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Special.
Warum STIRB LANGSAM der ultimative Weihnachtsfilm ist
von Fabian Olbrich

Warum STIRB LANGSAM der ultimative Weihnachtsfilm ist

DIE HARD - STIRB LANGSAM ist ein schöner Weihnachtsfilm. Es ist kein Spaß für die ganze Familie, doch nach dem das Weihnachtsmenü endlich ein Ende genommen hat, das letzte Sockenpaar ausgepackt wurde und die Kinderchen im Bett sind, kann man nicht besser entspannen als Bruce Willis bei seinem ersten Auftritt in der legendären Reihe, die 1988 startete, zu zusehen. DIE HARD - STIRB LANGSAM ist ein ironischer Abgesang auf den kantigen, granitkinnigen Actionhelden der 80er. Regisseur John McTiernan inszeniert mit der Figur John McClanes einen Antihelden, der zwar für Recht und Ordnung kämpft, zur galligen Kampfmaschine aber deswegen wird, um mit seiner Familie das Weihnachtsfest im trauten Heim begehen zu können. Ein idealer Konservativer, ein einfacher Cop, der für die Sicherheit von Land und Konsum einsteht.

L.A. am Heiligabend. Kein Schnee, dafür immer noch genug Weihnachtskitsch. Detective John McClane (Bruce Willis) ist zu warm angezogen für Kalifornien. Vom Flugzeug aus New York kommend steigt er geradewegs in eine bereitstehende Limousine, auf der Rückbank ist zum Glück genug Platz für den warmen Mantel, und ab geht's zum Nakatomi-Tower, der Weihnachtsfeier von McClanes Frau Holly, die sich hier mit allerhand Yuppie-Kollegen auf die Festtage in bester Champagnerlaune einstimmen und ausgiebig die eigene wirtschaftlich frohe Zukunft feiern will.

Wenn oben die Korken schon knallen, rollt im Takt unten eine Karawane dunkler Vans in die Tiefgarage. Nein, es sind nicht die Sternensinger und auch nicht der Weihnachtsmann persönlich, der sich im Eingang geirrt hat, es ist Hans Gruber (genial schmierig: Alan Rickman) und seine Bande, die dabei sind, einen großen Coup zu landen. Jawohl, ein Mann kriminellen Genies greift selbst in den Gabensack, um sich das feinste Präsent herauszunehmen. Im Nakatomi-Tower feiert immerhin die japanische und us-amerikanische Wirtschaftselite ihr fröhliches Stelldichein, da liegt im Tresor ein dickes Geldgeschenk in Form millionenschweren Aktienpapieren.

Weiter oben macht sich McClane erstmal ein bisschen frisch, zieht die Schuhe aus und ist doch ein bisschen verzagt - die Geldhaie passen dem ehrlichen Cop nicht so Recht nicht in den Kragen. Plötzlich prasseln Maschinenpistolen los - McClane geht instinktsicher in Habachtstellung und die sichere Deckung. Gruber und seine Bande stoßen zur Party, doch nun wird die Stimmung ernst. Der Bösewicht verlangt vom Chef den Zugangscode zum Safe. Als dieser verweigert, wird McClane, der sich vorsichtig an die Szene herangepirscht hat, Zeuge der unfeinen Absichten der Herren Gangster und der Zuschauer kann sich zugleich auf das kommende Blutbad einstellen, wenn der unkooperative Chef erst einmal exekutiert ist. In den nun beinahe zwei Stunden sehen wir McClane sich fluchend und ballernd durch die Etagen des Nakatomie-Tours arbeiten, einen Gegner nach dem anderen ausschaltend bis am Ende der Bösewicht aus einer der oberen Etage zu Boden baumeln wird und McClane sich endlich wieder seine Schuhe anziehen kann.

