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STIRB LANGSAM - EIN GUTER TAG ZUM STERBEN (USA 2013)

von Hasko Baumann

Original Titel. A GOOD DAY TO DIE HARD
Laufzeit in Minuten. 97

Regie. JOHN MOORE
Drehbuch. SKIP WOODS
Musik. MARCO BELTRAMI
Kamera. JONATHAN SELA
Schnitt. DAN ZIMMERMAN
Darsteller. BRUCE WILLIS . JAI COURTNEY . SEBASTIAN KOCH . YULIYA SNIGIR u.a.

Review Datum. 2013-02-14
Kinostart Deutschland. 2013-02-14

John McClane in STIRB LANGSAM. Was haben wir uns in diesen Cop verliebt, der zur falschen Zeit am falschen Ort war und die Heldensache durchzog, weil er eh nicht mehr aus der Nummer rauskam. Der nur allzu menschlich agierte im Kampf für die Frau, die ihn nicht mehr wollte, und nach all den Action-Robotern der Jahre davor erfrischend verletztlich war - wer könnte je die Glasscherbe vergessen, die er sich aus dem zerschundenen Fuß zog. John McClane, die Ikone. John McClane in STIRB LANGSAM 2 war immer noch John McClane, wieder zur falschen (Weihnachts-)Zeit am falschen, dieses Mal größeren Ort; der Film war fieser, zynischer und boshafter, aber voll von den Cliffhanger-Momenten, die auch schon den Vorgänger ausmachten. McClane ertrug die Schmerzen auch dieses Mal vor allem für Holly, und sein unorthodoxer Stil zog eine Spur der Verwüstung nach sich. John McClane in STIRB LANGSAM - JETZT ERST RECHT war plötzlich ein antriebsloser Alkoholiker ohne Frau, der nicht zufällig, sondern gezielt in den Ärger hineingezogen wird; er ist auch nicht mehr allein unterwegs, es ist nicht Weihnachten und der falsche Ort ist eine ganze Stadt. Am Ende ist McClane aber immer noch McClane, sein weißes Unterhemd ist schwarzbraun von Blut und Dreck und "Yippie Kay Yay, Motherfucker" erneut die Erlösung in diesem besten Film der Reihe. John McClane in STIRB LANGSAM 4.0 ist plötzlich wieder Vater einer Tochter; dieses Mal mischt er sich selbst ein in ein Terrorszenario, das weder zeitlich noch räumlich sonderlich begrenzt ist, und entwickelt im Verlauf des Films geradezu übermenschliche Fähigkeiten. Der Film jedoch war eine nicht zu unterschätzende Actionsause, und am Ende, wenn McClane sich mit Müh und Not ins Finale schleppt und die PG 13-Version von "Yippie Kay Yay" rauspresst, irgendwie auch STIRB LANGSAM und irgendwie auch McClane.

John McClane in STIRB LANGSAM - EIN GUTER TAG ZUM STERBEN ist wieder Vater einer Tochter, aber auch Vater eines Sohnes (Die Hard-STIRB LANGSAM-Fans erinnern sich an die kleinen Racker in der Obhut des drangsalierten Kindermädchens in Teil 1). Der Sohn, mittlerweile ausgewachsen, harrt in Moskau seiner Verurteilung wegen Mordes, und Vater McClane will doch mal vorbeikommen. Wenige Minuten später sitzt der Cop aus New York im Taxi und lässt sich von einem russischen Taxifahrer die Ohren vollsülzen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hat man als Zuschauer die Augenbraue in einer Mischung aus Argwohn und Angst weit nach oben gezogen. Die Szene im Taxi ist so schlecht geschrieben, so hundsgemein hakelig aufgelöst, man möchte aufstehen und gehen, weil man sich so fremdschämt. Ohnehin sieht der Film bis dahin ausgesprochen unansprechend aus; zum ersten Mal STIRB LANGSAM im schmalen, fernsehertauglichen Flachformat; blaustichige Bilder, die McClane in einem Schießstand wie auf einer Provinztheaterbühne positionieren, und peinlich ungekonnt realisierte Establisher, die sich durch Moskau hakelzoomen wie Opa Kasulke im Spanienurlaub an der kleinen Konsumentenmühle. Schlimm. Das Fragezeichen zur Personalsache John Moore, der bis dato mit allenfalls mittelprächtigem Entertainment nicht weiter auffiel, beginnt ungeduldig zu brummen.

Nun treffen Vater und Sohn aufeinander, der Sohnemann (von Jai Courtney so eindimensional wie möglich gespielt) ist in Wirklichkeit Spion und in geheimer Mission in Moskau. Was und warum, will er nicht erklären, er bedroht seinen eigenen Vater lieber mit einer geladenen Pistole und eilt mit dem Russen Komorov (macht sich gut: Sebastian Koch) davon, den er aus nicht bekannten Gründen zu beschützen hat. McClane will aber wissen, was los ist, und fährt den beiden und ihren Häschern hinterher und legt dabei - in einer recht eindrucksvollen Big Budget-Actionszene - Moskaus Strassensystem und dessen Benutzer in Schutt und Asche. John McClane in STIRB LANGSAM 5, das ist eine rücksichtslose Planierraupe, offensichtlich wahnsinnig geworden nach seinen letzten Abenteuern, nicht mehr der falsche Mann am falschen Ort, sondern völlig geil auf Gewalt und Ärger und unfähig zur Kommunikation mit anderen Menschen.

Vater und Sohn schießen und hauen sich nun durch diesen Film, der es mit einer vergleichsweise knappen Laufzeit von 97 Minuten ausgesprochen eilig hat. Zwischenmenschliches wird en passant reingereicht, und zwar mit der Brechstange: In einer Szene unterhält sich McClane Senior völlig unvermittelt mit Komorov über Vaterschaft; sie stehen dabei vor einem Müllwagen. Auch zu Moskau fällt dem erschütternd schlechten Drehbuch von Skip Woods bald schon nichts mehr ein, und so geht es eben nach Tschernobyl, wo ein dunkelschmutziges Fabrikhallen-Finish, wie man es eher aus in Osteuropa angesiedelten Videopremieren kennt, auf die McClanes wartet. Und dann ist der Spuk auch schon vorbei; einige richtig fette Actionmomente hätten vielleicht sogar zu beeindrucken gewusst, wären sie nicht alle, und zwar wirklich ausnahmslos alle bereits in den Trailern verbraten worden; vom wiedergewonnenen R-Rating merkt man bis auf den völlig verschenkten "Motherfucker" auch nichts. Ist aber auch egal, denn das Geknalle findet eh gänzlich frei von Spannung statt und ist so vor allem nur eins: Laut. Als hätte Moore das auch gespürt, beendet er seinen Film mit einer überlangen Familienzusammenführung im Sonnenuntergang in Zeitlupe; als würde uns irgendeine dieser Figuren irgendwie interessieren. John McClane ist langsam gestorben; nun ist er tot.











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