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KAPITELWAHL

BROTHERS BLOOM (USA 2008)

von Florian Lieb

Original Titel. THE BROTHERS BLOOM
Laufzeit in Minuten. 110

Regie. RIAN JOHNSON
Drehbuch. RIAN JOHNSON
Musik. NATHAN JOHNSON
Kamera. STEVE YEDLIN
Schnitt. GABRIEL WRYE
Darsteller. ADRIEN BRODY . RACHEL WEISZ . MARK RUFFALO . RINKO KIKUCHI u.a.

Review Datum. 2010-05-06
Erscheinungsdatum. 2010-02-26
Vertrieb. UNIVERSUM FILM

Bildformat. 2.35:1 (anamorph)
Tonformat. DEUTSCH (DD 5.1) . ENGLISCH (DD 5.1)
Untertitel. DEUTSCH
Norm. PAL
Regional Code. 2

FILM.
Paradoxer Weise ist es in heutigen Zeiten weitaus leichter einen gelungenen Debütfilm zu kreieren, als einen ebenso gelungenen Nachfolger. In den letzten zwei Jahrzehnten strömten nur so neue Regisseure an die Küste Hollywoods, von einem Kevin Smith mit CLERKS. über einen Spike Jonze mit BEING JOHN MALKOVICH bis hin zu Darren Aronofsky mit PI. Alle Drei zählen inzwischen zu den gestandenen Filmemachern der Traumfabrik. Ein Status, den auch Rian Johnson gerne für sich beanspruchen würde. Mit BRICK inszenierte Johnson vor fünf Jahren eine kongeniale Film-Noir-Hommage in einer High-School-Szenerie. Mit Jungstar Joseph Gordon-Levitt als Philip Marlowe der Oberstufe. Ein gelungener Debütfilm, der Johnson nicht nur 2006 den Fresh-Blood-Preis des Fantasy Filmfestes bescherte, sondern auch beim Sundance Film Festival ausgezeichnet wurde. Plötzlich hatte sich Rian Johnson einen Namen gemacht, weshalb man mit aufmerksamem Interesse seinen nächsten Film beobachten würde. Drei Jahre nahm er sich für BROTHERS BLOOM Zeit, und so charmant das Werk auch geraten ist, stellt es doch erstmal wieder einen Rückschritt dar.

Die beiden Brüder Stephen (Mark Ruffalo) und Bloom (Adrien Brody) sind Vollwaisen. Als Kinder wegen ihres Verhaltens von Familie zu Familie geschickt, beginnen sie in jungen Jahren eine Affinität für Tricks und Gaunereien zu entwickeln. Während Stephen das rationale Element darstellt, findet er in Bloom sein emotionales Pendant. Nach einem Zeitsprung in die Gegenwart erklärt Bloom dann, dass er - mal wieder - genug hat vom Gauner-Dasein. Stephen spielt das Spiel mit, war er doch bereits des Öfteren dessen Zeuge. Einige Monate später sucht er seinen kleinen Bruder wieder auf. Es geht um den obligatorischen letzten Coup, zu dem sich Bloom dann konsequenter Weise auch bereit erklärt. In New Jersey wollen die Bloom-Brüder und ihre Komplizin, die wortkarge Sprengstoff-Spezialistin Bang Bang (Rinko Kikuchi), die wohlhabende Penelope (Rachel Weisz) um einige ihrer Millionen zu erleichtern. "Don't fall in love with her, Bloom", indoktriniert Stephen seinen Bruder noch, doch um den ist es bereits geschehen. Fortan fühlt er sich hin und hergerissen zwischen Stephens ausgeklügeltem Coup auf Kosten von Penelope und seinen Gefühlen zu eben dieser.

