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GEDRUCKTES IST TOT

DAS GROSSE CLINT EASTWOOD BUCH - BAND 1 (2015, 1. Auflage)
von Thorsten Hanisch

Original Titel. DAS GROSSE CLINT EASTWOOD BUCH - BAND 1
Seiten. 515

Autor. TOBIAS HOHMANN . THOMAS POLLMER

Review Datum. 2015-07-23
Erscheinungsdatum Deutschland. 2015-03-24
Verlag. MEDIEN P&W GMBH

Erscheinungsformat. HARDCOVER
Sprache. DEUTSCH

Das "Star"-Prinzip ist seit einigen Jahren im Umbruch: Einst todsichere Geldbringer wie Johnny Depp oder Will Smith müssen mittlerweile deutlich kleinere Brötchen backen und selbst ein Tom Cruise muss sich mittlerweile in Ensemble-Filme wie der "Mission Impossible"-Reihe einordnen um Kasse zu machen. Es scheint, als ob das Publikum keine Lust mehr hat, irgendwelche Beinahe-Überirdischen anzuhimmeln, die dem eigenen Leben doch so völlig und total fremd sind. Unter diesem Gesichtspunkt mutet auch jemand wie Clint Eastwood wie ein Relikt einer mittlerweile verschwindenden Epoche an. Doch der Überstar der 60er- bis 90er-Jahre, der dank geschickter Medien-Strategie längst zum Mythos geworden ist, bei dem die Trennlinie zwischen Leinwand und realem Leben völlig verschwimmt, erwies nicht nur als extrem umsatzträchtiger Schauspieler und überaus kompetenter Regisseur, sondern darüber hinaus auch als extrem gewiefter Fuchs, der es fertig brachte bankability und künstlerischen Anspruch zu vereinbaren. Das Besondere an Eastwood ist, dass er sich nie komplett den Wünschen des Publikums unterordnete, sondern sich das Publikum auf eine bestimmte Weise zurechtbog. Auf jeden Film, der vom Publikum so oder so ähnlich von ihm erwartet wurde, kam auch immer ein Film, den niemand auf den Schirm hatte. Diese Zuckerbrot-und Peitsche-Mentalität öffnete Tür und Tor zu einer bis heute erfolgreichen und auch in künstlerischer Hinsicht extrem fruchtbaren Karriere, die in Hollywood wohl einzigartig ist und bis heute anhält. So landete der mittlerweile 84-jährige erst Ende letzten Jahres mit seiner aktuellen Regie-Arbeit "American Sniper" einen der größten Hits seiner an Hits ohnehin nicht armen Karriere.

Die Zeiten ändern sich, aber wenn einer - wenn auch nicht mehr vor der Kamera - immer ein Megastar bleiben wird, dann ist das wohl Eastwood. Das hat auch Tobias Hohmann erkannt, der unter anderem mit Büchern zu Didi Hallervorden und Chuck Norris schon positiv aufgefallen ist, und den MPW-Verlag zu einer zweibändigen Mammut-Biographie überredet hat, deren erster Band, in Zusammenarbeit mit Thomas Pollmer, einem der größten Eastwood-Fans Deutschlands, der über eine umfangreiche Sammlung mit Material verfügt, jetzt vorliegt.
Der über 500-seitige erste Teil rollt Eastwoods Leben ganz klassisch von Geburt an auf und endet 1979. Erfreulich ist, dass Hohmann keine Trennung zwischen Leben und Werk vornimmt, so wird das Werk gekonnt ins Leben eingebettet, das heißt, es wird auch begreiflich gemacht, dass Filme wie "Westwärts zieht der Wind" oder "Stosstrup Gold" zwar Flops und die Arbeit daran für Eastwood enttäuschend war, dass diese Titel aber ebenso wichtig für seine Karriere waren, denn ohne diese schlechten Erfahrungen hätten wir vermutlich nie den Eastwood bekommen, denn wir heute haben. Aber auch aus dessen Privatleben erfährt man viel und es wird angenehmerweise bei aller durchschimmernden Verehrung auch nicht ausgeblendet, dass der Titan durchaus ganz schön unangenehme Seiten haben kann.
Hohmann schafft ein vielfältiges Bild eines Mannes, für den das Wort "Legende" wohl kaum zu hoch gegriffen ist und rundet das noch mit Interviews von den einstmaligen Weggefährten Marianne Koch und James Fargo ab. Ein weiterer Pluspunkt des Buches ist natürlich die - für Bücher aus dem MPW-Verlag - so typisch reichhaltige und wirklich prächtige Bebilderung, vereinzelt lassen sich sogar Plakatmotive ausklappen. Auch Leute, die nicht so wirklich gerne lesen, kommen also auf ihre Kosten. Wo soviel Licht ist, ist natürlich auch etwas Schatten und so finden sich gelegentlich kleinere Fehler (z.B. Zahlendreher) oder ungeschickte Formulierungen (es wird etwas arg gerne die Konjunktion "so dass" verwendet), was aber verschmerzbar ist und nicht groß ins Gewicht fällt. Man könnte sich auch darüber streiten, ob das ein oder andere Portrait (wie von Morricone z.B.) nicht etwas knapp ausgefallen ist und vielleicht ist es auch etwas schade, dass nur zwei Interviews stattfanden, aber - um damit auch gleich Einwände in Hinblick auf die Eastwood-Bücher von Schickel & Co. vorwegzunehmen: Natürlich haben die Macher des Buches hier einen deutlich schwereren Stand als Amerikaner mit Direktbeziehungen - dafür erlaubt die größere Distanz aber auch einen objektiveren Blick und das ist im Zweifelsfall immer vorzuziehen. Kurz: Alles in allem das wohl beste Buch zum Thema Eastwood überhaupt. Bleibt zu hoffen, dass Teil 2 baldmöglichst erscheint.


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