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FILM.
Man sollte Stephenie Meyer auf Knien für TWILIGHT danken. Nicht, weil ihr damit eine so fulminante literarische Großtat gelungen wäre, sondern weil sie damit die jüngste Vampir-Welle ausgelöst hat. Und wer würde die nicht lieben? Ihr und ihr allein verdanken wir TRUE BLOOD, die beste Fernsehserie seit hundert Jahren, die zumindest pfiffigen zugrundeliegenden Romane von Charlaine Harris, etwas gehaltvollere Werke von Justin Cronin und Matt Haig, und einiges mehr, das Aufmerksamkeit verdient. Wer nun mosert, die Vampir-Welle habe neben den positiven Ausrutschern in erster Linie ungenießbaren Teenie-Quark angespült, der verkennt die Segnungen der Demokratie. Ich habe nach dem ersten BIS(S)-Roman keinen weiteren gelesen und ganz bestimmt keinen der Filme gesehen. Weil mir das Buch nicht gefallen hat - und weil mich keiner gezwungen hat. Stattdessen erfreue ich mich an TRUE BLOOD, DANCE IN THE VAMPIRE BUND, und, ja, auch an THE VAMPIRE DIARIES. Auch diese Serie richtet sich eher an erblühende junge Mädchen als an männliche Splatter-Freaks diesseits der Volljährigkeit, aber daran allein ist nichts Ehrenrühriges. Wir waren schließlich alle mal erblühende junge Mädchen. Der springende Punkt ist: Man kann die Klientel richtig oder falsch ansprechen. THE VAMPIRE DIARIES spricht sie richtig an. Nicht über ihrem Niveau, weiß Gott nicht, aber auch nicht darunter.
In der zweiten Hälfte der ersten Staffel überschlagen sich die Ereignisse recht schnell, schließlich ist man schon mitten drin in der Geschichte der jungen Elena, die im idyllischen Kaff Mystic Falls mit dem relativ guten Vampir Stefan anbandelt, aber auch nicht ganz von seinem relativ bösen Bruder Damon lassen kann. Inzwischen wurde die alte Vampir-Gruft nahe der Stadt wieder geöffnet, die Untoten kommen in großer Zahl zurück in den Ort und die umliegenden Wälder, einige mühen sich um Integration, andere wollen nur Spaß, der örtliche Vampirjäger-Geheimbund hat alle Hände voll zu tun. Elenas leibliche Mutter kehrt zurück und stellt sich als alles andere als ein herzlicher Mensch (oder überhaupt ein Mensch) heraus, Elenas kleiner Bruder möchte gern Vampir werden und seine kleine Vampir-Freundin könnte ihm dabei helfen. Stefan hat nach jahrzehntelanger Abstinenz mal wieder vom Menschenblut gekostet und kann den Hals nicht mehr vollkriegen, woraufhin Damon plötzlich der Verantwortungsvolle der beiden Brüder sein muss.
Wie jede moderne Serie, die was auf sich hält, erzählt THE VAMPIRE DIARIES eine große, romanhafte Geschichte über ihre gesamte Länge, anstatt Folge für Folge den Fall der Woche abzuschließen. Bezogen auf die Handlung macht die Serie das gut. Dramatische Entwicklungen haben ausreichend Zeit sich glaubhaft zuzuspitzen, für stimmige Überraschungen ist gesorgt, und je weiter das Geschehen voranschreitet, desto größer wird der Pool aus Geschehnissen, die sich später wieder aufgreifen lassen. Das ist alles schön rund und bietet doch pro Woche noch genügend herkömmliche Serienstruktur, um jede Episode mit ein bis zwei Höhepunkten kurzweilig für sich stehen zu lassen, was edlere Serien häufig vergessen (oder wer wollte bestreiten, dass einige Folgen von DIE SOPRANOS ff. schlicht zähes Handlungsfüllmaterial sind?).
Etwas weniger souverän wird mit den Figuren und ihrer Entwicklung umgegangen. Daran, dass ihre Darsteller wie Klone aussehen, hat man sich inzwischen gewöhnt: Ian Somerhalder (Damon) wie ein junger Rob Lowe, Paul Wesley (Stefan) wie ein attraktiver Robert Pattinson, Nina Dobrev (Elena) wie eine etwas künstlichere Version von Posh Spice. Schlimmer ist, dass jeder Charakter einen Reset-Knopf zu haben scheint, der die Werkseinstellungen der Pilotfolge wiederherstellt. Stefan darf mal böse werden, Damon darf mal Gutes tun, aber das soll bitte kein Dauerzustand werden. Auch der Tod hat hier keine größeren Auswirkungen als das Wetter. Ein frisch Verstorbener dient ein paar Folgen als Kriminalrequisit, aber die Lücke, die der Mensch hinterlassen hat, wird kaum thematisiert. Das Prinzip dieser Serie lautet: Die Show muss weitergehen, die Vergangenheit darf sie dabei nicht zu lange aufhalten.
Und die Show geht weiter, durchaus flott. Aber mit etwas mehr Mut zu unpopulären Entscheidungen hätte aus einer lediglich flotten Show eine richtig gute werden können.
DVD.
An Bild und Ton ist nichts auszusetzen, was das einzige Positive ist, das sich über diese lieblose Veröffentlichung sagen lässt. Dass die geschnittenen Szenen, wie schon beim ersten Set, den falschen Folgen zugeordnet sind, bestätigt die Vermutung, dass hier ein einziges Produkt aus Gründen der Gewinnmaximierung bei Aufwandminimierung auseinandergerupft wurde und als zwei Produkte verkauft wird. Dann noch ein ausgesucht hässliches Cover drum herum, nichtssagende Standbilder unter die Menüs und keine nennenswerten Extras drauf, und fertig die zynische Teenie-Taschengeld-Abzocke.
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