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KAPITELWAHL

SUPER - SHUT UP, CRIME! (USA 2010)

von Sebastian Moitzheim

Original Titel. SUPER
Laufzeit in Minuten. 96

Regie. JAMES GUNN
Drehbuch. JAMES GUNN
Musik. TYLER BATES
Kamera. STEVE GAINER
Schnitt. CARA SILVERMAN
Darsteller. RAINN WILSON . ELLEN PAGE . KEVIN BACON . LIV TYLER u.a.

Review Datum. 2012-04-10
Erscheinungsdatum. 2012-01-27
Vertrieb. KOCH MEDIA

Bildformat. 1.85:1 (anamorph)
Tonformat. DEUTSCH (DTS/DD 5.1) . ENGLISCH (DD 5.1)
Untertitel. DEUTSCH
Norm. PAL
Regional Code. 2

FILM.
Neun Jahre dauerte es vom ersten Drehbuchentwurf bis zum US-Start von SUPER - SHUT UP, CRIME!. Regisseur James Gunn konnte nur mit Mühe Finanzierung gewinnen und nur, weil viele Darsteller freiwillig für kleines Geld arbeiteten, konnte der Film mit seinem geringen Budget realisiert werden. In den USA floppt der Film an den Kinokassen (konnte allerdings über VOD und auf DVD Erfolge verzeichnen), in Deutschland bekam er erst gar keinen Kinostart, sondern lief nur auf dem letztjährigen Fantasy Filmfest und erschien dann dieses Jahr direkt auf DVD.
Wirklich verwunderlich ist nichts davon: SUPER ist düster, brutal und fordernd und verweigert sich einer klaren moralischen Einordnung seiner Figuren genauso wie einer Genrezuordnung. Man muss wohl froh sein, dass dieses kleine, sperrige Meisterwerk überhaupt, unter welchen Umständen auch immer, gedreht wurde.

Die Grundidee - ganz normale Menschen beschließen, als Superhelden gegen das Verbrechen zu kämpfen - ist nicht neu und war zuletzt Grundlage des sehr erfolgreichen KICK-ASS. Vielleicht ist das Timing der Veröffentlichung von SUPER daher etwas ungünstig, doch man sollte ihn deshalb nicht als bloßen Abklatsch abtun. Denn im Gegensatz zu KICK-ASS denkt SUPER seine Prämisse konsequent zu Ende: Wo KICK-ASS letztlich doch den Regeln des Genres folgte und seinen Protagonisten, den klassischen socially awkward Teenager, zum Helden stilisierte, dekonstruiert SUPER den Superhelden-Mythos und wird zur Meditation über Gewalt, Moral, Selbstjustiz und sogar Religion. Und macht trotzdem noch mindestens soviel Spaß wie KICK-ASS.

"Held" des Films ist Fastfood-Koch Frank (Rainn Wilson). Nachdem seine Frau (Liv Tyler) ihn für Gangster Jacques (Kevin Bacon) verlässt, beschließt er, nach einer angeblich göttlichen Vision, selbst für Gerechtigkeit zu sorgen: Als Superheld "Crimson Bolt" kämpft er zunächst allein gegen das Verbrechen, später rekrutiert er Comic-Verkäuferin Libby (Ellen Page) als seinen übereifrigen Sidekick "Bolty".

Wenn Frank zu Beginn tatenlos hinter einem Müllcontainer sitzt und darauf wartet (und hofft), dass sich irgendein, sei es noch so kleines, Verbrechen ereignet, dann ist das zunächst lächerlich und lustig und ein Bisschen traurig. Wenn er dann jedoch später mit der Rohrzange auf Verbrecher einprügelt und dabei keinen Unterschied macht zwischen Pädophilen, Drogendealern und Menschen, die sich in der Schlange vorm Kino vordrängeln, vermittelt er weniger den Eindruck des harmlosen, geistig etwas verwirrten Versagers als den eines Psychopathen, desensibilisiert gegen Gewalt und ohne Sinn für Moral und Gerechtigkeit - nur um dann neben Libby, für die die Verbrecherjagd vor allem Auslebung ihrer Gewaltphantasien bedeutet und fast mit sexuelle Stimulation verbunden ist, beinahe wie die Stimme der Vernunft zu wirken.

