|
FILM.
Auch wieder so ein Film der Marke "Meisterwerk", die irgendwie nicht so richtig passen will, kratzt und juckt und letztlich nervt. Ein großes Werk des Horror-Genres soll WENN DIE GONDELN TRAUER TRAGEN sein, dessen Titel sich eher wie ein ZDF-Sonntagsfilm-Krimi anhört. Was nicht bedeuten soll, dass er nicht schön poetisch wäre und dabei sogar mehr Melancholie versprüht als im Original das DON'T LOOK NOW. "One of the most disturbing of films" verspricht das British Film Institute (BFI), welches Nicolas Roegs Trauer-Thriller auf #8 der 100 besten britischen Filme aller Zeiten verortet. Kein Film für Zartbesaitete, sagt das BFI. Umso erstaunlicher, wie unspannend er gerät.
Donald Sutherland verirrt sich hier in den leeren Gassen Venedigs und in seiner eigenen, unbewussten Fähigkeit der Vorahnung. Kleinwüchsige "Rotkäppchen" und wild gackernde blinde Medien attackieren seine Nerven und Julie Christie derweil seine Lenden. Mittendrin: Ein Zwischenschnitt-Stakkato, das mit der Holzschlaghammer-Methode Symbolismus zu propagieren versucht. Regen! Wasser! Teich! Tod! Immer wieder rennt die unschuldige Filmtochter am Tümpelteich vorbei, flankiert vom kalten Nass. Konsequent natürlich dann die Location Venedig, da Stadt-im-Wasser und Wasser=Tod. Wer das nicht selbst in den ersten Minuten begriffen hat, bekommt es im Bonusmaterial nochmals erklärt.
Dafür, dass DON'T LOOK NOW nichts für schwache Nerven sein soll, gerät er für diese erschreckend nervtötend. Insbesondere deswegen, weil das zur Schau gestellte Faible für den Zwischenschnittssymbolismus wenig harmonisch ausfällt. Und so offensichtlich der Film seine Wasser-Thematik zur Schau stellt, desto undurchsichtiger ist seine Porträtierung der Charaktere. Von der vermuteten und seitens der Macher gepriesenen Trauer sehen wir nur bedingt etwas. Einen Ohnmachtsanfall von Christie, als sie von der Botschaft ihrer toten Tochter erfährt und eben Sutherlands Faszination mit der "Rotkäppchen"-Gestalt. Im Vergleich zu Figuren mit ähnlicher Erfahrung wie in RABBIT HOLE wirken Roegs Charaktere allerdings wie auf der Hochzeitsreise.
So ist es dann eine Überraschung, als man im Bonusmaterial erfährt, dass die legendäre Sexszene der Hauptfiguren den ersten Geschlechtsverkehr seit Jahren (nicht erst seit dem Tod der Tochter) repräsentieren soll. Ein Akt der Lust und Liebe nach einer Periode der Unzufriedenheit, Entfremdung und Trauer also - nur merkt man davon im Film selbst wenig. DON'T LOOK NOW ist also ein Werk, in das Bedeutung erst von außen hinein getragen werden muss, anstatt dass sie dem Film selbst inhärent wäre. "Nichts ist, wie es scheint", sagt Sutherland zu Beginn. Eine Aussage, die ein gewisses Meta-Element besitzt, bedenkt man beispielsweise die Bedeutung der Sexszene. Vielmehr jedoch ein voraus greifender Selbstkommentar in diesem, dem Determinismus folgenden, Mystery-Filmchen.
Schön anzusehen ist das durch die Kulisse Venedigs zwar durchaus, angesichts der wenig spannenden und bisweilen eher befremdlichen Handlung allerdings auch reichlich ermüdend. Der Schmerz und die Trauer der Eltern werden unzureichend ausgearbeitet beziehungsweise in Relation zum eigentlichen Geschehen gesetzt. Die mögliche Deutung der Prämisse - starb die Tochter im Zuge einer Warnung oder als Auslöser der Ereignisse? - fesselt und fasziniert nur oberflächlich. Angesichts des langatmigen Filmes, der wenig "gruselig" gerät und erst in seinem Finale einen Hauch von Atmosphäre entwickelt, aber im Grunde auch nur konsequent. Letztlich ist DON'T LOOK NOW so ein Meisterwerk, das einen wenig juckt und vielmehr nervt. Weniger ein verstörender Film wie ein Film für Verstörte. Nichts ist eben wie es scheint.
BLU-RAY.
Dem HD-Transfer wird das Bild alles andere als gerecht. Bisweilen zwar mal scharf und detailliert, obsiegt ansonsten doch die Körnigkeit, sodass die Blu-ray optisch nur selten über DVD-Niveau gelangt. Anders dagegen der Ton, der durchaus Raumklang entfaltet, klar und nuanciert ist. Wie gewonnen so zerronnen also. Die Extras sind zufriedenstellend. Neben einem Audiokommentar von Roeg selbst gibt es gut 90 Minuten an Interviews mit Donald Sutherland und anderen. Darunter auch Danny Boyle, der eine 4-minütige Kurzfassung des Films geschnitten hat, die weitaus schicker gerät, als der Film selbst. Außerdem: obligatorische Trailer und ein "Blick zurück", den es nicht wirklich brauchte.
|
|
|