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THE AGE OF SHADOWS (Korea 2016)

von André Becker

Original Titel. MILJEONG
Laufzeit in Minuten. 141

Regie. KIM JEE-WOON
Drehbuch. KIM JEE-WOON
Musik. MOWG
Kamera. KIM JI-YONG
Schnitt. YANG JIN-MO
Darsteller. SONG KANG-HO . GONG YOO . SHINGO TSURUMI . LEE BYUNG-HUN u.a.

Review Datum. 2017-06-26
Kinostart Deutschland. nicht bekannt

Mit dem elektrisierenden Actioner BITTERSWEET LIFE und der knüppelharten Tour de force I SAW THE DEVIL hat sich der Regisseur Kim Jee-woon im Laufe der Jahre insbesondere außerhalb Südkoreas einen Namen gemacht, was ihm 2013 gar ein Ticket in die Traumfabrik bescherte. Sein erster abendfüllender Spielfilm nach seiner Rückkehr aus Hollywood besitzt leider nicht annähernd die kinematographische Sprengkraft der genannten Werke. Wer in die verschachtelt aufgebaute Spionage-Geschichte eintauchen will, muss viel Geduld mitbringen, denn Jee-woon nutzt die ausufernde Laufzeit von rund 140 Minuten nicht immer sinnvoll.

Die Story spielt während der Besatzungszeit Koreas durch Japan. In dieser explosiven Zeit wird der hochrangige koreanische Polizist Lee (Song Kang-ho) damit beauftragt die Attentatspläne einer militante Gruppe von Rebellen zu vereiteln. Bereits nach kurzer Zeit hat Lee das Vertrauen des Widerstandskämpfern Kim (Gong Yoo) gewonnen, der ihn in die Pläne der Rebellen einweiht und ihm scheinbar bedingungslos vertraut. Lee wiederum beginnt zunehmend mit den Zielen des Widerstands zu sympathisieren und wechselt schließlich die Seiten. Eine folgenreiche Entscheidung, denn unter den Rebellen ist auch ein Maulwurf der Japaner.

Die größte Baustelle der Produktion ist definitiv das gedrosselte Tempo. Das Drehbuch verschwendet viel zu viel Zeit für den Aufbau der, schlussendlich gar nicht mal so komplexen, Geschichte. Das ständige Hin und Her der Beweggründe Lees wirkt irgendwann einfach ermüdend, auch wenn Song Kang-ho den Kommissar gewohnt großartig verkörpert und seine ambivalente Rolle mit Bravour mit Leben füllt. Der starke Fokus auf Lee führt außerdem dazu, dass viele der (zahlreichen) anderen Figuren nicht genug Raum bekommen (die Gastrolle von Südkoreas Superstar Lee Byung-hun ist ein Beispiel von vielen). Eine Ausnahme bleibt da der japanische Vorgesetzte von Lee, der im späteren Verlauf der Handlung erstaunliche Profilschärfe erhält und einen adäquaten Antagonisten darstellt.

Ganz grundsätzlich muss zudem kritisiert werden, dass der Film zu wenig aus seiner eigentlichen Ausgangslage macht. Was konkret bedeutet, dass es Jee-woo nicht schafft die Konfliktsituation (eine Gesellschaft in permanenter sozialer und politischer Anspannung) der Besatzung angemessen filmisch zu vermitteln. Von der Schwarzweiß-Malerei vieler asiatischer Produktionen zu diesem und ähnlichen Themen (man denke an den offen zur Schau gestellten Rassismus und den unerträglichen Pathos auch neuerer asiatischer Produktionen) ist der Film zwar meilenweit entfernt, nichtsdestotrotz bleibt der Eindruck, dass das Drehbuch diesbezüglich zu sehr an der Oberfläche herumdoktert. An dieser Stelle ist man daher ein wenig irritiert, dass ein Regisseur dieses Kalibers die vorhandenen Potentiale nicht zielführender anzapft.

THE AGE OF SHADOWS ist allerdings kein Film, der durch diese Kritikpunkte zum absoluten Scheitern verurteilt ist. Insbesondere im Mittelteil gelingen Jee-woo einige hochspannende Szenen, die in den aufwändig gestalteten Sets wunderbar funktionieren und von den wenigen schweißtreibenden Actionsequenzen perfekt unterstützt werden. Sei es die zentrale Konfrontation in den beengten Räumlichkeiten eines Zuges, die starke Eingangssequenz oder eine kurze Verfolgungsjagd in einem Waldstück, hier ist der Regisseur in seinem Element und erzeugt dramaturgische Pulverfässer die ein sehr unmittelbares Kinoerlebnis schaffen. Auch der eine oder andere Twist kommt überraschend und weist in Richtungen, die man vorher so nicht unbedingt auf dem Schirm hatte.

So pendelt der Thriller beständig zwischen Szenen, bei denen man sich plötzlich mittendrin in einer Welt aus Doppelagenten und Spionen widerfindet und tatsächlich mitfiebert und zähen Abschnitten, die den Film unnötig verkomplizieren und ihn mitunter zur Geduldsprobe werden lassen. Insofern hinterlässt THE AGE OF SHADOWS einen reichlich zwiespältigen Eindruck, der von dem Gefühl das hier mehr drin gewesen wäre, noch zusätzlich genährt wird. Und das ist dann irgendwie doch ziemlich enttäuschend für einen Film dieses Meister-Regisseurs.











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