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UNIVERSAL SOLDIER: REGENERATION (USA 2009)

von Hasko Baumann

Original Titel. UNIVERSAL SOLDIER: REGENERATION
Laufzeit in Minuten. 97

Regie. JOHN HYAMS
Drehbuch. VICTOR OSTROVSKY . RICHARD ROTHSTEIN . CHRISTOPHER LEITCH
Musik. KRIS HILL . MICHAEL KRASSNER
Kamera. PETER HYAMS
Schnitt. JASON GALLAGHER . JOHN HYAMS
Darsteller. JEAN-CLAUDE VAN DAMME . DOLPH LUNDGREN . ANDREI ARLOVSKI . GARRY COOPER u.a.

Review Datum. 2010-02-07
Kinostart Deutschland. direct-to-video

Regeneration, in der Tat. Wer hätte gedacht, daß aus der scheintoten und ohnehin nie so wirklich voll überzeugenden UNIVERSAL SOLDIER-Franchise noch was rauszuholen gewesen wäre? Und daß das vorliegende Resultat dieses Reanimationsversuches auch noch so sehenswert ausfallen würde? Daß mit UNIVERSAL SOLDIER: REGENERATION der Actionfilm vorliegt, an dem sich dieses Jahr alle kommenden Actionfilme messen lassen müssen? Ganz ehrlich: Ich nicht. Um so mehr darf ich nun meiner Freude Ausdruck verleihen, diesen Film als den Knaller zu preisen, der er ist.

Der vordergründige Trumpf dieses je nach Lesart dritten oder fünften Teils - nicht jeder will die Kabelfernseh-Sequels mitzählen - ist natürlich die erfolgreiche Verpflichtung der ursprünglichen UNIVERSAL SOLDIER-Kontrahenten Jean-Claude Van Damme und Dolph Lundgren, die zum ersten Mal seit Roland Emmerichs Originalfilm wieder zusammen agieren. Wie es sich wahrscheinlich schon herumgesprochen hat, beschränkt sich Lundgrens Screentime auf maximal zehn Minuten, die er in fünf Drehtagen absolvierte, während Van Damme immerhin 20 Tage dabei war, aber auch nicht ganz so oft in Aktion tritt, wie man sich das wünschen würde. Was ist also das Besondere, das Außergewöhnliche an REGENERATION? Der Plot ist es auch nicht. Terroristen nehmen das runtergekommene Tschernobyl-Areal ein, verteilen Sprengsätze und nehmen die Kinder des Präsidenten als Geiseln, um politische Gefangene freizupressen. Jeder Versuch, den bösen Jungs militärisch beizukommen, muß scheitern, weil sie eine quasi unzerstörbare Kampfmaschine ihr eigen nennen, einen weiterentwickelten Universal Soldier nämlich (räusper, "gespielt" von UFC-Schwergewicht Andrei "Pit Bull" Arlovski). Letzte Hoffnung ist der Urknall aller UniSols, Luc Deveraux, der in Isolation auf den Wiedergewinn seiner Menschlichkeit hofft. Niemand spielt desillusionierte, resignierte Kämpfer derzeit besser als Jean-Claude Van Damme, der frei von jeder Eitelkeit eine fast unerträgliche Traurigkeit verströmt. In seiner letzten Szene sieht JCVD so ramponiert und fertig aus, wie sich wohl kein Star gerne ablichten lassen würde (und schon gar nicht der selbstverliebte Van Damme der 90er).

Normalerweise würde diese Handlung die x-te Variante des altbekannten Kellergewölbe/Fabrikanlagen-Geschleiches bedeuten, wie sie uns seit Jahren vorgesetzt wird, und an sich ist REGENERATION auch ein Vertreter dieses traurigen Subgenres - und doch, da ist viel mehr, und der Grund dafür sitzt buchstäblich hinter der Kamera. Gottseidank haben sowohl P.J. Pesce und Simon Fellows die Regie abgelehnt, so daß der Weg frei war für den Kampfsportexperten und Dokumentarfilmer John Hyams. Und der brachte nicht nur die richtige Sensibilität für das Potenzial dieses Films mit, sondern auch noch seinen Vater, den grandiosen Routinier Peter Hyams (OUTLAND, CAPRICORN ONE, 2010), der hier erstmals die Kamera bedient, ohne selbst Regie zu führen. Das Ergebnis verschlägt einem schon in den ersten fünf Minuten die Sprache: Die Entführung der Kinder des Präsidenten ist ein Actiongewitter, das den Geist Hyamschen Autojagden mit dem in your face-Anspruch seines Sohnes eint. Der mittlerweile sehr ausgelutschte entsättigt-blaue Look wird bei Hyams abgefedert durch andere, ebenso starke Panele, etwa Sequenzen in sehr warmem Braun. Ja tatsächlich: Farbdramaturgie im Actionfilm. Ist 'ne Weile her.

Was an UNIVERSAL SOLDIER: REGENERATION so begeistert, ist die Ernsthaftigkeit und erstaunliche Düsternis, mit der hier ein grundsätzlich doch eher bescheuertes Sujet transzendiert wird. Enormen Anteil daran hat die außergewöhnliche Musik von Kris Hill und Michael Krassner, die irgendwo zwischen Tangerine Dream und Aphex Twin, zwischen Oldschool-Geblubber und dräuendem Ambient die verstörende Mitte findet. Eben diese dräuende Stimmung und die Tatsache, daß die Dialogszenen hier wohlgestaltet und keine drögen Füller sind (ein Schlagabtausch zwischen bösem Terroristen und bösem Wissenschaftler erinnert an die vermeintlich entspannten Drohgebärden zwischen Gene Hackman und James B. Sikking in Hyams' NARROW MARGIN), lassen vergessen, daß man für lange Zeit Andrei Arlovski beim Abschlachten von Soldaten zusieht und eben nicht den Stars, auf die man wartet.

Letztlich zählt natürlich die Action, und die tritt richtig Arsch: Wenn Van Damme schließlich in Aktion tritt, darf er das mit verschiedensten Schußwaffen, mit dem Messer und schließlich den Fäusten; eine Sequenz in einem Hausflur ist von Hyams als Plansequenz in einem Take gedreht worden und zieht einen mitten rein ins brutale Geschehen. Schließlich wird es Zeit für die alte Nemesis Andrew Scott, den Dolph Lundgren herrlich verwirrt als reichlich verunsichertes Stiefkind spielt. Nachdem er sich der Vaterfigur entledigt hat wie einst Rutger Hauer in BLADE RUNNER, steht er Van Damme gegenüber, nach Worten suchend und nach Struktur in seinen Handlungen, "da war doch noch was"... bis sich die zwei Kampfschweine durch Wände, durch Fenster, die Treppen hinunter und in Mauern hinein die Fressen polieren. Dolphs Abgang ("Warte kurz, ich wollte Dir noch irgendwas sagen") empfiehlt sich schon mal für die großen Abschiede des modernen Actionkrachers.

UNIVERSAL SOLDIER: REGENERATION ist kompromisslose Hardcore-Action, die dem handelsüblichen Kracherfreund möglicherweise ebenso fremdartig vorkommt wie dem 08/15-Videothekenkunden. Ein reiches, apokalyptisches Gewaltszenario mit visuellem und akustischen Anspruch, das seinen lebensmüden Helden ans Messer liefert und für alle anderen nur Tod und Teufel bereit hält. Für den, der sich mit so etwas anfreunden kann, eines der großen Highlights des Filmjahres 2010.











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