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KAPITELWAHL

CHARLIES WELT - WIRKLICH NICHTS IST WIRKLICH (USA 2012)

von Sebastian Moitzheim

Original Titel. A GLIMPSE INSIDE THE MIND OF CHARLES SWAN III
Laufzeit in Minuten. 86

Regie. ROMAN COPPOLA
Drehbuch. ROMAN COPPOLA
Musik. LIAM HAYES . ROGER NEILL
Kamera. NICK BEAL
Schnitt. ROBERT SCHAFER
Darsteller. CHARLIE SHEEN . JASON SCHWARTZMAN . BILL MURRAY . KATHRYN WINNICK u.a.

Review Datum. 2013-11-02
Erscheinungsdatum. 2013-10-04
Vertrieb. KOCH MEDIA

Bildformat. 1.78:1 (anamorph)
Tonformat. DEUTSCH (DD 5.1) . ENGLISCH (DD 5.1)
Untertitel. DEUTSCH
Norm. PAL
Regional Code. 2

FILM.
Hinter CHARLIES WELT - WIRKLICH NICHTS IST WIRKLICH oder, so der etwas weniger beim Charlie Sheen-Publikum anbiedernde Originaltitel A GLIMPSE INSIDE THE MIND OF CHARLES SWAN III steht der talentierte Regisseur und Autor Roman Coppola (der immerhin dieses Jahr als Co-Autor von MOONRISE KINGDOM Oscar-nominiert wurde), doch will man den Film besprechen, muss man vor allem über Hauptdarsteller Charlie Sheen reden. Ein Blick auf die Prämisse des Films (und den Namen des Titelhelden, der von allen anderen Figuren auch "Charlie" genannt wird) macht deutlich, dass Coppola seinen Film um Sheens Image, seine in den letzten Jahren entwickelte öffentliche Persona herum konstruiert hat. Das führt unter anderem dazu, dass man sich einerseits in der Titelrolle keinen anderen Schauspieler vorstellen könnte, andererseits aber immer irgendwie Charlie Sheen und nicht Charles Swan vor sich sieht, sodass nie wirklich eine suspension of disbelief eintritt, man sich nie ganz auf die Welt des Films einlässt (ganz ähnlich wie im Falle von Mel Gibson in Jodie Fosters DER BIBER).

Sheen spielt also Charles Swann, einen Grafikdesigner in einer Schaffenskrise, der vergeb-lich nach Ideen für das Albumcover seines besten Freundes, des Comedians Kirby Star (Jason Schwartzman) sucht. Nebenbei trauert er seiner Exfreundin Ivana (Kathryn Winnick) hinterher und fantasiert über sie und seine vielen anderen Verflossenen.

Ich bin mir sicher, Roman Coppola glaubt, hier auf clevere Weise mit Charlie Sheens öf-fentlicher Persona zu spielen, vielleicht sogar einen Einblick in Sheens Psyche zu geben. Letz-teres ist nicht einmal ganz falsch, doch der Einblick, den wir hier bekommen, ist ein sehr ober-flächlicher: CHARLIES WELT zeigt seinen Protagonisten (/seinen Hauptdar-steller) als eine Art Peter Pan-Figur, als großen Jungen, der es nicht besser weiß und der bei all seinen Eskapaden, seinem rücksichtslosen Verhalten gegenüber anderen, noch immer aus un-erfindlichen Gründen von erstaunlich vielen Menschen geliebt wird. Wahrscheinlich sieht Charlie Sheen sich genau so und wenn Coppola wollte, hätte er hieraus einen Kommentar zu ableiten können zu Sheens Persona und seiner unerklärlicherweise noch immer großen Beliebtheit bei einem bestimmten Publikum. Stattdessen ist CHARLIES WELT jedoch nichts anderes geworden als ein vanity project für Sheen, ein Spielfilmlanger Promoclip zur Eh-renrettung eines fragwürdigen Stars.

Das irritierendste am Film ist dabei, wie viel Liebe und Herzblut offensichtlich hinter diesem Projekt steht, das letztlich nur ein belangloses Vehikel für seinen Hauptdarsteller ist. Das liebevolle Setdesign macht besonders die elaborierten Fantasiesequenzen zumindest visuell ansprechend (gerade angesichts des eher geringen Budgets sieht der Film durchaus beeindru-ckend gut aus). Die Nebendarsteller, allen voran Jason Schwartzman, werfen sich mit viel Ver-ve in ihre Rollen, selbst, wenn sie teils mit Material arbeiten müssen, das sie auch als persönli-che Beleidigungen hätten auslegen können: Bill Murray schenkt Coppola einen seiner dieser Tage eher seltenen Leinwandauftritte und muss als Charles Swanns Manager eine Rolle spielen, die nicht nur ohne eine einzige pointierte Dialogzeile oder irgendeinen einprägsamen Moment auskommen muss, sondern im Grunde auch ersatzlos aus dem Film gestrichen werden könnte. Auch die äußerst talentierte und komische Aubrey Plaza wird in einer Rolle verschwendet, die kaum über einen Statistenpart hinausgeht. Man fragt sich sowohl, warum solche Schauspieler in diesem Film, in solch blassen Rollen, mitgewirkt haben, als auch, warum Coppola sich überhaupt die Mühe machte, seinen Film mit soviel Talent zu besetzen, wenn er doch nichts damit anzufangen weiß.

CHARLIES WELT gibt am Ende also vor allem Rätsel auf: Roman Cop-pola hat offensichtlich genau den Film gemacht, den er machen wollte, und angesichts des Budgets dürften alle Beteiligten auch eher aus ideellen denn aus finanziellen Gründen mitgewirkt haben. Aber...warum? Ist Charlie Sheen tatsächlich noch immer so beliebt? Schuldete ganz Hollywood Roman Coppola einen Gefallen? Was auch immer die Beweggründe der Beteiligten waren, CHARLIES WELT ist eine Verschwendung von Zeit, Mühe und einer Menge Talent.

DVD.
An Bild- und Tonqualität gibt es nichts auszusetzen. Als Bonusmaterial gibt es einen Audio-kommentar mit Regisseur Roman Coppola und ein Making Of (ca. 25 Minuten), das neben dem üblichen "Roman ist der beste Regisseur, mit dem ich je gearbeitet habe"-Promo-Quatsch im-merhin auch ein paar interessante Details über die aufwändige Ausstattung des Films enthält. Dazu kommen ein Interview mit dem Künstler und Designer Charles White III, einer der Inspi-rationen für Sheens Figur und das Design des Films, sowie eines mit Synchronsprecher Arne Elsholtz (Bill Murray), das jetzt nur am Rande mit dem Film zu tun hat, aber dennoch das un-terhaltsamste Feature der DVD ist.








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