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LET ME IN (USA 2010)

von Sebastian Moitzheim

Original Titel. LET ME IN
Laufzeit in Minuten. 116

Regie. MATT REEVES
Drehbuch. MATT REEVES
Musik. MICHAEL GIACCHINO
Kamera. GREIG FRASER
Schnitt. STAN SALFAS
Darsteller. KODI SMIT-MCPHEE . CHLOË GRACE MORETZ . RICHARD JENKINS . ELIAS KORTEAS u.a.

Review Datum. 2011-12-11
Kinostart Deutschland. 2011-12-15

Man muss wohl nicht lange darüber streiten, ob irgendjemand LET ME IN, Matt Reeves' Remake von Tomas Alfredsons SO FINSTER DIE NACHT wirklich braucht. Das schwedische Original, basierend auf dem gleichnamigen Roman von John Ajvide Lindqvist, ist nicht nur erst drei Jahre alt (bzw. zwei zum US-Start des hier mit einem Jahr Verspätung erscheinenden Remakes), es ist auch ein nahezu perfekter Film, zurecht in gefühlt jeder Kritik mit dem Prädikat "Meisterwerk" bedacht. Reeves weiß selbst offensichtlich am besten um die Qualitäten des Originals und so ist sein Remake eher eine uninspirierte, aber liebevolle Imitation als eine Neuinterpretation des Stoffes.

Der Handlungsort wurde vom Stockholmer Vorort Blackeberg ins offenbar ebenso abgelegene Los Alamos, New Mexico verlegt, das Jahr ist 1983 statt 1981, ansonsten ändert sich wenig: Der 12jährige Owen (Kodi Smit-McPhee) leidet unter der Scheidung seiner Eltern und dem Mobbing durch seine Mitschüler. Als die (scheinbar) gleichaltrige Abby (Chloë Grave Moretz) in seinen Wohnblock zieht, entwickelt sich zwischen den beiden eine zaghafte Romanze, die auch dann nicht abreißt, als klar wird, dass Abby ein Vampir ist und zum Überleben töten muss.

Reeves reduziert die Handlung mehr noch als Alfredson auf diese Liebesgeschichte: Andere Stadtbewohner sehen wir fast ausschließlich durch Owens Augen, auch die problematische Beziehung zu seinen Eltern wird nur angeschnitten (sein Vater kommt so gut wie gar nicht vor). Die einzigen nennenswerten Nebenfiguren sind Abbys älterer Begleiter (Richard Jenkins), der für sie mordet, um menschliches Blut zu beschaffen, und ein wegen dieser Morde ermittelnder Polizist (Elias Korteas). Die stärkere Konzentration auf die Beziehung der Protagonisten bedeutet aber nicht, dass Reeves dieser irgendetwas hinzuzufügen hätte - eher im Gegenteil: Die sexuellen Konnotationen fehlen, ebenso die Ambivalenz bezüglich Abbys Geschlechts. Generell ist vieles, was im Original Spielraum für Interpretation ließ, in LET ME IN eindeutiger, um nicht zu sagen eindimensionaler. Auch mit dem veränderten Setting weiß Reeves, obwohl er den Zuschauer mit im Fernsehen laufenden Ronald Reagan-Ansprachen immer wieder daran erinnert, nicht wirklich etwas anzufangen.

Doch viele der Stärken, die SO FINSTER DIE NACHT ausmachten, sind auch im Remake enthalten - angefangen bei der Figurenzeichnung: Owens Einsamkeit, seine Rachefantasien, Abbys Gefangensein im ewig 12jährigen Körper und die Beziehung der beiden zueinander sind genauso glaubhaft und berührend wie in der Vorlage, was nicht zuletzt den beiden Hauptdarstellern zu verdanken ist. Zwar fehlt der optische Kontrast der schwedischen Darsteller und Moretz' hoher Bekanntheitsgrad kommt Abby nicht unbedingt zugute, verliert sie doch so ein wenig das Mysteriöse, doch beide spielen ähnlich nuanciert und subtil wie ihre Vorbilder. Auch mit den Horrorelementen der Geschichte weiß Reeves umzugehen: Abbys Angriffe auf ihre Opfer sind eine Spur surrealer, die Gewalt etwas expliziter, doch die Schockmomente sind ebenso effektiv wie im Original und werden nie zum Selbstzweck.

Zwingende Gründe, LET ME IN als Kenner des Originals anzusehen, gibt es dennoch keine. Gerade wenn Reeves die einprägsamsten Szenen des Originals beinahe Shot-for-Shot nachstellt, aber eben doch nicht dessen einzigartige Atmosphäre erreicht, werden die Qualitäten von Alfredsons Film und die Mängel dieses Remakes überdeutlich. Trotzdem: Es hätte viel schlimmer kommen können. LET ME IN ist etwas weniger komplex, etwas glatter als das Original, aber doch eine respektvolle Repräsentation des Stoffes, was für ein Hollywood-Remake nicht unbedingt selbstverständlich ist.











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