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FILM.
RE-ANIMATOR gehört nicht nur zu den ganz großen Genrekultfilmen, sondern gleichzeitig auch zu einer langen Reihe genialer Debüts, deren Regisseure das gegebene Versprechen nie wieder so recht einhalten konnten. Was ausgesprochen schade ist, denn Stuart Gordons grelle Splattergroteske macht auch bald 30 Jahre später noch eine mehr als gute Figur. Das liegt allerdings nicht unbedingt am Plot, denn der entpuppt sich trotz H.P. Lovecraft-Vorlage letztendlich als ein "Frankenstein"-Update: Medizinstudent Herbert West kann mittels neongrüner Flüssigkeit Tote ins Leben zurückspritzen, was allerdings nicht ganz reibungslos funktioniert, die krawallenden Untoten kriegen entweder via zauberhafter Oldschool-Mantscheffekte ein Gesichtslifting verpasst und/oder sorgen für Kollateralschaden, den man natürlich tunlichst verbergen will. Als West bei Kommilitone Dan unterschlüpft und kurz darauf dessen Freundin Megan die vermisste Hauskatze im Kühlschrank des unheimlichen Mitbewohners wieder findet, steht Ärger an, doch die wahren Probleme stehen schon auf der Matte: Dr. Hill, der sinistre Gehirnspezialist der Uni ist nicht nur verknallt in Megan sondern auch sauer auf den arroganten Nachwuchsmediziner mit Gottkomplex...
RE-ANIMATOR erschien zu einer Zeit als der harte Horrorfilm langsam am abklingen war und gab zusammen mit RETURN OF THE LIVING DEAD den Startschuss zu einer ganzen Reihe an feuchtfröhlichen Genrespäßen unter die 1992 Peter Jackson mit BRAINDEAD einen vorläufigen Schlussstrich zog. Allerdings macht Gordons Film vor allem eins richtig, was seinen Mitbewerbern (allerdings auch dem Regisseur selber bedauerlicherweise) oft nicht mehr gelingen sollte: Er findet die richtige Balance. RE-ANIMATOR ist grotesk, aber nicht albern und er vergisst bei allem makaberen Witz den Spannungsbogen nicht. Ebenso pfleglich geht er mit seinem Figurenpersonal um: Jeffrey Combs vermeidet den leichten, den nahe liegenden Weg und legt Herbert West nicht als Mad-Scientist-Cartoonfigur an, sondern spielt seinen später so ikonisch werdenden Wissenschaftler als zwischen spröde und hibbelig pendelnden Getriebenen im besten Anthony Perkins-Modus. Zwar total gaga, aber halt auch glaubwürdig und mit einem tragischen Unterton. Bruce Abbott und die wunderbare Barbara Crampton als Stundentenpärchen stehen da (auch rollenbedingt) etwas zurück, aber auch hier wird der gerade in den 80er-Jahren so häufig anzutreffende Flachpfeifen-Modus vermieden, beide sind sympathische, nachvollziehbare Charaktere fern jeder Karikatur, man versteht Abbotts Schwanken zwischen Vernunft und Wahnsinn und möchte Crampton am liebsten selber retten da einfach so wahnsinnig nett und vor allem noch die Vernünftigste im Trio.
Erst diese Erdung im Herzen macht RE-ANIMATOR zu so einem großartigen Film, auch für Leute, die der humoristischen Seite des Horrorgenres nicht so zugeneigt sind. Selbst wenn dann im letzten Drittel der Irrsinn endgültig Oberhand gewinnt und allerhand krude, zum Teil herrlich schwarzhumorig-obszöne Ideen aufgefahren werden, gerät das nie zum reinen showcase, der Film möchte bis zur letzten Minute, dass wir mit unserer ganzen Liebe bei ihm sind. Ziel erreicht.
BLU-RAY.
