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I'M NOT THERE (USA 2007)

von Matthias Mahr

Original Titel. I'M NOT THERE
Laufzeit in Minuten. 135

Regie. TODD HAYNES
Drehbuch. TODD HAYNES . OREN MOVERMAN
Musik. -
Kamera. ED LACHMAN
Schnitt. JAY RABINOWITZ
Darsteller. CATE BLANCHETT . CHRISTIAN BALE . RICHARD GERE . HEATH LEDGER u.a.

Review Datum. 2007-12-08
Kinostart Deutschland. 2008-02-28

Christian Bale, Cate Blanchett, Marcus Carl Franklin, Richard Gere, Heath Ledger, Ben Whishaw are all Bob Dylan.

... verkündet die Tagline und führt einen damit einmal mehr aufs Glatteis. Denn soviel muss einem klar sein: Das klassische Biopic, wie es in den letzten Jahren mit den Musikerportraits RAY und WALK THE LINE wieder populär geworden ist, ist dieser Film sicherlich nicht. Tod Haynes paraphrasiert über Dylan ohne ihn auch nur ein einziges Mal beim Namen zu nennen. I'm Not There bekommt somit über den Songtitel hinaus eine zweite Bedeutung. Alle Figuren tragen Züge von Dylan, erleben Dinge, die dieser erlebt hat, nur Dylan nennt sie halt niemand. Am abstraktesten ist dabei die Westernepisode mit Richard Gere als Billy the Kid, eine Rolle, die Dylan wohl immer gerne gespielt hätte, die ihm aber im berühmten Peckinpah-Film nicht vergönnt war. Stattdessen gab's für ihn eine (schon wichtige) Nebenrolle neben Kris Kristoffersen, der in I'M NOT THERE die off-Kommentare einspricht.

Dylans Musik ist hingegen allgegenwärtig, interpretiert von Dylan selbst und auch von anderen, das rechtlich vorab abzuklären war Haynes wichtig. Schon einmal ist er diesbezüglich eingefahren, bei VELVET GOLDMINE für den David Bowie die Verwendung seiner Lieder verweigerte. Dylan wurde hingegen von Anbeginn mit ins Boot geholt und so wundert es nicht, dass der Film alles andere als kritisch mit dem Vorbild umgeht. Wenn etwa Jude Quinn (Cate Blanchett) während eines Konzerts als Judas beschimpft wird, scheint er/sie emotional da völlig drüber zu stehen, während der Anlass den Sänger im Realfall zum Kochen gebracht hat. Die Band habe scheißlaut zu spielen um den Störenfried zu übertönen, soll Dylan dieser verärgert zugezischt haben.
Freilich zeigt der Film auch so manche Kanten an Dylans Reinkarnationen, etwa wenn Jack Rollins (Christian Bale) eine Rede im volltrunkenen Zustand hält, doch entfernt sich Haynes dabei nie von einer Heldenverehrung. Lustig macht er sich höchstens in einem kurzen Einsprengsel über die Beatles, aber auch das in einer ausschließlich herzerfrischend komischen Weise. Dylan kann mit I'M NOT THERE jedenfalls sehr zufrieden sein.

Der Zuschauer aber ebenso. Kritische Distanz zur Person ist gar nicht nötig, solange der Film nur kein kreuzbraves Konfektions-Biopic aus der Schule der GLENN MILLER STORY ist, sondern –wie ihn diesem Fall– ein höchst individuelles kleines Wunder der Filmkunst.
Das beginnt mit der Kameraarbeit des hochbegehrten Ed Lachman, der (alternierend mit Wolfgang Thaler) erst kurz zuvor mit IMPORT/EXPORT wieder sein großes Können unter Beweis gestellt hat. Hier arbeitet er mit s/w-Film und in Farbe, dazu noch Formaten von S8 bis 35mm, was den unterschiedlichen Look der Einzelepisoden noch unterstreicht. Dabei ist Einzelepisoden noch das falsche Wort. Nicht genug, dass die lineare Form einfach aufgelöst wird und die verschiedenen Teile sich ineinander verschlingen, gibt es vereinzelte Berührungspunkte zwischen den Reinkarnationen, welche große Freude bereiten können und die Formvollendung der Erzählung dick unterstreicht. Und dennoch droht der Film niemals als überkonstruierte Hirnwichserei zu entgleiten. So entsteht eine Liebeserklärung an einen Musiker, in die sich selbst Zuseher, die mit diesem wenig bis gar nichts anfangen können, unweigerlich verlieben müssen. Berauschend, nie langweilig, trotz leichter Überlänge, wahrlich großes Kino.











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