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FILM.
Schon der Auftakt zur dritten Runde schlägt beinah alles, was ALLEIN GEGEN DIE MAFIA in der zweiten Staffel zu bieten hatte: Kindesentführung am hellichten Tag, auf den Straßen von Mailand zuerst, später zum klaustrophobischen Mini-Geiselthriller verdichtet. Luigi Perelli heißt der neue Mann am Regieruder, er wird es, mit kurzer Unterbrechung, bis zum Ende der Serie im Jahr 2001 bleiben, und man versteht schnell, warum: Die Action hat Druck, die Bilder sind schmuck. Nach den doch ein wenig miefigen Rom-Ansichten Florestano Vancinis ballen sich hier wieder die blauen Schatten in der Nacht, und wenn man schon tagsüber filmen muss, dann wenigstens auf den Küstenterrassen von Giardini-Naxos, mit Postkartenblick aufs Mittelmeer.
Dorthin verschlägt es Commissario Cattani (Michele Placido) allerdings eher ungewollt. Nachdem seine Familie - previously on LA PIOVRA - restlos der mafiösen Gewalt zum Opfer gefallen ist, hat er sich in ein Franziskanerkloster zurückgezogen, wo er mit zittrigen Händen Heiligenputten bemalt und in seiner Freizeit erfolglos den Nuttenrächer spielt. Erst ein amerikanischer DEA-Agent reißt ihn aus dem betrunkenen Stupor, als er Cattani auf eine Verbindung seines alten Erzfeindes Laudeo mit einem türkischen Waffenschmuggler aufmerksam macht. Diverse Plot Points später - die prasseln in dieser Serie wirklich im Sekundentakt auf einen nieder! - lernt Cattani den Bankier Antinari kennen, der dem üblen Treiben als finanzielle Durchgangsstation und der Staffel als Triebmotor dient.
Der Detektiv ist ein Türöffner, er bekommt oder verschafft sich Zutritt, wo Normalsterbliche draußen bleiben müssen: in den Wohnstuben der Reichen und Mächtigen. Nimmt man diese von Sherlock Holmes bis Lew Archer erstaunlich stabile Konstante zum Maßstab, ist LA PIOVRA 3 die bislang reinblütigste Detektivgeschichte der Serie. Das entführte Kind entpuppt sich als Antinaris jüngste Tochter, Cattani wird sich um ihr Leben verdient und zum Dank die Bekanntschaft der ganzen Sippe machen: Die Gattin lümmelt schwindsüchtig auf der Ottomane, die Älteste wackelt unterm Kronleuchter verführerisch mit den Korkenzieherlocken, und der Opa hockt wie ein abgesetzter Don in seinem Inselparadies und spielt Schach mit sich selbst.
Das ist selbstredend weniger Ab- als genremäßiges Zerrbild realer Gewaltverhältnisse, um die es der Serie schließlich nach wie vor geht. Interessante Reibeflächen entstehen zwischen bei Agatha Christie abgepausten Großbürgersalons und erstaunlich geerdeten Bildern von öffentlichen Institutionen - etwa einer kargen Fernsehredaktion, wo den lieben langen Tag das Weiße Beatles-Album rundläuft, ob-la-di und ob-la-da. Ein Gros der Staffel verwenden Ennio Concini und seine Co-Autoren erneut auf das detaillierte Nachzeichnen mafiöser Korruptionsströme und Verhandlungsmethoden, die in höheren Kreisen kaum noch den brutalistischen Gossengestank der ersten Staffel atmen: Vielmehr gleichen sie sich den Gepflogenheiten des bürokratischen Alltags bis zur Ununterscheidbarkeit an. Der Bodycount bleibt nichtsdestotrotz erklecklich.
Bei allem Realitätssinn ist der Serie natürlich bewusst, dass das Analytische sich dem Gesetz des unmittelbaren Thrills zu fügen hat; ohne privaten Einsatz des Detektivs ist noch die dickste Weltverschwörung schnuppe. Mit den Antinaris bekommt der einsame Wolf Cattani eine Surrogatfamilie geschenkt, einen neuen Satz Menschen, die er aus eigenem Verschulden verletzen und verlieren kann: Das ist der staffelübergreifende Spannungsfond von ALLEIN GEGEN DIE MAFIA. Der fiese anatolische Waffenschmuggler, den es pro forma zu stoppen gilt, rennt gegen dieses intime Zentrum vergeblich an, er erscheint bloß ein paar mal auf grieseligen Überwachungsaufnahmen der DEA: eine unpersönliche, distanzierte Form der Ermittlung, die das Böse, das die Mafia ist, nicht halb so eindrücklich illustriert wie eine Knarre an der Schläfe eines Kindes.
DVD.
Wie auf den Vorgänger-Discs ist die Bildqualität mehr als bescheiden, die Original-Tonspur fehlt. Das wahre Ärgernis dieser Veröffentlichung ist jedoch die Zensurschere, die hier noch deutlich öfter und ungehobelter zum Einsatz kommt als zuvor. (Abgesehen davon ist die italienische Fassung ohnehin eine ganze Stunde länger.)
An Stelle von Bonusmaterial gibt es wieder Kostproben-Episoden aus dem Seriensortiment des Labels.
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