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VERDAMMNIS (Schweden/Dänemark/Deutschland 2009)

von Björn Lahrmann

Original Titel. FLICKAN SOM LEKTE MED ELDEN
Laufzeit in Minuten. 129

Regie. DANIEL ALFREDSON
Drehbuch. JONAS FRYKBERG
Musik. nicht bekannt
Kamera. PETER MOKROSINSKI
Schnitt. MATHIAS MORHEDEN
Darsteller. MICHAEL NYQVIST . NOOMI RAPACE . MICKE SPREITZ . PAOLO ROBERTO u.a.

Review Datum. 2010-02-02
Kinostart Deutschland. 2010-02-04

Auf Mittelstücken von Trilogien lastet ein besonderer Druck. Wo der erste Teil noch expositorisch aus dem Vollen schöpfen und sich ganz auf Gegenwärtiges konzentrieren kann (weswegen er zumeist auch separat funktioniert), wird der Nachfolger von Vergangenem wie Zukünftigem gleichermaßen bedrängt: Einerseits muss er den Figuren und Ereignissen aus dem Vorgänger Tiefe und Kontinuität verleihen, andererseits den Dingen, die da kommen werden, den Weg ebnen. Dabei verdichtet sich, was zuvor im besten Fall neu und aufregend war, zur brav repetierten Franchise-Formel: Noch'n Raketenbunker, noch'n Todesstern, noch'n Gedicht. In dieser Zwickmühle steckt auch VERDAMMNIS, Numero zwo aus der Stieg-Larsson-Trilogie, macht es sich dort aber immerhin halbwegs gemütlich.

Ein Jahr nach den Geschehnissen aus VERBLENDUNG ist bei Mikael Blomkvist (Michael Nyqvist) der graue Alltag eingekehrt. Aus dem Knast ist er raus und bei Millennium, dem freundlichen Verbrauchermagazin für zornige Linksaktivisten, als Chefredakteur wieder eingesetzt. Leben in die Bude kommt, als ein findiger Nachwuchsjournalist Blomkvist einen Artikel anbietet, der die Machenschaften eines russischen Prostitutionsrings aufdeckt. Da schlägt das investigative Herz gleich ein paar Oktaven höher. Bevor es allerdings zur Veröffentlichung kommt, ist der junge Mann tot, das belastende Material verschwunden, und an der Tatwaffe kleben die Fingerabdrücke einer alten Bekannten: Lisbeth Salander (Noomi Rapace). Während Blomkvist alles daran setzt, die Unschuld der verschollenen Freundin zu beweisen, hat diese sich von Ferne längst in sein Computer-Netzwerk eingehackt und beginnt, in eigener Sache zu ermitteln. Die parallel verlaufenden Spuren führen in die höchsten Kreise der schwedischen Politik – und weit zurück in Lisbeths traumatische Kindheit.

Das Imperium schlägt, mit anderen Worten, zurück. Als über allem thronender Sith-Lord ist bald ein gewisser Zala ausgemacht, ein Phantom, an dessen Adresse die Strippen, an denen es eifrig zieht, nach und nach zusammen laufen. Bevor der Knoten jedoch zerschlagen werden kann, muss – anders als im eher stationären ersten Teil – viel durchs nächtliche Stockholm kutschiert und an Stellen nachgefragt werden, wo man fürs Nachfragen unweigerlich eins auf die Omme kriegt. Erneut erweist sich Larssons Schweden dabei als patriarchalisch verknöcherter Drangsalierungsapparat, dessen unverhohlene Misogynie gleichsam im Staatswesen selbst verankert ist. Der Schleuserring ist dafür mehr Chiffre als tatsächliches Plotelement; die Prostituierten jedenfalls bekommen im Film nie ein Gesicht. Stellvertretende Leidensfrau im großen Stil ist dagegen Lisbeth Salander. Ihr Film ist VERDAMMNIS ganz und gar, nicht zuletzt, weil Noomi Rapace als aufmüpfige Cyberpunk-Liesel erneut eine blendende Figur macht (das gilt nicht nur, aber schon auch für die Lesbenszenen). Von erfreulicher Konsequenz ist zudem, dass sich das Nebulöse ihres Charakters selbst dann nicht verflüchtigt, wenn ihre dunklen Geheimnisse ans Licht kommen.

Darüber fast in Vergessenheit gerät indes Blomkvist-Nyqvist, der abseits niederer Botengänge allzu oft im blauen Flokatibademantel am Küchentisch sitzt und nichts mit sich anzufangen weiß. Understatement, hier wird es Phlegma. Erschwerend hinzu kommt, dass ein Gutteil der knapp budgetierten Action – u.a. diverse Rangeleien mit einem wasserstoffblonden Hünen, der als extravagantester Bösewicht der Reihe eine nicht unwesentliche Rolle zu spielen hat – an eher zufällig in die Handlung geratene Nebenfiguren delegiert wird. Statt also die Effizienzen seiner wortkargen Protagonisten stärker zu bündeln, lockert VERDAMMNIS die Maschen zwischen den Figuren eher noch auf und wirkt dadurch weniger straff durchexerziert als sein schnurgerader Vorgänger. Den ausgewiesenen Schwedenkrimi-Fan hält Larssons fintenreiches Garn aber auch weiterhin allemal bei Laune.











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