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Manche Männer wollten als Kind Lokomotivführer werden. Oder Feuerwehrmann. Bei David Ayer wird man das Gefühl nicht los, dass an ihm ein Polizist verloren gegangen zu sein scheint. Stattdessen macht Ayer heute "irgendwas mit Medien" könnte man sagen. Der in Illinois geborene Drehbuchautor verliebte sich in das Problemviertel South Central Los Angeles, in welchem seine Cop-Filme wie HARSH TIMES, STREET KINGS oder TRAINING DAY spielen. Es verwundert daher nicht, dass Ayers neuester Film keine romantische Komödie ist, sondern - Überraschung - ein Cop-Film in den Straßen von South Central. END OF WATCH ist dabei eine Ansammlung von Genre-Klischees der Extreme. Die Guten sind super gut, die Bösen sind super böse. Eine Grauzone kennt der Film nicht. Unterhaltsam ist er aber dennoch.
Der Film folgt zwei jungen Streifenpolizisten bei ihrer Arbeit. Auf der einen Seite haben wir Officer Brian Taylor (Jake Gyllenhaal), einen so genannten hot shot, der seinen Kollegen infantile Streiche spielt, für ein Privatprojekt seine Arbeit filmt und trotz aller Sex-Affären im Grunde nur jemanden sucht, mit dem er reden kann. Sein Partner ist Officer Mike Zavala (Michael Peña), ein geerdeter Familienvater, der seine erste Schulfreundin geheiratet hat und für den sein Partner wohl nicht unbedingt der beste Einfluss ist. Wie es der Zufall - oder hier: das Drehbuch - so will, sind Taylor und Zavala kleine Supercops, die eine prestigeträchtige Aktion nach der anderen meistern und sich somit den Applaus ihres Dezernats und des Publikums sichern. Genauso wie den Missmut von hispanischen Gangstern.
Jene zwei Welten - das Gesetz hier, die Gesetzlosen dort - bemüht sich Ayer dann klar in schwarz und weiß zu trennen. War Keanu Reeves in seinem STREET KINGS noch ein good bad cop, der seine Supertaten mit kruden Mitteln erreichte, kommen Taylor und Zavala in END OF WATCH ganz ohne diese aus. Einfache Straßenkontrollen führen zu schweren Waffen und Bargeldbeschlagnahmung, eine Vermisstenmeldung zum größten Drogenfund seit Jahren und zwischendrin wird ein halber Kindergarten aus einem brennenden Haus gerettet. Do you feel like a hero?, fragt Gyllenhaal seinen Kollegen in einer Szene. Das sind nämlich die wahren Helden, die sich nicht mal als solche fühlen, da Gutes zu tun für Gute ein selbstverständliches Gut ist. Genauso wie wiederum die Bösen immer nur Böses tun. Und beide Seiten sind stolz darauf.
Das zeigt sich auch darin, dass in diesem Film quasi jeder seine Handlungen per Kamera festhält. Sowohl Taylor als auch die rivalisierenden Gangs von Afroamerikanern und Hispanics halten munter drauf, wenn es um Drive-by-Shootings geht. Zusätzlich werden die bad guys im Film dadurch geoutet, dass sie unentwegt fluchen, schimpfen und keifen. So müssen Gyllenhaal und Peña mal um mal gegen ein motherfucker-Stakkato anschreien, wenn es gilt Kindesmisshandlung, Menschenhandel oder Mord zu unterbinden. Der Film folgt so stringent vorgefertigten Genremustern, dass er nicht einmal versucht, zu erklären, warum Gyllenhaals Streifenbulle und Anna Kendricks Hydraulik(!)-Absolventin letztlich zueinander finden und die große Liebe ineinander sehen. Die Figuren sind Figuren sind Figuren - mit einer interessanten Ausnahme.
So entwickelt der afroamerikanische street thug Tre - im Abspann grandios als "Mr. Tre" geführt - tatsächlich so etwas wie Respekt für unser Streifenduo, weil Peña sich zu Beginn des Films - und zur Belustigung von Gyllenhaal - mit ihm geprügelt hat. Fair and square. Leider verschwindet Tre dann bis zu Beginn des dritten Akts praktisch von der Bildfläche und wird auch später nicht entsprechend genutzt, sodass die einzige wirklich interessante Figurentwicklung letztlich verpufft. Die übrigen Figuren agieren derweil die meiste Zeit auf einem oft leicht überzogenen Level, allen voran die mexikanische Gang. Ihre beiden Anführer sind, ebenso wie die Polizisten auf der Gegenseite, eine reine Ansammlung an Klischees, die dafür sorgen, dass David Ayers END OF WATCH im Grunde zu einer Art "Best Of" des Cop-Film-Genres avanciert.
Schlecht ist das keineswegs, im Gegenteil sogar über die gesamte Laufzeit hinweg durchaus unterhaltsam. Dies verdankt sich zuvorderst den beiden sympathischen Figuren, ebenso wie den durchweg charmanten Nebendarstellern wie Natalie Martinez' Gattin von Zavala, Frank Grillos die Einheit leitender Sergeant, David Harbours bitchige Kollege Van Hauser, America Ferreras Rookie Cop Orozco oder ihre von Cody Horn gespielte kesse Partnerin Davis. Die meisten von ihnen sind zwar genauso wenig zu Ende gedacht wie die Integration der Found-Footage-Elemente, aber dennoch kann dies hier als einer der vergnüglicheren Cop-Filme angesehen werden. Zwar keiner, der nichts bietet, was man in TV-Serien wie SOUTHLAND nicht besser sieht, aber manchmal - und im Falle von Ayer womöglich sowieso - bewahrheitet sich durchaus die Weisheit: Schuster, bleib bei deinen Leisten.
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