|
FILM.
Based on true events, bei manch einem schrillen da die Alarmglocken los. Nicht ganz ohne Grund, werden doch solche Ereignisse, von O.J. Simpson bis zur Long Island Lolita, von den Medien im Gedächtnis des Publikum verankert, von TV-Anstalten gerne zu moralinsauren Kolportagedramen verwurstet. Auch im Kino gibt es immer wieder Beispiele, wie man ein solches Thema nicht aufziehen sollte, zuletzt etwa ALPHA DOG. Von solcherlei Fehlzündern unbeeinflusst, zeigt uns STUCK aber wieder mal, wie aus einer True Story auch eine echte Filmperle werden kann.
Stuart Gordon legt hier keinerlei Wert darauf, eine möglichst exakt recherchierte Geschichte nachzuerzählen, nimmt sich alle Freiheiten, die es braucht, damit der Film spannend bleibt und weicht auch in der Auflösung ganz gravierend von den realen Ereignissen ab. Zwar fixiert er mit Inserts jeweils Wochentag und Uhrzeit der Handlung, dies aber nicht, um aufdringlich auf einen vorgeblichen Dokumentarcharakter zu pochen. Er verstärkt dadurch, da so die Einheit der Zeit verdeutlicht wird (die Handlung erstreckt sich über zwei Tage), noch weiter die kammerspielartige Form des Filmes. Horror-Veteran Gordon, der selbst von der Bühne gekommen ist und zuletzt mit EDMOND ein Stück von David Mamet verfilmte, bringt genug Erfahrung und Können auf, um ein solches Sujet mit Suspense aufzuladen. Im Kern ist STUCK zwar eine schwarze Komödie, doch ähnlich dem meisterhaften Coen-Debut BLOOD SIMPLE ist dies weniger an Art und Dichte der Pointen festzumachen, als an den Hauptcharakteren und deren Verhalten.
Stephen Rea spielt den absoluten Verlierertyp: Seinem Tom wurde die Wohnung wegen Mietrückstand gekündigt, am Arbeitsamt musste er Stunden sinnlos verplempern, von der Parkbank vertrieben läuft er der betrunkenen und zugedröhnten Brandi (Mena Suvari) vors Auto, einer aufopferungswilligen Altenpflegerin, die vor der verdienten Beförderung steht. In Panik vor den Konsequenzen verweigert sie dem Verunglückten die Hilfe und parkiert den Wagen, in dessen Windschutzscheibe Tom steckt, lieber in ihrer Garage.
Lacher stellen sich ob der Tragik dieser beiden Personen freilich quasi von selbst ein, allein schon die Uneinsicht Brandis, welche die Schuld voll Überzeugung Tom anlastet, dem Loser, der doch eigentlich eh nichts mehr zu verlieren hat, mit seiner beharrlichen Weigerung abzukratzen aber nur sie immer tiefer in die Bredouille zieht. Dennoch wirken die Lacher nicht befreiend, läuft der Film nie Gefahr, dass ihm die Spannung der Situation kollabiert.
Die Frage, ob sich das alles genau so zugetragen hat (hat es sich wie schon erwähnt keineswegs) stellt sich erst gar nicht, selbst wenn man auf so etwas Wert legen würde. Viel wesentlicher ist doch die Charakterzeichnung, und die gelingt Drehbuch wie Darstellern virtuos. (Lediglich Russell Hornsby als Brandis Dealer-Freund kommt da nicht wirklich mit, ansonsten gibt's Großartiges selbst in kleinsten Rollen zu sehen, man denke an den "bösen Jungen" zu Beginn.) Gerade bei Suvaris Person ist das ein ganz großes Kunststück. Die Art und Weise, wie sich ein grundsympathisches "Mädchen von Nebenan" in eine Furie verwandelt, die man irgendwann nur noch hassen kann, und das durch äußere Umstände getrieben, die dieses Verhalten wiederum dennoch nachvollziehbar machen, stellt einen Balanceakt dar, in dem der wahre Horror dieses Films liegt. Dabei gibt es auch konventionelle Ekelmomente, als Höhepunkt hier Toms Versuch, den Scheibenwischer aus seinem Bauch rauszuziehen sowie hysterisches Verhalten, dass im ungünstigeren Fall wie Cameron Diaz in VERY BAD THINGS wirken würde. Ein kurzer Catfight streift am Exploitationgenre an. Doch in STUCK fügt sich alles perfekt aneinander, böse und durchtrieben und doch großartiges Unterhaltungskino.
DVD.
Bild und Ton sind einwandfrei, so wie man es sich von einer knapp zwei Jahre alten Produktion auch erwarten würde. Merkwürdig aber, dass das Bild in einigen Szenen etwas blasser als im restlichen Film zu sein scheint. Das kann aber am verwendeten Filmmaterial liegen bzw. so beabsichtigt sein. Offensichtliche Defekte oder Farbunstimmigkeiten sind jedenfalls nicht auszumachen. Die Tonspuren sind beide (deutsch/englisch) perfekt, klar, kräftig, räumlich.
In der Bonus-Sektion tummelt sich so allerlei: Der Audiokommentar mit Stuart Gordon, John Strysik und Mena Suvari ist - vor allem dank Gordon, der Mann ist bei solchen Sachen immer eine sichere Bank - unterhaltsam, witzig und aufschlussreich. Ein achtminütiges Feature berichtet über die Entstehung von STUCK und in einem weiteren (neun Minuten) werden die Entstehung der Make-up-Effekte erläutert. "Die Adaptaton der wahren Geschichte" (17 Minuten) behandelt das, was im Titel angekündigt wird und in einem weiteren 25minütigen Film erleben wir Interviews und Zuschauerfragen bei der Präsentation des Films auf dem AFI-Festival. Alles sehr ordentlich und aufschlussreich, auch wenn sich so manche Info wiederholt. Trailer zu weiteren Filmen des Anbieters runden den Bonus-Bereich der DVD ab.
|
|
|