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KAPITELWAHL

TOTAL RECALL (USA 1990)

von David Leuenberger

Original Titel. TOTAL RECALL
Laufzeit in Minuten. 109

Regie. PAUL VERHOEVEN
Drehbuch. RONALD SHUSETT . DAN O'BANNON . GARY GOLDMAN
Musik. JERRY GOLDSMITH
Kamera. JOST VACANO
Schnitt. FRANK J. URIOSTE
Darsteller. ARNOLD SCHWARZENEGGER . RACHEL TICOTIN . SHARON STONE . MICHAEL IRONSIDE u.a.

Review Datum. 2012-09-28
Erscheinungsdatum. 2012-09-08
Vertrieb. STUDIO CANAL

Bildformat. 1.85:1 (anamorph)
Tonformat. DEUTSCH (DD 5.1) . ENGLISCH (DD 5.1)
Untertitel. DEUTSCH
Norm. PAL
Regional Code. 2

FILM.
Auf den ersten Blick ist TOTAL RECALL ein typischer Action-SciFi-Kracher, der ungefähr so subtil ist wie der sprichwörtliche Elefant in einem Porzellanladen. Er enthält die wohl wichtigste Zutat, die man von einem Hauruck-Actioner aus den späten 1980er bzw. frühen 1990er Jahre erwartet: einen charismatischen Helden, gespielt von einem (auch schauspielerisch) eher grobschlächtigen Darsteller, der in einem Sturmgewitter an wilder Action alle Bösewichter blutig wegrotzt und dabei ohne Rücksicht auf political correctness coole One-Liner von sich gibt. Die Würze zu diesem Rezept geben dann noch die SciFi-Elemente: eine Reise zum kolonisierten Mars, Mutanten mit komischen Körperverformungen und eine Storyline über verpflanzte Erinnerungen. Das ganze wird mit einer derartigen Atemlosigkeit präsentiert, dass es die reinste Freude ist.

Wäre TOTAL RECALL "nur" ein SciFi-Actioner, dann würde er trotzdem noch heute als großartiger Klassiker des Genres gelten. Doch der Film ist weitaus mehr. In Martin Scorseses und Michael Henry Wilsons Koordinatensystem zur Klassifizierung von Hollywood-Regisseuren sollte Paul Verhoeven wahrscheinlich am besten als Ikonoklast eingeordnet werden. Seine persönlichen und höchst subversiven Visionen versteckt der niederländische Filmemacher nur sehr dürftig hinter einem Genre-Feigeblatt. Dahinter befindet sich ein bildgewaltiger Abgesang auf die Pervertierung des Amerikanischen Traumes im allgemeinen und in der Reagan-Ära im besonderen.

TOTAL RECALL zeigt eine albtraumhafte Dystopie, in der die vollständige Kommerzialisierung des Lebens (und zugleich der Aufbau eines Sicherheitsstaates) jegliche intellektuelle Bemühungen ausradiert, jegliche moralisch-ethische Fragen verdrängt, alle Lebensläufe technischer und pekuniärer Machbarkeit unterwirft und ein permanentes Friede-Freude-Eierkuchen predigt. Es ist eine Welt, in der man nicht nur Pauschal-Urlaub, sondern auch Pauschal-Erinnerungen kaufen kann. Eine Welt, in der die Umverteilung von unten nach oben wie selbstverständlich ist. Eine Welt, in der es keine Bürger, sondern nur Konsumenten gibt. Eine Welt, in der der Gouverneur eines Staates mit einem breiten Lächeln im Gesicht alle jene krepieren lässt, die sich die privatisierte Sauerstoff-Versorgung nicht mehr leisten können. Mit anderen Worten: das reinste Paradies für fanatische Anhänger eines "Liberalismus à la Reagan". Als Extrem-Satire auf das zeitgenössische Amerika stellt sich TOTAL RECALL relativ nahtlos in eine Reihe mit anderen Filmen aus dem Verhoeven-Oeuvre, die dem amerikanischen Publikum trotz Mainstream-Produktionsbedingungen regelrecht genüßlich ans Bein gepisst haben: ROBOCOP, SHOWGIRLS, STARSHIP TROOPERS.

Dass der Film ein solch großer kommerzieller Erfolg hatte, liegt nicht zuletzt daran, dass man ihn, wie eingangs erwähnt, als reine Action-SciFi genießen kann, die die erwarteten Genre-Elemente sogar bis in cartoonhafte Gefilde überhöht. Die oft kritisierte extreme Gewalt wirkt eher befremdlich grotesk als emotional schockierend. Die Over-the-Top-Inszenierung mit ihrem verdrehten Sinn für Humor wird die Herzen von Action-Fans höher schlagen lassen, während die Science-Fiction-Story um eingepflanzte Erinnerungen sowie multiple Wirklichkeiten eine Tiefe und intellektuelle Reife hat, von der viele Science-Fiction-Filme - wie passend - nur träumen können.

22 Jahre nach der Erstaufführung hat TOTAL RECALL auch bei mehrfacher Sichtung nichts von seiner Faszination verloren, auch wenn manche dumme Leute, die den Film weder mögen geschweige denn verstehen, der Meinung sind, dass sie einen "aktuelleren" Streifen produzieren können. Mögen diesen Leuten auf Mars die Augäpfel und Zungen heraus-vakuumiert werden!

DVD.
DVD: Bild und Ton sind in Ordnung, wenngleich alles andere als kristallin. Noch mehr als bei anderen Filmen drängt sich bei TOTAL RECALL die Sichtung im Originalton auf: alle Dialoge und One-Liner Arnies werden mit einem richtig dicken österreichischen Akzent geliefert, der den grotesken Humor des Films tatkräftig unterstützt und ergänzt. Wer von wunderschönen und menschelnden westeuropäischen Englisch-Akzenten nicht genug kriegt, kann sich den Film mit Audiokommentar von Verhoeven und Arnie anhören. Dazu gibt es - beides relativ interessant - noch ein Interview mit dem Regisseur und eine kurze Doku über die Realisierung der Spezialeffekte.








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