Johnsons Film ist eine bisweilen nett angereicherte Mischung aus allerlei Genres. Von der romantischen Komödie, über den klassischen Heist-Film bis hin zum Abenteuerdrama. Dabei schwingt stets die subtile Skurrilität eines Wes Anderson mit, die sich speziell in den weiblichen Figuren von Penelope - einer nach eigener Aussage "epileptischen Photographin", die "Hobbys sammelt" - und Bang Bang. So scheut sich Johnson nicht, eine redundante Montage zu erschaffen, die mehrere von Penelopes Hobbys zusammen schneidet. Vom Musizieren unterschiedlicher Instrumente über Skateboarden und Skills am DJ-Pult bis hin zum Jonglieren mit Kettensägen - sogar auf einem Riesenradhochsitz. Die Liebe zur detaillierten Darstellung dieser Hobbys - Rachel Weisz verbrachte mehrere Wochen, um die unterschiedlichen Tricks zu lernen - ist löblich und zahlt sich dankenswerter Weise dann auch im Film aus. Nichtsdestotrotz sind diese raren und charmanten Szenen nicht im Stande, die fehlende Tiefe in der Charakterzeichnung der Figuren auszumerzen. Was BROTHERS BLOOM, der mehr von den Figuren denn dem eigentlichen Heist lebt, fast das Genick bricht.

"I want an unwritten life", erklärt Bloom seinem Bruder, als er scheinbar endgültig den Gaunereien den Rücken kehrt. Bloom will er selbst sein, und keine Figur in einem Coup von Stephen. Als man Brody dann das nächste Mal sieht, liegt er in Montenegro in einer Hängematte, seinen Alkoholrausch auskurierend. Es scheint, als wäre Bloom niemand, wenn er nicht jemand sein kann. Eine Theorie, die der Film jedoch nicht diskutiert, wie Johnson sich ohnehin darauf beschränkt, sich anzubiedern, denn seine Koketterien auszuführen. So zählt es zum Coup, dass Penelope vermeintlich in diesen aufgenommen wird, nichtsahnend, dass sie der eigentliche Coup ist. Als sie dann in einen Raub miteingebunden wird, um auf der Flucht von der Polizei gestellt zu werden, entkommt sie der Strafverfolgung aus unerfindlichen Gründen. Ein Geheimnis, das wohl nur Johnson, Penelope und der Polizeikommissar kennen, denn auch die Gebrüder Bloom erfahren es nicht. Und wer sich eine Erklärung für deren Namen erhofft - heißt Brodys Figur wirklich Bloom Bloom? -, darf ebenfalls in die Röhre schauen. Von Hintergründen zu Bang Bang oder dem Zwist der Brüder mit dem Konkurrenten Diamond Dog (Maximilian Schell) ganz zu Schweigen.

Auch die Analogien zu James Joyces Meisterwerk "Ulysses", welches sowohl Bloom als auch Stephen die Namen und bisweilen Aufgaben ihrer literarischen Pendants überträgt, gehen in BROTHERS BLOOM letztlich unter. Man erkennt zwar Johnsons Versuche, doch verlaufen sich diese meist relativ schnell im Sand. Gerade die relativ interessante Figur von Kikuchis wortkarger Bang Bang hätte noch unausgeschöpftes Potential gehabt. Viel bleibt dann jedoch auf der Strecke und hätte sich Johnson für seine Figuren nur halb so viel Mühe gegeben, wie für die Variation in den Anzügen der Gebrüder Bloom - ein Outfit sieht überragender aus als das Nächste -, dann hätte seine romantische Heist-Komödie auch am Ende ein Betrug in bester Stephen-Manier sein können. Dieser erklärt nämlich zu Beginn: "It seems to me that in the end the perfect con is where each one involved gets just the thing they wanted". Etwas, das sich trotz couragiert aufspielendem Ensemble und einigen netten Momenten leider nicht für den Zuschauer sagen lässt. Möge es Johnson in seinem nächsten Versuch wieder wett machen.

DVD.
Bild und Ton auf der DVD sind solide, könnten jedoch besser sein (beispielsweise schärfere Bilder). Dass die ganze Arbeit sich stattdessen auf die Blu-Ray verlagert hat, ist hier nicht einmal der Fall, da es, sehr überraschend für den deutschen Markt, nicht mal eine HD-Version des Filmes gibt (im Gegensatz zu den USA). Dort wurde das Bonusmaterial auch mit Geschnittenen Szenen und einem Audiokommentar von Regisseur und Autor Rian Johnson versehen. Auch hier haben die deutschen Käufer das Nachsehen. Sie dürfen sich lediglich auf Interviews mit den drei Hauptdarstellern freuen. Was sich Universum Film dabei gedacht hat, ist unklar. Denn als derselbe Verleih vor drei Jahren BRICK herausbrachte, war man bei den Extras nicht so geizig.








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