Warum STIRB LANGSAM der ultimative Weihnachtsfilm ist

DIE HARD - STIRB LANGSAM ist kein und zugleich doch ein Familienfilm. Bereits die Ausgangssituation ist in einem zwiespältigen Kontext etabliert: das Elternpaar McClane ist getrennt, sie leben am jeweils anderen Ende der USA. Die Heilige Familie ist nicht in Gefahr, die Kinder sind bei den Großeltern, fernab des Geschehens. Klar wird, dass es allein an dem einen Mann liegt, die Banditen auszuräuchern, soll das Weihnachtsfest im Familienkreis und nicht in Geiselhaft begangen werden. Wir haben mit McClane aber keinen stumpfen Rambo vor uns, der Trauma geschädigt zum gewalttätigen Held wird. Nein, hier sieht man den einfachen US-amerikanischen One-Man-Army Konservativen in seiner prototypischen Reinform am Werk, der für Recht und Ordnung mit seinen eigenen vom Blut der Wirtschaftsfeinde getränkten Händen kämpft.

So gesehen steht John McClane der Grinsebacke KEVIN - ALLEIN ZU HAUS (HOME ALONE) näher als jedem anderen Actionhelden der 1980er Jahre. Beide gehen mit großen Einfallsreichtum und einer Menge todesverachtend derber Witze in die Schlacht am Vorabend des Weihnachtsfestes. Beide umgibt der Nimbus des Heiligen, die im irdischen Auftrag stehen, ihre Familie bzw. deren Grundbesitz und materiellen Wohlstand (Kevin) zu sichern. Beide gehen gegen die Feinde des Kapitalismus, die Banditen, Räuber und Anarchisten vor, die das wichtigste Fest der Konsum orientierten westlichen Welt bedrohen.

Doch was John McTiernans Film - dem Meister des lakonischen Actionfilms - von einer allzu gefälligen Inszenierung unterscheidet ist die Bärbeißigkeit seines Helden. John McClane wirft sich ohne mit der Wimper zu zucken in den Kampf, um das Leben seiner Liebsten und das Unschuldiger zu retten. Mir nichts dir nichts haut er den Bösewichtern auf die Mütze und hat doch am Ende eine frohe Botschaft für uns alle, dass alles gut wird, wenn man sein Schicksal in die eigene Hand nimmt und auf staatliche Authoritäten verzichtet. Die Polizei in Form des Süßkram fressenden verfetteten Streifenpolizisten wird ebenso durch den Kakao gezogen wie die inkompetenten FBI Agenten Johnson und Johnson (u.a. Robert Davi). In diesen nicht raren Momenten, die dem Publikum jauchzendes Gelächter entlocken können, wird das Gemetzel durch ein paar fiese Geschmacklosigkeiten "aufgelockert" - unvergessen sicherlich die Szene, in der McClane seinen ersten erledigten Gegner als verhöhnende Warnung zurückschickt: "Now I have a machine gun - Ho Ho Ho" hat er mit Blut auf den Pullover des Toten geschrieben und ihm eine lustige Weihnachtsmannmütze aufgesetzt. Bereits in diesem frühen Moment des mittlerweile in die fünfte Runde gehenden Kampfes McClanes gegen das dolldreiste Böse, umgibt den Helden eine Aura der Unverletzlichkeit: McClane als Superheld, der auf diesen ganzen Kostümfirlefanz verzichten kann. McClane, der nur seine Knarre und eine lose Schnauze braucht, um als Verteidiger von Recht und Ordnung in Good Old America auf den Plan treten. McClane als Nihilist, der cool und augenzwinkernd, Gewalt über Gewalt setzt und über all die Neunmalklugen Bösewichter erhaben ist.

Warum STIRB LANGSAM der ultimative Weihnachtsfilm ist

Und weil es so gut war, kann man am 1. Weihnachtsfeiertag gleich Teil 2 nachlegen: DIE HARD 2: DIE HARDER - STIRB LANGSAM 2. Dieselbe Story, anderes Setting. Der Flughafen Washington-Dulles ist diesmal der Ort des Geschehens. McClane grätscht ein paar Terroristen zwischen die Beine, die anfliegende Flugzeuge solange in der Luft halten bis General Ramon Esperanza, Diktator und Drogenbaron des fiktiven Landes Val Verde, der just am Heiligenabend an die USA per Flugzeug ausgeliefert werden soll, gelandet und befreit worden ist. Dumm nur, das McClanes Frau Holly in einer der kreisenden Maschinen festsitzt. Er hat 58 Minuten den Bösewichtern den Garaus zumachen und wieder einmal Weihnachten zu retten.




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