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I, FRANKENSTEIN (USA/Australien 2014)

von David Leuenberger

Original Titel. I, FRANKENSTEIN
Laufzeit in Minuten. 93

Regie. STUART BEATTIE
Drehbuch. STUART BEATTIE . KEVIN GREVIOUX
Musik. REINHOLD HEIL . JOHNNY KLIMEK
Kamera. ROSS EMERY
Schnitt. MARCUS D'ARCY
Darsteller. AARON ECKHART . BILL NIGHY . YVONNE STRAHOVSKI . MIRANDA OTTO u.a.

Review Datum. 2014-01-21
Kinostart Deutschland. 2014-01-23

Wenn Mary Shelley das alles wüsste: Der künstliche Mensch, den Viktor Frankenstein erschaffen hat, entgleitet völlig der Kontrolle seines Schöpfers - nur, um in einen epischen Krieg zwischen Gargoyles und Dämonen verwickelt zu werden. Beide Seiten wollen ihn töten (oder zumindest wegsperren), vor allem aber an die verschwundenen Forschungsaufzeichnungen Frankensteins herankommen. Derweilen sucht dessen "Schöpfung", die von der Gargoyle-Königin den Namen Adam verliehen bekommt, nach ihrer Seele und nach irgendeiner Form von Persönlichkeit. Keine einfache Aufgabe: nicht nur konnte sich Adam nicht in der Menschheit "ansozialisieren", sondern er musste auch die meiste Zeit seiner nunmehr über 200-jährigen Existenz damit zubringen, ihm mörderisch gesinnte Dämonen zur Strecke zu bringen. Vielleicht kann ihm die kluge Wissenschaftlerin Terra helfen, die im Bereich der Reanimation forscht - nicht wissend, dass sie das im Auftrag des Oberdämonen Naberius tut, der sich als Multimillionär und Wissenschaftsmäzen tarnt.

Klingt alles ziemlich nach Quatsch? Ist es im Grunde genommen auch tatsächlich! Allerdings ist I, FRANKENSTEIN kein originärer Quatsch, sondern die Adaption eines Comics - weil momentan ja eh ein großer Mangel an Comic-Verfilmungen besteht. Die zweite Regie-Arbeit des Stuart Bettie, der bislang vor allem als Drehbuchautor solch unterschiedlicher Filme wie COLLATERAL, AUSTRALIA und G.I. JOE - GEHEIMAUFTRAG COBRA in Erscheinung getreten ist, reflektiert in ihrer Machart auf verblüffende Weise ihre eigene Hauptfigur: sie ist seelenlos und größtenteils ohne richtige Eigenschaften. Ein unterkühltes CGI-Action-Spektakel ohne wirklich interessante Figur, das seine Plotpoints mit wenig Überraschungen nach Schema F abhakt, gefühlt aber alle 30 Sekunden zu unfreiwilliger Komik neigt.

Nun folgt das große "aber": I, FRANKENSTEIN hat - aber - trotz seiner offensichtlichen Schwächen auch durchaus seine Reize. Die erwähnte unfreiwillige Komik des Films ruft meistens eher herzhafte als hämische Lacher hervor. Wenn etwa sterbende Gargoyles sich in Licht auflösen und gen Himmel gesogen werden (man merkt dem Film die Bemühung an, auf "PG-13" und nicht "R" hinzuarbeiten), wirkt das in seinem triefenden Pathos stets ungemein witzig - und das sogar noch beim 20. Mal. Die Dämonen lösen sich übrigens auch nicht in Schleim, Blutmatsch und sonstigem Gekröse auf, sondern in Feuer und irgendwo im Bild explodiert immer irgend ein böses CGI-Viech. Das ist weder sehr spannend noch sehr originell, allerdings kann man I, FRANKENSTEIN nicht vorwerfen, über längere Strecken langweilig zu werden. Dafür sorgen auch die Action-Szenen, meist epische Schlachten zwischen Gargoyles und Dämonen oder zwischen Adam und Dämonen, die tatsächlich nur seelenlose CGI-Spektakel sind, dafür aber wenigstens gut inszenierte CGI-Spektakel: entgegen dem Trend zu immer mehr und mehr Gewackel und ADS-Schnitten sind sie übersichtlich und in präzisen Bildkompositionen gefilmt. Eine - leider zu kurze - Kampfszene ist sogar als richtig (!) choreografierter Zweikampf zu identifizieren.

À propos "kurz": zu lang ist I, FRANKENSTEIN mit seinen kompakten anderthalb Stunden jedenfalls nicht geraten, und es ist in Zeiten, in denen gefühlt jede Comic-Verfilmung sich "gezwungen fühlt", mindestens 130 Minuten + X zu dauern, eine regelrechte Wonne, so einen Film zu erleben, der sich mit 90 Minuten zufrieden gibt. Das ist nicht nur eine gute Grundlage für ein recht flottes Tempo (die ersten zehn Minuten legen einen erstaunlichen Mut zur Verdichtung an den Tag!), sondern erspart dem Zuschauer zugleich auch allzu ausgedehnte und zähe Exkurse in Küchenpsychologie, love-interest-Nebenplots und nichtssagende Nebenfiguren-Myriaden. Die Kürze passt auch zu einem Film mit einer B-Seele, oder besser gesagt: mit einem Körper für eine B-Seele. Statt dieser gibt es zumindest A-Schauspieler zu bewundern. Aaron Eckhart bewirbt sich nach OLYMPUS HAS FALLEN nun eindeutig zum neuen Action-Star und macht dabei eine ganz gute Figur. Bill Nighy ist sowieso immer großartig: seine durch und durch britische Eleganz passt erstaunlich gut zu seiner hinterlistigen Oberdämon-Figur. Etwas allzu offensichtlich als "eye candy" verbraten wird hingegen Yvonne Strahovski.

Am Schluss des Films wird mit überdimensioniertem Holzhammer ein Sequel angekündigt. Bis allerdings WE, FRANKENSTEIN, oder wie er auch immer heißen wird, rauskommt, kann man durchaus einen Blick auf I, FRANKENSTEIN riskieren, am besten im Rahmen eines Kinoabends mit Freunden und anschließendem Kneipenbesuch.











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