zu rettender Protege übernimmt. Gemeinsam wird durchs Land gereist, Vamps getötet und unterwegs vergewaltigte Nonnen (Kelly McGillis in einer etwas delikaten Besetzung) sowie holde schwangere Frauen (scream queen Danielle Harris) aufgegabelt.
Da die Vampire, Vampir-Zombies oder Zombie-Vampire (vielleicht: Zompiere?) zwar eine nicht zu unterschätzende, aber dennoch an und für sich kontrollierbare Gefahr darstellen, avanciert gegen Ende des ersten Akts eine andere Gruppe zum Antagonisten für Mister und Martin (Connor Paolo). In den nunmehr anarchistischen USA übernimmt eine christliche Miliz das Kommando über viele Gebiete. Diese wiederum mordet und vergewaltigt im Auftrag Gottes wie in den besten Zeiten. Und in der Tat ist es später diese selbsternannte Bruderschaft rund um ihren Anführer Jebedia (Michael Cerveris), die Mister und Co. die Sorgenfalten auf die Stirn treibt. Wer will, darf hier politischen Subtext herauslesen, wie: in einer Welt, voller "Zombies", drohen fundamentalistische Christen die Macht an sich zu reisen. Immerhin bestätigte Damici, dass er christliche Fundamentalisten weitaus mehr fürchtet als ihre islamischen Kollegen.
Religiös-kritischer Subtext ist zwar schön und gut, täuscht allerdings nicht darüber hinweg, dass es STAKE LAND an der Ausarbeitung seines Drehbuches mangelt. Denn die Bruderschaft wirkt eben wie eine reine Miliz, wie sie ganze Regionen und Bundeslandteile beherrschen soll, bleibt ebenso fraglich, wie man keinen sonderlich konsequenten Eindruck vom Zustand der USA erhält. Ruben Fleischer sparte diesen in ZOMBIELAND schlichtweg aus, während Mickle und Damici verschiedene Enklaven präsentieren, selbst- oder militärregiert. Einen Präsidenten gibt es anscheinend auch, aber keiner weiß, wer es ist. Und es kümmert auch niemanden. Überraschend ist der hoffnungsvolle Unterton. Wo in THE ROAD jeder sich selbst der Nächste war und Kannibalismus auf der Tagesordnung stand (ironischer Weise wird dieser auch hier angesprochen, dann aber nicht mehr aufgegriffen), wird in STAKE LAND, abgesehen von der Bruderschaft, Menschlichkeit und humanes Verhalten großgeschrieben.
Da dies vermutlich die vorherrschende Botschaft des Films sein soll, wurde auf eine nennenswerte dramaturgische Handlung und ausgefeilte Dialoge verzichtet. Die Spannung ist vorhersehbar und verkrampft bisweilen dabei, logische Zusammenhänge in unlogische Situationen aufzubauen, während die Dialoge in vielen Fällen nicht umhin kommen, an Klischeehaftigkeit überzuquillen. Was dafür hängen bleibt, ist die trostlos-hoffnungsvolle Atmosphäre, die Kameramann Ryan Samul und Komponist Jeff Grace erzeugen. Wenn zu stimmigen Gitarrenriffs Mister und Martin im Stile von KARATE KID ihre Trainingsübungen auf windigen Feldern bei Sonnenuntergang inszenieren, hat STAKE LAND durchaus etwas Faszinierendes. Zudem schrecken Mickle und Damici nicht davor zurück, auch mal etwas kaltherzig mit ihren Nebenfiguren umzuspringen, wenn es darum geht, wer sterben und leben darf. So bleibt unterm Strich ein solides Horror-Drama, das weniger von seiner Handlung, wie seinen Figuren lebt. Und bei dem eine Fortsetzung nicht ausgeschlossen ist. Schließlich ist das Vampirfilm-Genre ausgesprochen schlecht tot zu kriegen.
VAMPIRE NATION ist ab dem 30.09.2011 von Splendid auf DVD und Blu-ray erhältlich.
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