AFTER DARK Film TALK Facebook Twitter

das manifest¬  kontakt¬  impressum¬  verweise¬  übersicht¬ 
[   MEINUNGSMACHER  |   GEDRUCKTES IST TOT  |   KAPITELWAHL  |   UNENDLICHE TIEFEN
   MENSCHEN  |   GESPRÄCHE  |   FEGEFEUER DER EITELKEITEN  |   MIT BESTEN EMPFEHLUNGEN   ]
UNENDLICHE TIEFEN

Special.
Durch die Nacht mit... Juliette Lewis & Crispin Glover
von Björn Lahrmann und Robert Zetzsche

Durch die Nacht mit... Juliette Lewis & Crispin Glover

Björn Lahrmann und Robert Zetzsche im Gespräch mit Crispin Glover

Anfang des Jahres bist Du durch die USA gereist, um den zweiten Film Deiner "It"-Trilogie vorzustellen, IT IS FINE. Wie man auf Deiner Homepage lesen kann, bekam er gute Rezensionen, der Film wurde unter anderem "eloquent", "erfrischend" und "erfolgreich" genannt. Trotz dieser positiven Reaktionen scheinst Du keine Pläne haben, die Filme auf DVD zu veröffentlichen. Man kann sie nur auf einer Deiner seltenen Vorführungen sehen. Hat das nur finanzielle Gründe? Was bewog Dich zu dieser Entscheidung?
    Mein Ziel ist es, die Kosten des Films in den Kinos wieder einzuspielen. Das dauert natürlich sehr lange mit meinen begrenzten Möglichkeiten. Ich weiß nicht, wie es aussieht, wenn ich mein Ziel erreicht habe und ob das nicht der richtige Zeitpunkt sein wird, über eine Zweitverwertung nachzudenken.

Ein nicht unbeträchtlicher Teil Deiner DURCH DIE NACHT MIT-Episode mit Juliette Lewis besteht in der spontanen Tour durch Dein Schloß in Prag, welches Du zum Teil als Kulisse Deiner Filme benutzt. Wie kamst Du auf Tschechien als Arbeitsplatz?
    Ich besuchte all die Länder, aus denen meine Ahnen kamen. Deutschland, Schweden, England und Tschechien. Prag kannte ich also schon. Es war immer mein Wunsch, irgendwann in meinem Leben ein Anwesen in Europa zu kaufen. Ich suchte Orte in den USA, um sie für den Aufbau von Sets zu benutzen und gleichzeitig meine Filme in meinem eigenen Haus zu drehen. Ich sprach mit einem Produzenten, mit dem ich in Prag an einem Drehbuch arbeitete, und er erwähnte einen Makler, der sich in preisgünstige tschechische Schlösser spezialisierte. In diesem Momente wußte ich, daß es das war, was ich wollte. Ich fuhr hin und sah drei Schlösser, die zu verkaufen waren. Das Schloß, das ich besitze, erfüllte alle Anforderungen, die ich zum Aufbau von Sets stellte, und es hat faszinierende historische und ästhetische Qualitäten. Ich wußte bis zum Zeitpunkt, an dem ich mein Angebot machte, nicht einmal von den niedrigen Steuern in Tschechien. Das war auch sehr hilfreich für mich.

Obwohl Du offensichtlich die Sprache sprichst, scheinst Du mit der Bevölkerung Prags und der kulturellen Szene nicht viel zu interagieren - mal abgesehen von Deinem Wissen um Fakten und Themen. Wie kommt das?
    Ich sprach darüber mit Juliette, aber in der fertigen Folge kam das vielleicht nicht ganz rüber. Als ich aufwuchs, war ich es gewohnt, daß die Leute in den USA mir als Schauspieler begegnen. Das mindert die Fähigkeit, auf andere Leute zuzugehen, vor allem im Ausland, wo man nicht nicht erkennt. Darüber hinaus verbringe ich die Zeit auf meinen Anwesen hauptsächlich mit Reparaturen und Restaurierungen und weniger mit Socializing. Ich habe immer gedacht, daß der soziale Aspekt für das Schloß kommt, wenn ich dort tatsächlich einen Film produziere.

Deine vielschichtige, textuell sehr reiche "It"-Trilogie steht scheinbar in einem sehr krassen Gegensatz zu den leicht verständlichen, stromlinienförmigen Blockbustern, in denen Du normalerweise spielst. Du sagtest auch, daß Du das Eine nur machst, um das Andere zu finanzieren, so wie viele Autoren und andere Künstler einen normalen Job ausüben, um zu überleben. Glaubst Du, daß Du jemals nur von Deiner Kunst leben können wirst?
    Ich lese immer, daß ich das gesagt haben soll. Aber es ist nicht wahr. Ich habe Freude daran, in den Filmen anderer Leute zu spielen, so wie ich Freude daran habe, meine eigenen Filme zu drehen. Ich mag es am Liebsten, in Filmen von anderen Leuten zu spielen, deren Ideen mir gefallen. Ich gebe zu, daß das nicht so oft vorkommt, wie ich es mir wünsche. Aber ich nehme meine Arbeit als Schauspieler sehr ernst. Im Moment ist es sehr schwer, die Kosten für meine Filme wieder reinzuholen. Ich bin sehr froh, in einem Geschäft zu arbeiten, in dem mir eine Seite - Schauspiel - die andere Seite - Filme machen - ermöglicht. Wenn das alles in einer Art des Filmemachens zusammekommt, ist das auch gut.

