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ZWEI AN EINEM TAG (USA/Großbritannien 2011)

von Sebastian Moitzheim

Original Titel. ONE DAY
Laufzeit in Minuten. 107

Regie. LONE SCHERFIG
Drehbuch. DAVID NICHOLLS
Musik. RACHEL PORTMAN
Kamera. BENOÎT DELHOMME
Schnitt. BARNEY PILLING
Darsteller. ANNE HATHAWAY . JIM STURGESS . RAFE SPALL . JODIE WHITAKER u.a.

Review Datum. 2011-11-02
Kinostart Deutschland. 2011-11-03

David Nicholls' ZWEI AN EINEM TAG ist vielleicht der Konsens-Roman der letzten Jahre, der sowohl ein breites Publikum erreichte als auch von der Kritik positiv bis euphorisch aufgenommen wurde. Zurecht, denn Nicholls erzählt seine bittersüße Liebesgeschichte (fast) ohne Klischees, dafür mit glaubhaften Charakteren und viel Zeitkolorit.

Eine Verfilmung, für die Nicholls selbst das Drehbuch schrieb, ließ da natürlich nicht allzu lange auf sich warten. Die Regie dabei übernahm die Dänin Lone Scherfig, die offenbar eine Vorliebe für britische Populär-Autoren entwickelt hat, inszenierte sie doch zuletzt den äußerst sehenswerten AN EDUCATION nach einem Drehbuch von Nick Hornby.

Es geht um Dexter Mayhew und Emma Morley (im Film gespielt von Jim Sturgess und Anne Hathaway), er der entspannte Lebemann, sie das so verstockte wie intelligente Mauerblümchen, die 1988 am Tag ihres Uni-Abschlusses die Nacht miteinander verbringen. ZWEI AN EINEM TAG begleitet die beiden über 20 Jahre: Jeweils am 15. Juli, dem St. Swithin's Day, bekommen wir einen Eindruck ihrer beiden Leben, die Lücken müssen wir selber füllen. Nicht zwangsweise bedeutsame Momente in der Beziehung der beiden Figuren, sondern oft genug alltägliche, unspektakuläre Momentaufnahmen dominieren demnach die Erzählung und tatsächlich erleben wir Emma und Dexter öfter getrennt als zusammen. Dieses Erzählgimmick ist die große Stärke der Vorlage, denn anders als in so vielen Liebesgeschichte definieren sich die Protagonisten so nicht nur über den jeweils anderen, sondern entwickeln eine glaubhafte, vielschichtige Persönlichkeit, sodass ihre Geschichten auch für sich genommen interessant sind.

In der Verfilmung dagegen wird die sklavische Verfolgung dieser Grundidee zum Problem: Aufgrund der natürlich begrenzten Laufzeit werden die ereignisärmeren Jahre in kürzester Zeit abgehandelt, sodass der Film letztlich doch zu einer Ansammlung der bedeutsamsten Momente in Emma und Dexters (Nicht-)Beziehung wird. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, doch fragt man sich, warum dann nicht das Konzept, wirklich jedes Jahr zu beleuchten, aufgebrochen und besonders zu Anfang des Films ganz auf einige der nichtssagenden, teils nur minutenlangen Miniaturen verzichtet wurde, verschwenden sie doch zusammengenommen durchaus Zeit und stören außerdem den Erzählfluss. Ein Gefühl der verstrichenen Zeit mag ohnehin nicht wirklich aufkommen, gibt es doch außer der eingeblendeten Daten keine Anhaltspunkte, in welchem Jahr die Ereignisse auf dem Bildschirm stattfinden (okay, mit Ausnahme der TV-Sendungen, die Dexter zeitweise moderiert - diese könnten so ausschließlich in den 90ern stattfinden). Das ist besonders schade angesichts der liebevollen Ausstattung von Scherfigs AN EDUCATION, der durchaus ein Gefühl der gezeigten Periode (die 1960er Jahre) vermittelte.

Bedauerlich ist auch, dass die im Buch so lebendigen Charaktere im Film deutlich weniger ausgearbeitet sind, gerade Emma einige ihrer interessanteren Facetten verliert. Ihre politischen Positionen werden im Film zur Pointe, ihre schriftstellerischen Ambitionen in desinteressierter Beiläufigkeit abgehandelt, ihre langjährige Beziehung mit einem erfolglosen Stand-Up-Comedian (Rafe Spall), im Buch ein so trauriges wie nachvollziehbares Zeugnis ihrer Einsamkeit und ihrem mangelnden Selbstbewusstsein, wirft im Film nur die klischeebehaftete Frage auf, warum diese Frau sich mit diesem Mann zufriedengibt. Die persönlichen Erfolge und Fehlschläge Emmas abseits der Beziehung mit Dexter (auf dessen Seite es etwas besser aussieht) vermögen so leider kaum zu berühren.

So ist ZWEI AN EINEM TAG, anders als seine Vorlage, also nur eine Liebesgeschichte - und trotz allem eine sehenswerte. Denn so sehr sich die Filmversion an die Rom-Com-Formel annähert, ganz verfällt sie ihr doch nicht und so ist der Verlauf von Emma und Dexters Beziehung durchaus ein anderer, realistischerer als in den meisten anderen Genre-Vertretern. Mit Hathaway und Sturgess wurden außerdem Darsteller gefunden, nicht nur ihre jeweiligen Rollen perfekt verkörpern, sondern auch ein harmonisches, glaubwürdiges Paar abgeben. Unterlegt von der schönen (wenn auch etwas pathetischen) Musik von Rachel Portman sorgen die beiden für einige durchaus einprägsame, berührende Momente, die man so nicht in jeder Film-Romanze zu sehen bekommt.

Gerade angesichts dieser Momente, die doch mehr Potential nahelegen, fragt man sich am Ende, ob es in diesem Fall eine gute Idee war, den Autor der Vorlage auch das Drehbuch schreiben zu lassen. ZWEI AN EINEM TAG profitiert zwar von Nicholls' Dialogen, doch es scheint, dass ihm selbst der Filter fehlte, zu erkennen, was an seinem Roman auf der Leinwand funktioniert bzw. für die Umsetzung wichtig ist und was nicht.











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