Der zweite Band des Mammutwerks über Clint Eastwood schließt nahtlos an den ersten an: Tobias Hohmann rollt mit tatkräftiger Unterstützung von Thomas Pollmer, der über die vermutlich größte Eastwood-Sammlung Europas verfügt, die Jahre 1980 bis 2016 auf und führt in der gewohnten und überaus gelungenen Mischung aus Fakten und persönlicher Einschätzung durch das Leben und Wirken des mittlerweile 86jährigen Ikonen. Erfreulich ist, wie schon in der Kritik zum ersten Teil angemerkt, dass keine strikte Trennung zwischen Mensch und Werk vorgenommen wird, so ist das künstlerische Schaffen gekonnt ins Leben eingebettet, das heißt, es wird auch begreiflich gemacht, dass gerade die unbekannteren Filme in Eastwoods Köchelverzeichnis, wie BIRD, zwar Flops, aber für seine Karriere trotzdem wichtig waren und vor allem mit der Person Eastwood weitaus enger verknüpft sind, als diejenigen (wie z.B. DIRTY HARRY), die man mit ihm meistens sofort in Verbindung bringt.
Genau das ist im Prinzip auch die eigentliche Leistung des Buches, so interessant die Infos und Analysen zu seinen Welthits auch sind, Hohmann schafft es den Blick auf einen weniger beachteten Teil seines Schaffens zu lenken, "den anderen Eastwood" schmackhaft zu machen und so auch noch mal umfassend vor Augen zu führen, mit was für einen extrem vielfältigen Künstler man es doch (eigentlich) zu tun hat.

Der persönliche Tonfall bleibt dabei nach wie vor sehr ausgewogen: Man spürt zwar die Begeisterung und Faszination, es wird aber trotzdem nicht unter den Tisch gekehrt, dass Eastwood auch weniger gemütliche Seiten hat. Genauso werden die Filme in einem erfreulich ausgewogenen Tonfall besprochen: So wird unter anderem aufgezeigt, dass der vielfach zerrissene BACK IN THE GAME (2012) durchaus kein guter Film ist, aber eben durchaus auch positive Seiten hat, die ihn mit der richtigen Einstellung gut anschaubar machen. Gerade in Zeiten allgegenwärtiger Häme ist Hohmanns angenehm nüchterner Stil eine Wohltat, die Hand in Hand geht mit einem Hang zur ausgesprochenen Detailversessenheit: So ist auch dieses Buch angereichert mit allerlei Backgroundinfos, die über Eastwood weithinaus gehen: So werden zum Beispiel bei FLAGS OF OUR FATHERS oder DER FREMDE SOHN auch die historischen Hintergründe der in den Filmen geschilderten Ereignisse reingereicht. Man wird wirklich so umfassend wie nur irgend möglich informiert, man kann mit Fug und Recht behaupten, dass die beiden Macher mit ihrem insgesamt über 1000-seitigen Wälzer das Nonplusultra in Sachen Eastwood abgeliefert haben.

Fast. Wie schon beim ersten Teil hätte man sich gewünscht, dass das Buch durch ein sattelfestes Lektorat gewandert wäre, denn es finden sich auch hier wieder eine Reihe Fehler verschiedenster Art (so wurden unter anderem zwischen den Seiten 386 und 387 offenbar ein paar Worte vergessen). Das sind sicherlich nur ein paar Kratzer an einem Monument, die niemanden davon ernsthaft abhalten sollten, das Buch zu kaufen, aber gerade weil so eine Wahnsinnarbeit geleistet wurde, hätte man sich halt über absolute Perfektion im Gesamtergebnis gefreut.
Interessanterweise scheint DAS GROSSE CLINT EASTWOOD BUCH - BAND 2 laut dem verblüffend ehrlichen Nachwort auch die letzte Zusammenarbeit zwischen Hohmann und der Medien P&W GmbH gewesen zu sein. Vielleicht schafft es der Titan noch ein paar Filme nachzulegen und wir halten in ein paar Jahren eine erweiterte, optimierte Fassung dieser Eastwood-Bibel in den Händen. Bis dahin reicht aber die vorliegende Fassung bestens und wird für viele unterhaltsame und lehrreiche Stunden sorgen - bitte zahlreich kaufen, soviel Einsatz muss unbedingt belohnt werden.