Braucht's von einem Film, der im Laufe der Jahre grob geschätzt 1 Trilliade mal veröffentlicht wurde, tatsächlich noch eine Veröffentlichung? Ja, wenn das Ergebnis so überragend ausfällt wie in der vorliegenden Edition, sehr gerne sogar - Capelight haben hier sozusagen die Veröffentlichung to end all other Veröffentlichungen vorlegt, Besser geht nicht mehr.
Das fängt schon bei der Bildqualität an: RE-ANIMATOR wurde von Hand (!) (nix Maschine!) sorgfältig Bild für Bild durchgeputzt, in 4K abgetastet und auf HD runterkonvertiert. Es finden sich zwar trotzdem noch kleine Bildunruhen und Laufstreifen im Bild, aber - und das ist der entscheidende Punkt - man wollte die Bildung von Artefakten, die bei allzu krampfhafter Glattbügelung mit diversen Restaurierungsspielzeug oft eintritt, vermeiden und entschied sich dafür, die noch vorhandenen Fehler einfach so weit wie möglich zu minimieren.
Diese wohl überlegte Vorgehensweise zahlt sich aus: Die Farben sind klar und kräftig, der Kontrastumfang total ausgewogen, helle und dunkle Flächen werden hervorragend voneinander abgegrenzt. Zudem hat man dankenswerterweise auch verzichtet, an den Schärfereglern zu spielen wodurch die Konturen sehr klar und sauber wirken, der seltsame Aufklappbuch-3D-Effekt, welcher sich bei sovielen Zutoderestaurierungen einstellt, fällt weg. Das Bild hat eine natürliche, dem Material absolut angemessene Schärfe, man wird staunen, wieviele Details einem plötzlich auffallen. Ein ganz großes Juhu auch dafür, dass man das Filmkorn dringelassen hat - im grassierenden "Schärfer als die Realität"-Irrsinn leider alles andere als eine Selbstverständlichkeit.
Ebenfalls mit Bedacht wurde beim Ton vorgegangen:
Da die deutsche, übrigens sehr gute, Synchronfassung (mit Top-Sprechern wie Christian Tramitz und Klaus Kindler) schon damals nicht gerade mit Priorität behandelt wurde bzw. man, auch dank der Zensurgeschichte des Films, nur auf völlig unzureichende Quellen zugreifen konnte, entschied man sich für eine einfache Stereospur, die die Nebengeräusche und die Musik meistens kräftig wiedergibt, aber gerade bei den Dialogen das schlechte Ausgangsmaterial nicht verschleiern kann. So wechselt sich eine gute, natürlich Klangqualität mit dumpfer Kratzigkeit ab, leichtes Rauschen, Knistern und Knacksen muss auch in Kauf genommen werden. Der HD-Mehrkanalton in 7.1 klingt etwas breiter, kämpft aber mit den selben Problemen der Stereospur. Das liest sich jetzt alles schlechter als gemeint, qualitatsmäßig hat man dennoch einen Sprung nach vorne gemacht und auch hier entschloß man sich - Halleluja - zu keinen vermeintlichen "Verbesserungen", man denke nur an die zahlreichen misslungenen Neusynchronisationen der letzten Jahre.
Wesentlich besser schneided da die englische Originalversion ab, die weitaus klarer klingt und natürlich ohne qualitative Schwankungen auskommt. Beide Varianten (DTS-HD 5.1 und Stereo, letztere allerdings nur in der Unrated-Version) haben nur leichte Makel (teilwiese etwas dumpf, leichtes Rauschen und Knistern in der Stereospur) und können sich absolut hören lassen.
