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KAPITELWAHL

KICK-ASS (USA 2010)

von Hasko Baumann

Original Titel. KICK-ASS
Laufzeit in Minuten. 112

Regie. MATTHEW VAUGHN
Drehbuch. JANE GOLDMAN . MARK MILLAR . MATTHEW VAUGHN
Musik. JOHN MURPHY . HENRY JACKSON
Kamera. BEN DAVIS
Schnitt. PIETRO SCALIA
Darsteller. AARON JOHNSON . CHRISTOPHER MINTZ-PLASSE . CHLOE MORETZ . NICOLAS CAGE u.a.

Review Datum. 2010-09-22
Erscheinungsdatum. 2010-09-16
Vertrieb. UNIVERSAL

Bildformat. 2.40:1 (anamorph)
Tonformat. DEUTSCH (DD 5.1) . ENGLISCH (DD 5.1) . SPANISCH (DD 5.1)
Untertitel. DEUTSCH . ENGLISCH . SPANISCH
Norm. PAL
Regional Code. 2

FILM.
KICK-ASS ist ein sehr moderner Film. Es ist kein visionärer, anspruchsvoller oder gar relevanter Film. Es ist nur ein sehr moderner Film. Die Art Film, die sich wunderbar mit einer dieser Marketingkampagnen verkaufen läßt, bei denen man für jede einzelne Hauptfigur ein eigenes Poster anbietet. Die Art Film, die von mittlerweile völlig weggetretenen Redaktionen britischer Filmmagazine schon Monate im Vorfeld als "coolest flick ever" ausgerufen wird. Die Art Film, bei der die Popcorn- und Frittenfraktion, die ihre dicken Ärsche in die Stühle der Comic Con in San Diego preßt, schon feuchte Hosen beim ersten Trailer bekommt. Die Art Film, bei der etwa die Leistung der minderjährigen Darstellerin Chloe Moretz schon zur Sensation ausgerufen wird, bevor irgendjemand KICK-ASS überhaupt nur gesehen hat. Die Art Film, die einfach nur gut gefunden werden will, total cool eben, einfach fantastisch, und natürlich direkt Platz 5 in der ewigen Bestenliste der Internet Movie Database, die sich mittlerweile offenbar als gültiger Maßstab etabliert hat. KICK-ASS ist vor allem ein sehr moderner Film, weil es in ihm um absolut gar nichts geht. Nur um die total coole Darstellung von Gewalt, die mittels so ohrenbetäubendem wie flunderplattem Soundtrack bis zur absoluten Gleichgültigkeit abgemildert wird.

Die aufgrund ihrer Gewalttätigkeit zwar durchaus diskussionswürdige, aber schon allein der Gestaltung durch John Romita Jr. wegen lesenswerte Comic-Vorlage von Mark Millar wurde für die Verfilmung den vermeintlichen Bedürfnissen eines verdooften Multiplex-Publikums angeglichen. Wie? Indem man sämtliche Ambivalenzen eliminierte und die Story auf das Niveau einer knallbunten Teenie-Klamotte runterdoofte. So gibt es etwa auch hier Katie, das Traumgirl von Obernerd Dave, das sich nur mit ihm abgibt, weil sie denkt, er sei schwul. Im Film nun erfährt sie bald, daß er als Möchtegern-Superheld Kick-Ass durch die Stadt zieht und wird sofort total geil auf ihn. Im Comic hingegen verläßt sie ihn angewidert, als sie erfährt, daß er nur so getan hat, als sei er schwul. Genauso verhält es sich mit den maskierten Verbrechensbekämpfern Big Daddy und Hit-Girl, denen Kick-Ass bei seinen Kreuzzügen begegnet: Big Daddy erhält im Film eine Back Story (gezeichnet und animiert), die ihn als Verbrechensopfer samt toter Frau ausweist. Im Comic stellt sich heraus, daß das alles nur gelogen ist; im Film wird allen Ernstes Empathie mit diesen Psychopathen eingefordert. Überhaupt besteht im Comic kein Zweifel am Sadismus und an der Brutalität der vermeintlichen Rächer Big Daddy und Hit-Girl, während sie im Film nur als Lieferanten geschmackloser Gags dienen und das viehische Geschlachte, das hier ein wüst fluchendes Kind unter den Kriminellen anrichtet, nur als voll cooles Gruselkabinett mit zitierfähigen Sprüchen für grenzperverse Saubermänner.

Falls es der Plan gewesen sein sollte, mit diesem dumpfen, inhaltslosen Quatsch rund um Selbstjustiz übende Spinner einfach nur blöd rumzuprollen und Spießer mit eingeschlafenen Füßen in den Arsch zu treten, so hat man sich leider den falschen Regisseur ausgesucht. Matthew Vaughn - der immerhin seiner Frau Claudia Schiffer ein hübsches Denkmal setzt - inszeniert so dermaßen einfallslos, so peinlich platt nach dem Prinzip "alle auf den Ball", mit jedem Schnitt auf die Eins und jeder Kamerabewegung auf den "coolen Spruch" zu, daß man jegliche diesem Film allen Ernstes unterstellten Wagnisse - inhaltlich wie formal - nur als feuchten Traum unterversorgter Geeks wegschließen kann. Die ruppige und mitunter leicht surreale Ästhetik des Comics macht einer bunten "Is doch egal"-Ästhetik im Stile von Judd Apatow-Komödien Platz und besetzt in den Hauptrollen die nichtssagenden Hackfressen, die man auch schon aus eben jenem Universum kennt, während die alte Garde mit Mark Strong und Nicolas Cage auf das fade Abspulen bekannter Manierisen reduziert wird. Der jede Situation kommentierende, überlaute und ohne Sorgfalt gewählte Soundtrack erzählt noch dem letzten Hirni, wie er welche Szene zu verstehen hat und bringt zum Finale (inklusive Hit-Girl in Schulmädchenoutfit für die Sabberlappen mit den Chicken Wings vorm Rechner) mit Ennio Morricone noch die schlechten Angewohnheiten von Quentin Tarantino zur Überreife.

Was im Comic immerhin noch ein entgrenztes Spiel mit den Mechanismen und Gegebenheiten des eigenen Mediums war, wird im Film zur endlos faden Aneinanderreihung öder und ärgerlicher Szenen im vorhersehbaren Wechsel. Der witzfreie Humor sorgt für kräftiges Schenkeklopfen bei der Fraktion, die sowas sowieso gut finden will, und die blutige, aber komplett uninspirierte "Action" für anerkennenden Applaus von allzu belesenen Metafreaks. KICK-ASS ist ein manipulativer, aber auch längst manipulierter Müll, der bei weitem nicht so schlau ist, wie er daherkommt, und als Film ein langweiliger und abstoßender Trumm mit dem ätzendsten Kind der Neuzeit in der Schlüsselrolle. Diese Schmorgurke mit den lila Haaren macht sogar Will Smiths Brut Konkurrenz.

DVD.
Guter Ton, gutes Bild, Synchro geht so. Im Bonusbereich ein recht öder Audiokommentar von Matthew Vaughn (deutsch untertitelt) und ein gelungenes Featuer über die Comic-Vorlage.








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