SUPER ist so schwer zu fassen wie sein Protagonist. Die grotesken Effekte während Franks Visionen und Comics entlehnte Elemente wie Sprech- und "Geräuschblasen" geben einzelnen Sequenzen eine surreale, cartoonhafte und manchmal etwas alberne Qualität. Daneben stehen aber immer wieder explizite, realistische Gewaltdarstellungen, die daran erinnern, dass Franks "göttliche Mission" weder heroisch noch harmlos ist. Und doch ist Frank irgendwie auch eine tragische Figur, mit der man mitfühlen kann, SUPER auch ein Film über die persönliche Reise seines Protagonisten, der neben Mythos-Dekonstruktion und satirischem Kommentar auf sein Genre auch Platz lässt für menschliche Momente.

Man spürt, dass es auch für die Besetzung eine Herzensangelegenheit war, in diesem Film mitzuwirken und solch vielschichtige Charaktere zu spielen. Kevin Bacon und Liv Tyler, die größten Namen im Cast, spielen in relativ kleinen, aber wichtigen Nebenrollen ihre interessantesten Figuren seit Jahren. Ellen Page ist ohnehin immer brillant, spielt hier allerdings eine Figur, die im Vergleich zu ihren üblichen Rollen, besonders ihrer Karriere-definierenden Teenagerheldin Juno und deren zurückgelehnt-ironischer Hipsterattitüde, beinahe eine 180°-Wende darstellt: Libby ist aufgedreht, hysterisch und verstörend enthusiastisch über die Chance, Kleinkriminelle it einer Rohrzange blutig zu prügeln. Page spielt sie mit unbändiger, ungekannter Energie und viel Gespür für die absurden, komischen Seiten der Rolle. Herz des Films ist jedoch Rainn Wilson, der alle Nuancen seiner Figur mühelos verkörpert, mal den unscheinbaren Verlierer, mal den charismatischen leading man gibt und Frank bei aller cartoonhaften Überzeichnung stets in der Realität verankert.

Anders als so viele "normale" Superhelden Filme biedert SUPER sich nicht beim "Man muss auch mal sein Gehirn ausschalten."-Popcornkino-Publikum an, sondern verlangt vom Zuschauer, mitzudenken und selbst über die Figuren und ihr Verhalten zu urteilen. Die Fragen, die er aufwirft, sind die, die sich eigentlich bei jedem Superheldenfilm aufdrängen müssen, wenn man das Geschehen auf der Leinwand hinterfragt. SUPER ist so gleichzeitig der beste Beitrag zum Superheldengenre seit Jahren und ein längst überfälliger Kommentar darauf, der, so kompromiss- und respektlos er gegenüber seinem Genre erscheint, auch mehr Liebe zu Comcis und Superhelden beweist als die meisten anderen Genrebeiträge.

DVD.
An Bild- und Tonqualität gibt es nichts auszusetzen. Besonders erfreulich sind die Extras, die sowohl durch bloße Fülle als auch durch Qualität begeistern: Neben den Klassikern - Deleted Scenes, Blick hinter die Kulissen und ein sehr guter Audiokommentar mit James Gunn und Rainn Wilson - gibt es beispielsweise einen in der Bildqualität etwas schwachen, aber inhaltlich sehr interessanten Mitschnitt eines ComicCon-Panels und ein eigens für die deutsche DVD aufgezeichnetes, halbstündiges Interview mit James Gunn, in dem dieser tatsächlich faszinierende Einsichten in seine persönliche Sicht auf den Film und seine Figuren preisgibt. Highlight sind jedoch alle Episoden von James Gunns PG PORN - Pornos für Menschen, die alles an Pornos lieben, außer den Sex.








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