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Manchmal muss man außerhalb der Box denken. Oder wie Brüno (Sacha Baron Cohen) es sagen würde: thinking outside the geschwindigkeitsbegrenzung. Mit BRÜNO spendiert der britische Comedian Sacha Baron Cohen auch seiner dritten Figur aus DA ALI G SHOW ein Forum im Kino. Nach dem – zumindest einst – prominentesten, Ali G, und vor drei Jahren dem inzwischen wohl prominenteren BORAT, feiert jetzt der homosexuelle österreichische Fashion-Reporter Brüno sein Kino-Comeback. Einst neben dem kasachischen Journalisten Borat lediglich ein Segment in der äußerst erfolgreichen und von Ali G moderierten Show, schließt sich für Cohen mit BRÜNO nun ein Kreis. Schließlich stellt der Österreicher die letzte imaginäre Figur dar, die Cohen hiermit zum (Kino-)Leben erweckt. Dabei hat der Brite mit Nebenrollen in RICKY BOBBY und SWEENEY TODD bereits den Absprung ins seriöse Kinofach geschafft.
Es muss jedoch konstatiert werden, dass die Luft aus Cohens Figuren über die Jahre hinweg raus zu sein scheint. Was einst als Demaskierung aufgrund der offensichtlichen Anonymität der Rollen von Borat und Bruno äußerst gut gelang, lässt sich im Jahr 2009 bei allgemeiner Bekanntheit und Popularität von Cohen und seiner Charaktere nicht mehr entsprechend umsetzen. Dies zeigte sich bereits in BORAT, dem man seine gewollte Inszenierung vielfach ansah. In Cohens neuem Film findet sich hierzu nochmals eine Steigerung. Was wirklich authentisch ist – insofern überhaupt irgendetwas authentisch ist – lässt sich schwer sagen. Und auch wenn man die Authentizität außen vor lässt und sich primär daran vergnügt, dass das Gesehene eine Komödie darstellen soll, funktioniert BRÜNO nur leidlich.
Nach einer desaströsen Modenshow in Mailand verliert Brüno seinen Job als Moderator seiner Fashion-Sendung und ist damit, um seinen eigenen Sprachjargon zu bedienen: aus. Um wieder zu Ruhm und Ehre zu gelangen, reist er nach Los Angeles, um zum zweiten österreichischen Eroberer der Welt zu werden – "nach Adolf Hitler". Doch in der Traumfabrik kann sich Brüno weder als Schauspieler in der TV-Serie MEDIUM durchsetzen, noch sein neues Fashion-Format als Moderator an den Mann bringen. Nicht mal trotz seines Interviews mit Schauspiel-Legende Harrison Ford. Somit ist Brüno gemeinsam mit seinem Assistenten Lutz (Gustaf Hammarsten) gezwungen, sich anderweitig Aufmerksamkeit zu besorgen. Sei es durch ein Sextape mit einer Berühmtheit oder durch das Adoptieren eines "afroamerikanischen" Kindes. Doch immer wieder muss Brüno feststellen, dass ihm seine Homosexualität ein Bein stellt und ihn bei der Verwirklichung seiner Ziele im Weg steht.
Zugegeben, BRÜNO besitzt sicherlich die beste Filmeröffnung des Kinojahres, doch fraglos ist in Cohens drittem Solo-Film nicht alles Gold was glänzt. Viele der Gags zünden, sei es Brünos Umfunktionierung seiner mexikanischen Gärtner oder seine Kommentare in der fiktiven Talk Show "Today with Richard Bey". Diese entlarvt sehr gut die Inszenierung des gesamten Filmes, selbst wenn sie eine nette Referenz zu Beys (der hier einen Cameo gibt) einstiger Sendung The Richard Bey Show darstellt. Ähnlich verhält es sich, wenn Cohen in Jerusalem scheinbar von einem Mob gejagt wird oder sich scheinbar in die Hände eines Terroristen begibt. Was Cohen und Regisseur Larry Charles dem Publikum hier bieten ist eine durchkalkulierte mockumentary, die durchgeplant ist bis ins Detail, wo jeder witzige Einzeiler eine entsprechende Vorlage erhält.
Mit dem ursprünglichen Bruno-Format aus DA ALI G SHOW kann man dies nicht mehr wirklich vergleichen. Auch wenn wohl aufgrund von Cohens Bekanntheitsgrad sich ein entsprechender Kinofilm nicht umsetzen ließ. Wie bei BORAT funktioniert dies jedoch zumindest beim ersten Sehen noch tendenziell gut. Manche Segmente sind gelungen, andere Gags bewegen sich dagegen schon auf Adam-Sandler-Niveau und lassen wenig vom Intellekt Cohens aufblitzen. Beim Publikum, welches – ruft man sich CHUCK UND LARRY in Erinnerung – generell über Homosexuelle bzw. das homosexuelle Klischee zu Lachen vermag, dürfte Cohens neuer Film sicherlich bestens ankommen. Nüchtern betrachtet ist das filmische Resultat ein Annehmbares, selbst wenn der Film unter derselben inszenierten Künstlichkeit leidet, wie bereits bei BORAT der Fall.
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