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GEDRUCKTES IST TOT

TERRORKINO: ANGST/LUST UND KÖRPERHORROR (2010, 2. Auflage)
von Stefan Rybkowski

Original Titel. TERRORKINO: ANGST/LUST UND KÖRPERHORROR
Seiten. 108

Autor. MARCUS STIGLEGGER

Review Datum. 2010-06-29
Erscheinungsdatum Deutschland. 2000-06-01
Verlag. BERTZ + FISCHER

Erscheinungsformat. BROSCHIERT
Sprache. DEUTSCH

"Die meisten Darstellungen von gequälten, verstümmelten Körpern wecken ein laszives Interesse", zitiert Marcus Stiglegger, einer der wohl namhaftesten deutschen Filmwissenschaftler, Susan Sontag in seiner Monografie TERRORKINO: ANGST/LUST UND KÖRPERHORROR. Und so viele bei den sogenannten torture porns, auf die Stiglegger seinen Fokus legt, auch wegsehen müssen, ein gewisses Interesse können sie nicht leugnen, haben sie sich doch schließlich für diesen bestimmten Film entschieden. Gleich zu Beginn führt uns Stiglegger in den Fall der jungen Amerikanerin Sylvia Likens ein, deren brutale Folter und Ermordung 1965 für Aufsehen sorgte und die nicht nur in AN AMERICAN CRIME kinematisch aufbereitet wurden, sondern in leicht abgeänderter Form auch in THE GIRL NEXT DOOR. Exemplarisch zeigt TERRORKINO mit diesem Fall, was es ist, das uns immer und immer wieder an solchen Fällen und den damit verbundenen Filmen fasziniert. Stiglegger geht hier recht klar und verständlich vor, verwendet sowohl psychologische, als auch philosophische Ansätze, die er auf das Medium Film, und speziell das Horrorgenre, anwendet. Dabei gibt er zugleich auch einen historischen Überblick über das Horrorgenre, von den Anfängen literarischer gothic fiction, über die britischen Hammerfilme, bis hin zum heutigen Terrorkino. Was genau das Terrorkino jedoch ausmacht, diese Erklärung bleibt Stiglegger dem Leser weitestgehend schuldig.

Stattdessen ist TERRORKINO vielmehr eine Übersicht über all die Filme, die in den letzten Jahrzehnten von der Kritik und vom Feuilleton (Stiglegger schiebt es gar auf die konservative Presse) als torture porn deklariert wurden. Auch zu einer Unterscheidung zwischen Terrorfilm, Exploitationfilm und dem torture porn kommt es nie wirklich, vielmehr verankert Stiglegger diese in ihrem historischen Kontext. Hinzu kommt, dass TERRORKINO sich oftmals zu lange mit Plot und Inhalt der ausgewählten Filme aufhält, so dass man nicht nur gespoilert wird (was ja noch in Ordnung ist, denn solch ein Buch liest man nur, wenn man die Filme des Genres kennt), sondern sich auch durch seitenlange Auflistungen und Inhaltsangaben kämpfen muss. Die zentrale Frage ist also: An wen richtet sich TERRORKINO: ANGST/LUST UND KÖRPERHORROR? Diese Frage ist allerdings nicht allzu einfach zu klären, artikuliert Stigleggers Buch doch einige interessante Ansätze, die zwar nicht unbedingt neu, aber kompakt zusammengetragen werden. Das Problem dabei ist nur, dass er zu stark an der Oberfläche kratzt und nur selten tiefer in die Materie eindringt. Für Genrefans und Kenner ist sein Buch somit nur bedingt empfehlenswert, denn bereits auf formaler Ebene - das Buch ist kleiner als DIN A5 und erstreckt sich über gerade mal 97 Textseiten - ist leicht zu erkennen, dass es sich weniger um eine Monografie, als vielmehr um ein Essay zum Thema handelt.

Auf der anderen Seite führt er aber auch Filme und historische Begebenheiten an, die man so eher selten in Kritiken und der Presse zu lesen bekommt. So lässt er beispielweise dem japanischen Genrefilm viel Gewicht zukommen und führt erneut den wohl bekanntesten Fall des "Pseudo-Snuffs" an, die japanische Reihe GUINEA PIG (allerdings enthält er dem Leser vor, dass es Charlie Sheen war, der das FBI verständigte, aber dieser Vorfall ist wohl auch nur bedingt wissenschaftlich). Prinzipiell ist sein Buch dabei angenehm geschrieben, nur selten verliert sich Stiglegger in allzu wissenschaftlichen Formulierungen oder Stilblüten, so dass sich sein Buch auch für den normalen Kinogänger eignet, der "mehr" über das wissen will, was ihn dazu bringt, sich Filme anzusehen, die ihm Qualen und den omnipräsenten Tod präsentieren. Dass Stiglegger von diesem Sujet geradezu besessen ist, ist nichts Neues. Etwas mehr Ausarbeitung bei TERRORKINO hätte man sich deshalb umso mehr gewünscht.


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