Obwohl es mir viel Freude bereitet hat, Dir bei der Annäherung an Juliette - die sehr ehrlich und authentisch rüberkommt - zuzusehen, scheinst Du mir eine gewisse Distanz nie zu verlieren, so als würdest Du Dich bewußt selbst darstellen. Ist das das Ergebnis dieser Situation, die dem Drehen eines Filmes sehr ähnlich ist? Oder siehst Du das ganz anders?
    Ich habe die Sendung gerade gesehen, und ich weiß, was Du meinst. Juliette geht mit der Situation viel natürlicher um als ich. Ich weiß, daß ich mich schon beim Dreh so fühlte, als würde ich eine Version meiner selbst, die über meine Filme spricht, verkörpern. Das unterscheidet sich stark von der Situation, wenn ich eine Figur in einer fiktiven Story spiele oder einfach nur in einem Stuhl sitze und zu meinen Projekten befragt werde. DURCH DIE NACHT MIT ist ein Hybrid aus einem formellen Interview und dem Zusammensein vor der Kamera mit einer Person, die man kennt. Aber man promotet sich auf jeden Fall doch. Das ist eine amüsante Kombination. Allerdings war jeder, der an der Sendung beteiligt war, sehr nett zu mir und es machte Spaß, das mit Juliette zu machen. Ich bin sehr dankbar, bei der Show mitmachen zu dürfen und den Zuschauern in Deinem Land ein bißchen was von mir erzählen zu können. Da ich oft in Tschechien weile, bin ich praktisch gleich nebenan, und ich würde gern mal in Eurem Land auf Tour gehen.

Im Vergleich zu den 90ern hast Du im vergangenen Jahrzehnt Deine Verpflichtungen praktisch verdoppelt. Wie kommt das?
    Zu Beginn des Jahrzehnts kam CHARLIE'S ANGELS raus. Das Geld, das ich dabei verdiente, ging direkt in die Produktion von IT IS FINE! EVERYTHING IS FINE. CHARLIE'S ANGELS lief so gut, daß viele Angebote an mich folgten und ich sowohl WHAT IS IT? und IT IS FINE! fertig stellen konnte. Ich drehte WHAT IS IT? zwischen 1997 und 2000. Und ich tourte gleichzeitig mit zwei Rohschnitten durch die USA und Kanada. In den 90ern war ich viel wählerischer. Ich brauchte kein Geld, um Filme zu machen. Ich spielte überhaupt nicht für zwei Jahre. Wenn ich an meinen Projekten arbeite, ziehe ich mich sehr zurück. Ich ziehe es vor, für andere zu spielen, bevor ich meine eigenen Filme nicht machen kann. Tatsächlich bin ich dankbarer für die Arbeit an den Projekten anderer Filmemacher, seit ich meine eigenen Filme finanziere.

Du bist ja tatsächlich Dein eigener Vertrieb geworden, da Du persönlich mit Deinen Filmen durchs Land reist. Das erinnert einen an die Urform von Theater. Siehst Du Dich in dieser Tradition?
    Absolut! Das ist Vaudeville-Filmvertrieb. Was bei DURCH DIE NACHT MIT nicht erwähnt wird, ist meine einstündige dramatische Lesung von acht verschiedenen illustrierten Büchern, die ich gemacht habe, und die hinter mich projiziert werden während meines Auftritts. Danach präsentiere ich den Film. Das ist Vaudeville. Filmvertrieb, der aus dem Vaudeville hervorgeht. Ich habe meine Filme in Deutschland und Würzburg gezeigt und würde sie gern noch in anderen Städten spielen. Margit Carstensen, eine von Fassbinders Stammschauspielerinnen, spielt eine Hauptrolle in IT IS FINE! EVERYTHING IS FINE! Ich glaube, viele Leute würden sie gern sehen. Sie hat das großartig gemacht und ich bin auf dem Film generell sehr stolz. Wenn es Kinematheken oder unabhängige Kinos in Deutschland gibt, die daran Interesse hätten, können sie mich unter booking@crispinglover.com kontaktieren. Oder irgendeiner Adresse unter www.crispinglover.com.

Was sind Deine nächsten Projekte?
    Mein Vater und ich haben noch nie zusammen gespielt. Mein nächstes Projekt soll das ändern. Das Drehbuch sieht gut aus und ich plane die Dreharbeiten in meinem Anwesen in Tschechien.
Ich muß die Sets finanzieren, die für diese Produktion sehr teuer werden. Ich habe gerade eine recht lukrative Rolle abgelehnt. Aus verschiedenen Gründen mochte ich nicht, wie die Figur geschrieben war und ich konnte sie nicht überzeugen, sie so zu ändern, daß ich mich damit wohl gefühlt hätte. Wenn ich nicht im Film von jemand anders spiele, wird es schwer, meine nächste Produktion zu starten. Es ist ein unaufhörlicher Kampf zwischen Kommerz und Kreativität.

Durch die Nacht mit... Juliette Lewis & Crispin Glover
Durch die Nacht mit... Juliette Lewis & Crispin Glover


Kritik von Björn Lahrmann
Gespräch mit Crispin Glover
Special zur Folge Juliette Lewis & Crispin Glover

Durch die Nacht mit... Forum



AFTER DARK Film TALK | Facebook | Twitter :: Datenschutzerklärung | Impressum :: version 1.20 »»» © 2004-2024 a.s.