|
Am vollmondförmigen Rand des Brötchens hat sich der Teig zu einem dunklen Kreis knusprig verdichtet. Hebt man den kleinen Teigdeckel an, so schlägt einem sanft der Geruch der Eingangsheizlüftung entgegen, der sich hier mit einer leicht stechenden Note Senf mischt. I'm lovin' it. Winzige Zwiebelwürfel, die an zerstoßenes Carglas erinnern, gruppieren sich an zwei Stellen auf dem dunklen Grund zu kleinen Diskussionsgruppen. Ich fische die aschfahl grüne Gurke mit spitzen Fingern aus dem Senf-/Ketchup-Fleck und schnippe sie auf das mit Jetski fahrenden Ratten bedruckte beinah A3-Blatt, welches neben den üblichen Kommunikationsaufgaben vor allem die kleinen kreisförmigen Zigarettenbrandspuren auf dem Tablett verdecken soll. Ich liebe es. Das Plastik des Strohhalms ist so dick, man würde es bei einem Luftröhrenschnitt jederzeit der sonst üblichen Kugelschreibermine vorziehen. Dem Geruch der Pommes haftet etwas Klebriges an. Man stellt sich die müde lächelnde Servicefachkraft in ihrer an den Ärmeln vertikal bestreiften Arbeitsuniform vor, wie sie sich am Ende ihrer Schicht über das Waschbecken gebeugt, zum dritten mal die Haare pfirsichduftend einschäumt und doch nichts daran ändern kann, den Geruch immer wieder, wie Phantomschmerz, in die Nase zu bekommen. C'est tout ce que j'aime.
Ich hebe kurz die untersetzerförmige Fleischmasse an, um auch den Bodenbelag auf Salviaspuren zu kontrollieren. Die Weichheit des Brötchens, der mit einem Hauch von Holzkohle benetzte Kern, verbinden sich mit dem ersten Bissen zu einem Gefühl, als würde man das Gesicht in ein warmes Kissen drücken. Dein warmes Kissen von zu Hause, das millionenfach in diesen leicht abgeschrägten Bahnen aus geputztem Edelstahl überall auf der Welt für Dich bereit liegt. Love ko 'to.
The Big One aus der Sendung-mit-der-Maus-Perspektive also. Natürlich, wie soll es auch anders gehen, ein Gegen-das-schlechte-Gewissen-Film. Etwas das mit der Erwartung geguckt werden wird, einen anerkennenden Schulterschlag zu bekommen - die kleine Portion Selbstbestätigung, immer richtig gelegen zu haben, wenn man den kleinen Falafelstand um die Ecke vorgezogen hat. Das Coole an FAST FOOD NATION - er funktioniert trotzdem richtig gut, auch wenn du nicht Student aus Tübingen bist und Deine Rastas mit falschem Stolz trägst.
Das liegt vor allem mal an der großen unaufgeregten Erzählkunst mit der Linklater seine Zwiebel hier aufblättert. Statt den großen Ausrufezeichen hinter jedem Erzählblock, dem großen ergriffenen Close-Up, dem hast-Du-das-jetzt-endlich-kapiert, wie man es zuletzt mal wieder in BABEL durchzustehen hatte, sanfte Kamerafahrten, die mal eine Weile der einen Figur folgen, hier mal was zeigen, dann mal dort. FAST FOOD NATION zeigt: Linklater hat sich mit SLACKER, BEFORE SUNRISE oder eben zuletzt erst wieder A SCANNER DARKLY für so eine Nummer erzählerisch richtig warmgelaufen. Der Mann hat inzwischen die Ruhe eines Robert Altmann erreicht. Weiß genau, wie er dich auch ohne Überzeichnung, ohne sauber servierte Vorverurteilung, nachher sowieso noch an den Eiern bekommen wird.
Beispiel, der Kill Floor. Man kann sich vorstellen, ein Film der "die Maschine" hinter UNSER TÄGLICH BROT darstellen möchte, kommt nicht umhin, irgendwann in die weißen Gummistiefel zu schlüpfen und durch das Schlachthaus zu waten. Man kann das hier jetzt nicht aufschlüsseln, ohne viel zuviel vorwegzunehmen, nur vielleicht soviel, Linklater benutzt einen Trick, der viel mit dem Identifikationsbedürfnis der Zuschauer zu tun hat. Die vielen kleinen Einladungen, die der topbesetzte Ensemble-Film hier wie sehr gemeine Köder auslegt, eben völlig unaufgeregte Köder, die gerade nicht in sauber beschrifteten Schubladen liegen, bündeln sich zu einer Schlinge, die einem den Hunger für mehr als nur ein paar Stunden wegdrückt.
Linklater geht es darum, etwas verdammt schwer Greifbares rüber zu bringen. Etwas das nur in der Vernetzung, aber nicht mal in den Knotenpunkten richtig sichtbar wird. Mit FAST FOOD NATION ist ihm das verdammt noch mal gelungen. I'm lovin' it.
|
|
|