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KAPITELWAHL

STORY OF A PROSTITUTE (Japan 1965)

von Stefan Rybkowski

Original Titel. SHUNPU DEN
Laufzeit in Minuten. 90

Regie. SEIJUN SUZUKI
Drehbuch. HAJIME TAKAIWA . TAIJIRO TAMURA
Musik. NAOZUMI YAMAMOTO
Kamera. KAZUE NAGATSUKA
Schnitt. AKIRA SUZUKI
Darsteller. YUMIKO NOGAWA . TAMIO KAWAJI . HIROSHI CHÔ . EIMEI ESUMI u.a.

Review Datum. 2010-05-30
Erscheinungsdatum. 2010-02-26
Vertrieb. EYE SEE MOVIES

Bildformat. 2.35:1 (anamorph)
Tonformat. JAPANISCH (DD 2.0)
Untertitel. DEUTSCH . POLNISCH
Norm. PAL
Regional Code. 2

FILM.
Wer einmal schwarz-weiß im Scopeformat gesehen hat, der weiß, welche Kraft von diesen Bildern ausgeht. Noch mehr Kraft geht jedoch von ihnen aus, wenn sie solch eine hübsche Frau wie Yumiko Nogawa zeigen, die jede einzelne Einstellung mit ihren unschuldigen und großen dunklen Augen für sich einnimmt. Harumi (Yumiko Nogawa) verliert diese Ausstrahlung auch nicht, als sie als japanische Prostituierte an die chinesische Front muss - als so genannte comfort woman -, wo sie die Truppen vom Kriegsalltag ablenken soll. Dabei erfährt sie nicht nur Schrecken des Krieges, sondern auch die Unmenschlichkeit inmitten der japanischen Armee. Es herrscht eine strenge Hierarchie, ein Ehrenkodex, den es um jeden Preis einzuhalten Schnell findet der sadistische Adjutant in Harumi eine gelungene Abwechslung, weshalb er sie fortan als sein Eigentum betrachtet. Dabei ist Harumi aber in dessen Diener Mikami (Tamio Kawaji) verliebt, der zwischen Liebe und Pflichterfüllung zerrissen scheint.

Regisseur Seijun Suzuki (BRANDED TO KILL, TOKYO DRIFTER) zeichnet mit STORY OF A PROSTITUTE ein extrem nihilistisches und düsteres Bild vom japanischen Feldzug in China. Auch wenn die einfachen Soldaten meist Opfer der Unteroffiziere und der Offiziere selbst sind, so ist ihnen die militärische und politische Ideologie des Kaiserreiches doch inhärent. Hierarchie ist in militärischen Strukturen natürlich nichts Besonderes, aber in einer Gesellschaft, die auch im zivilen Leben von Hierarchie (bis heute) geprägt ist, droht Abweichlern nur die härteste aller Strafen. Das weiß auch Mikami, der zwar weiß, dass er unschuldig ist, aber das Ansehen seines Landes und damit auch seiner Familie nicht beschmutzen möchte. Es gibt kaum einen Ausweg, das macht Suzukis Film immer und immer wieder deutlich. Wie im bürgerlichen Trauerspiel bleibt hier kein Platz für die Liebe. Die beiden Protagonisten werden von allen Seiten voneinander ferngehalten, zweifeln immer wieder auch gegenseitig an sich und ihrer Liebe. Im Gegensatz zu den Umständen, die im bürgerlichen Trauerspiel vorherrschen, kommt hier noch der Faktor des Krieges hinzu.

Doch selbst ohne diesen Krieg hätte die Liebe wohl nie ihre Erfüllung gefunden, wird sie doch von der Tyrannei auf verschiedenen Ebenen stets torpediert. Am Ende bleibt nur die Flucht zu jenem Ort, wo die beiden Liebenden endlich vereint sind – im Tode. STORY OF A PROSTITUTE lässt zu keinem Zeitpunkt so etwas wie Hoffnung durchschimmern, das muss auch Harumis Freundin am Ende schmerzlich erfahren, wenn ihre Hochzeit doch nicht gelingen sollte. Sie bleibt im Sumpfe der Prostitution. Das Einzige, was Suzukis Film nicht zu einem kompletten Werk der Verzweiflung verkommen lässt, ist seine Bildersprache. Mal mit einer wunderschönen Mise-en-scène, mal mit Slow-Motion-Reaction-Shots, Suzuki reizt technische alle Mittel aus, um zumindest auf visueller Ebene keine Traurigkeit herrschen zu lassen. Was er gerade mal 20 Jahre nach Kriegsende für ein Bild von Japan zeichnet, ist bis heute komplett konträr zu dem, was uns die Japaner in den letzten Jahren vorsetzten.

Hier gibt es keine Helden, kein nationales Selbstverständnis, das auch nur irgendetwas Gutes repräsentiert, sondern nur den blanken Wahnsinn und Horror des Krieges und der japanischen Ideologie des Kaiserreiches. Frauen verkommen zudem zu bloßen Objekten, die dennoch mehr Werte und Anstand vertreten ("Würde der Kaiser eine Frau schlagen?") als viele der Offiziere. Nein, STORY OF A PROSTITUTE ist Vergangenheitsbewältigung, wie sie wohl keiner in Japan gerne sieht, hält der Film den Japanern doch den Spiegel direkt vors Gesicht. Hier finden keinerlei Verklärung oder sonstige kosmetische Eingriffe statt. Suzuki spielt bewusst mit dem japanischen Selbstverständnis, beispielsweise wenn Mikami Harumi um eine Granate für seine Flucht bittet. Was Harumi nicht weiß, ist dem Zuschauer sofort bewusst: diese Granate soll nicht etwa seiner Flucht dienen, sondern seinem ehrvollen Tod und dem Andenken seiner Kameraden. Auch wenn STORY OF A PROSTITUTE 45 Jahre alt ist, hat er doch kaum etwas von seiner Aktualität verloren. Ganz im Gegenteil. Ein großer und wichtiger Film.

DVD.
Die DVD bietet eine hervorragende technische Umsetzung der elegischen Bilder Suzukis. Das Cinemascopebild ist natürlich anamorph codiert und die Untertitel lassen sich hervorragend lesen. Die Wahl der Farbe Gelb für die Untertitel stellt sich dabei als äußerst glücklich und durchdacht heraus, denn jeder, der sich bereits mit weißen Untertiteln in einem Film mit äußerst vielen hellen Stellen herumschlagen musste (und das haben schwarz-weiß-Filme so an sich), der weiß, was gemeint ist. Der Mono-Ton ist ebenfalls recht ordentlich. Leider befinden sich auf der Scheibe keinerlei Extras. Zusammengefasst aber eine wirklich schöne Veröffentlichung des noch recht jungen Labels Eye See Movies.








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