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KAPITELWAHL

ZEITEN ÄNDERN DICH (Deutschland 2010)

von Marc Zeller

Original Titel. ZEITEN ÄNDERN DICH
Laufzeit in Minuten. 90

Regie. ULI EDEL
Drehbuch. BERND EICHINGER
Musik. BUSHIDO
Kamera. RAINER KLAUSMANN
Schnitt. HANS FUNCK
Darsteller. BUSHIDO . ELYAS M'BAREK . MORITZ BLEIBTREU . HANNELORE ELSNER u.a.

Review Datum. 2010-07-13
Erscheinungsdatum. 2010-07-15
Vertrieb. CONCORDE

Bildformat. 1.77:1 (anamorph)
Tonformat. DEUTSCH (DTS/DD 5.1)
Untertitel. keine
Norm. PAL
Regional Code. 2

FILM.
Als der selbsternannte Staatsfeind Nr. 1 – so der Titel eines Albums aus dem Jahr 2005 – ein Buch über sein Leben herausbrachte, führte er damit wochenlang die Bestsellerlisten an. Und das, obwohl Anis Mohamed Youssef Ferchichi alias Bushido darin wenig mehr präsentierte als die üblichen Provokationen und Hasstiraden, die auch auf seinen Platten zu genießen sind. Erfolgreich war die Autobiographie, doch mehr noch: Alle wollten mitmachen. Kerner und Co. luden zum Talk und ließen den Mann auch dort schnoddrige Kommentare abgeben, die anschließend wieder von Alice Schwarzer und sämtlichen Jugendschützern in der Luft zerrissen wurden. Ein Affentheater, bei dem jeder gewann: Die Talker machten die kalkulierte Quote, die gerne ignorierten Dauernörgler durften auch mal wieder vor die Mikros und Bushido lachte sich ins Fäustchen, weil der Rubel weiter rollte und alles Gesagte ihm doch irgendwie scheißegal sein konnte.

Bernd Eichinger witterte das Geschäft – und verwurstete, vermutlich mit übergroßen Dollarzeichen in den Augen, Teile des Buches zum Film ZEITEN ÄNDERN DICH. Angesichts der Fanmassen im Hintergrund, die zumindest anfangs in Scharen ins Kino rannten, konnte auch ihm die vorprogrammierte Schelte völlig schnuppe sein.

Bushido und Eichinger – zwei millionenschwere Selbstvermarkter im Rampenlicht, und dahinter ein Film, der den Trubel doch gar nicht verdient hat. Bushidos halb fiktive Geschichte, amateurhaft geschrieben und als Laienspiel mit A-Darstellern inszeniert, ist eigentlich höchstens die Randnotiz wert, dass er auf der IMDb-Liste der schlechtesten Filme aller Zeiten ziemlich weit oben rangiert.

Das Peinlichste an ZEITEN ÄNDERN DICH ist nicht Bushidos Schauspiel: Immerhin macht der nur das, was er immer tut: Irgendwas von Ehre faseln, Leute beleidigen, ab und zu mal rappen und vor allem sich selbst inszenieren. Die Blamage dagegen gehört dem Bernd, der ansonsten gerne als Vorzeigefilmemacher des Landes genannt wird, und dem Rest von Cast und Crew, die sich allen Ernstes für diesen Schrott verpflichten ließen. Eichingers Drehbuch ist ein Witz, den jeder GZSZ-Hanswurst mit zwei Liter Schampus im Schädel besser hingekriegt hätte; Regisseur Uli Edel (DER BAADER MEINHOF KOMPLEX) fährt das katastrophale Skript plan-, sang-, klang- und völlig leblos vollends an die Wand. Bemerkenswert, wie konsequent hier jede Möglichkeit zur Reflexion ausgelassen wurde, wie die wenigen Chancen zur echten Problematisierung zugunsten simpler Schwarz-Weiß-Einheitslösungen verschenkt werden.

Vor der Kamera sieht es nicht besser aus: In der Riege von Uwe Ochsenknecht, der seinen Charakter ohne Not zur Karikatur uminterpretiert, über Moritz Bleibtreu als gelangweilter Aushilfs-Yoda, der mit trüber Standardmiene Bushidos "Hass im Herzen" auszutreiben versucht, bis hin zu Hannelore Elsner, die emotionsfrei die fürsorgliche Mami runterkurbelt, steht Hauptdarsteller Bushido noch am besten da. Immerhin kommen dessen Schimpfwort-Orgien, die das stilisierte Ghetto-Who is who von "Missgeburt" bis "Opfer" versammeln, authentisch rüber.

Und so schließt sich der Kreis, auch bei ZEITEN ÄNDERN DICH gewinnen wieder alle. Diejenigen, die vor und hinter der Kamera die Hose bis zu den Knöcheln heruntergelassen haben, können sich mit dem sauer verdienten Geld so volllaufen lassen, dass sie vielleicht verdrängen können, was sie da angestellt haben. Und die Glücklichen vor den Glotzen der Nation amüsieren sich köstlich über einen historischen Moment der Selbstdemontage der Verantwortlichen, wie es ihn so wohl noch nie gegeben hat.

Danke dafür, Bushido und Bernd. Ihr seid, wie der alte Mann im Film so schön sagt, guter Junge.

DVD.
Da für die Kritik nur eine Presse-DVD vorlag, können Bild und Ton sowie etwaiges Bonusmaterial nicht beurteilt werden.








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