Allein was die technische Seite angeht könnte man ohne Bedenken eine dicke Empfehlung aussprechen, aber Capelight hat noch viele weitere Leckerlis im Gepäck:
Zum einen liegt der Film in der von Gordon & Produzent Brian Yuzna abgesegneten Unrated-Version vor, zum anderen in einer 18 Minuten längeren "Integralen Version". Diese kombiniert den ungekürzten Splatter der Unrated-Version mit den zusätzlichen Handlungsszenen der R-Rated und TV-Version, die damals eingefügt wurden um Gewaltkürzungen wieder auszugleichen. Welche Fassung die bessere ist liegt im Auge des Betrachters: Eingefleischte Fans werden ganz klar für den Regisseur als letzte Instanz argumentieren, es ist anderseits aber auch kaum von der Hand zu weisen, dass die intergrale Version aus RE-ANIMATOR einen zwar langsameren, aber inhaltlich deutlich runderen Film macht. Qualitätsmäßig bewegt sich diese Version auf Augenhöhe mit dem Unrated-Cut, es wurde hier ebenso aufwendig und liebevoll restauriert, man könnte vor Freude weinen. Des Weiteren findet sich auf der zweiten Scheibe als Hidden Feature auch noch die TV-Fassung, die allerdings nicht mehr als eine nette Dreingabe für Hardcore-Fans ist.
Hochinteressant und unterhaltsam sind die beiden nicht untertitelten Audiokommentare. In einem spricht Stuart Gordon in seiner bekannt trockenen, aber informativen Art über die Entstehung des Films, der andere wird von Brian Yuzna, Jeffrey Combs, Bruce Abbott, Barbara Crampton und Robert Sampson bestritten, die mit hörbarer Freude über den Film plaudern. Die von Anchor produzierte, rund einstündige Dokumentation "Re-Animator Resurrectus" leuchtet mit vielen Beteiligten erneut den Background des Films aus und dürfte vor allem dank diversen Fotos von Dreharbeiten für Fans interessant sein. Bei der als "Interview" mit Stuart Gordon und Brian Yuzna bezeichneten Featurette handelt es sich eher um eine lockere, dreiviertelstündige Gesprächsrunde der beiden sympathischen Filmemacher, die hier nochmal eine Vielzahl von Anekdoten und Fakten zum Besten geben. Interviews im eigentlichen Sinne finden sich mit Autor Dennis Paoli, Komponist Richard Band (richtig, der Bruder von B-Film-Mogul Charles Band) und "Fangoria"-Redakteur Tony Timpone, wobei letzteres, wie so oft, wenn Außenstehende rangezogen werden, völlig uninteressant ist.
Nahrhaft ist auch die "Musikanalyse": Anhand von vier Szenen erläutert Richard Band, wieso er die Musik an diesen Stellen so und nicht anders gestaltet hat. Weiterhin läßt sich bei drei Szenen mittels Multi-Angle-Funktion die jeweilige Szene mit den Storyboards vergleichen. Toll auch das entferne Material: Ganze 16 erweiterte Sequenzen und die nie verwendete Traumsequenz, die hier übrigens auch komplett restauriert wurde und zudem noch in 4K-Abtastung vorliegt, hat man hier zur Auswahl. Allerdings tauchen die erweiterten Szenen in der integralen Version wieder auf, ob eine separate Anwahl Sinn macht, ist Ansichtssache, jedenfalls handelt es sich fast ausschließlich um wertigen, sehenswerten Stoff. Der isolierte Filmscore, der Trailer zum Hauptfilm und zu SOCIETY von Brian Yuzna, diverse TV-Spots und Trailer zu weiteren Filmen des Anbieters runden das megafette Paket ab.
Nicht unerwähnt bleiben sollte auch das schicke, hochwertig und stabil wirkende Mediabook, dass neben den drei Disks auch noch ein 24seitiges Booklet mit Infos zur Vorlage und zum Film enthält.
Fazit:
Ich bin wahrlich kein Fan von meiner Meinung nach ohnehin zu oft und zu schnell verwendeten Superlativen, aber man kann hier wohl ohne weiteres zementieren, dass Capelight das Thema RE-ANIMATOR veröffentlichungstechnisch wohl ein für alle Mal beendet hat. Hier wurden in Hinblick auf Qualität und Sorgfalt schwindelerregende Maßstäbe gesetzt, an denen Mitbewerber zukünftig schwer zu knabbern haben werden. Besser geht nicht mehr.
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