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DER DIKTATOR (USA 2012)

von Benjamin Hahn

Original Titel. THE DICTATOR
Laufzeit in Minuten. 83

Regie. LARRY CHARLES
Drehbuch. SACHA BARON COHEN . ALEC BERG . DAVID MANDEL . JEFF SCHAFFER
Musik. ERRAN BARON COHEN
Kamera. LAWRENCE SHER
Schnitt. GREG HAYDEN . ERIC KISSACK
Darsteller. SACHA BARON COHEN . BEN KINGSLEY . ANNA FARIS . JOHN C. REILLY u.a.

Review Datum. 2012-05-14
Kinostart Deutschland. 2012-05-16

Bin Laden, Gaddafi, Kim Jong-il - das Jahr 2011 war kein gutes für exzentrische Diktatoren und Terroristen. Aus reichlich offensichtlichen Gründen dürfte kein Mensch klaren Verstandes etwas gegen den Verlust dieser Menschen einzuwenden haben. Und doch gibt es nicht wenige, die sich hinter vorgehaltener Hand darüber beklagen, dass die Welt mit dem Tod der drei Herren ein bisschen mehr entzaubert wurde. Die Verrückten, Entrückten und Abgehobenen - sie bringen nicht nur Leid und Terror, sie befriedigen mit ihrem bizarren Leben das menschliche Grundbedürfnis nach Lästereien und sind zugleich die Folie, die wir über unser Leben legen können, wenn wir uns wieder unserer Gewöhnlichkeit gewahr werden wollen. So gesehen brauchen wir die exzentrischen, über die wir uns ereifern können, denen wir das Fehlen von Moral und Ehtik vorwerfen können, damit wir unser eigenes Verhalten besser bewerten können. 2011 hat uns viel davon genommen. Das hat sich wohl auch Sacha Baron Cohen gedacht, der in seinem neuen Film DER DIKTATOR den nicht minder exzentrischen Herrscher eines fiktiven Staates in Nordafrika spielt. Das Ergebnis ist...

…anders geworden als die beiden letzten Filme, die Baron Cohen zusammen mit Regisseur Larry Charles gedreht hat: Waren BORAT und BRÜNO noch Mockumentaries, also fiktive Dokumentationen, in denen reale Menschen mit der inszenierten "Wirklichkeit" von Baron Cohen und Charles konfrontiert wurden, erweist sich DER DIKTATOR als ganz klassischer Spielfilm. Diese Entscheidung ist reichlich mutig, da sich der Witz der vorangegangenen Filme nicht zuletzt aus dem Aufeinanderprallen der verschiedenen Realitäten ergab und man ähnlich wie bei anderen, mit versteckter Kamera gefilmten Formaten, eher über die Reaktionen auf die skurrilen Charaktere als über selbige lachte. Doch wer die Befürchtung hatte, es könne deshalb weniger zu lachen geben, der irrt. Zwar verwendet der Film in der Tat mehr Zeit darauf, eine Geschichte zu erzählen, statt eine Sketchaneinanderreihung zu sein, aber die noch verbliebenen Gags sind so herrlich grenzwertig geschmacklos, dass einem noch oft genug das Zwerchfell schmerzen wird. Vorausgesetzt jedenfalls, dass einem Uwe Bolls POSTAL nicht mehr allzu präsent ist: Die derben Terrorismus-Gags in DER DIKTATOR sind witzig, keine Frage, aber zuweilen rast einem schon der Gedanke des "been there, done that, bought the f*cking t-shirt" durch den Kopf.

Und dass einiges nicht mehr ganz so frisch wirkt, ist nicht das einzige Problem des Films: Das Drehbuch schrieb Baron Cohen zusammen mit dem Trio Alec Berg, David Mandel und Jeff Schaffer, bekannt für ihre Drehbücher zu SEINFELD und CURB YOUR ENTHUSIASM. Das Ergebnis dieser Zusammenarbeit ist zwar geprägt von reichlich viel (nicht zuletzt jüdischem) Humor, auf inhaltlicher Ebene ist es jedoch überraschend fad geworden: Ein Junge strauchelt, fällt zu Boden, trifft auf ein Mädchen… Den Rest der Geschichte kennt wirklich jeder, der auch nur einen einzigen Hollywood-Liebesfilm gesehen hat. Dafür, dass THE DICTATOR kontrovers sein will, ist er in dramaturgischer Hinsicht erschreckend altbacken - und damit leider auch stellenweise ziemlich langweilig. Unter seiner "bitterbösen" und derben Oberfläche steckt lediglich eine ganz gewöhnliche romantische Komödie. Insofern war es vielleicht keine gute Idee, ausgerechnet diesen Film als klassischen Spielfilm zu erzählen: das dramaturgische Grundgerüst ist nicht raffiniert genug, nicht anders genug, um sich von tausend anderen Liebeskomödien abheben zu können. Daran können auch die perfekt sitzenden Pointen nichts ändern, zumal auch sie sich mitunter anfühlen wie bereits erzählt.

Gut gespielt und gut gemeint, aber im Endeffekt nur Komödiendurchschnitt.











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