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STAR WARS EPISODE VIII - DIE LETZTEN JEDI (USA 2017)

von Andreas Günther

Original Titel. STAR WARS EPISODE VIII - THE LAST JEDI
Laufzeit in Minuten. 152

Regie. RIAN JOHNSON
Drehbuch. RIAN JOHNSON
Musik. JOHN WILLIAMS
Kamera. STEVE YEDLIN
Schnitt. BOB DUCSAY
Darsteller. MARK HAMILL . CARRIE FISHER . ADAM DRIVER . DAISY RIDLEY u.a.

Review Datum. 2017-12-17
Kinostart Deutschland. 2017-12-14

STAR WARS EPISODE VIII - DIE LETZTEN JEDI weckt Mitgefühl mit den Machern. So eloquent klagt der achte Teil der Science-Fiction-Saga über die Mühen seiner Herstellung und die unüberwindlichen Aporien des Fortspinnens. Sie sollten doch das alles untergehen und hinter sich lassen, die Machenschaften der finsteren "First order" des Bösewichts Snoke ebenso wie die Rebellen, die für eine galaktische Republik eintreten, und erst recht den Kampf, der damit verbunden ist… Kylo Ren (Adam Driver) unterbreitet seiner Gegenspielerin Rey (Daisy Ridley) seinen Vorschlag zwischen zwei Gefechten. Sie stutzt, schaut ungläubig, und dann ist sie nur noch zornig. Beide haben recht.

STAR WARS EPISODE VIII - DIE LETZTEN JEDI hätte vermutlich die Nabelschnur zu den alten Kämpen und Themen durchschlagen müssen, um eine Weiterentwicklung markieren zu können. Aber dann wäre wohl zuviel Substanz verloren gegangen, die diesen Science-Fiction-Heldengesang antreibt. Erstmals entfällt beim Übergang zwischen den Sequenzen die retroästhetische, aus den Serials der 1930er Jahre übernommene Wischblende. Aber das ist als Neuerung entschieden zu wenig.

Die Frage, ob und wie es weitergehen soll, dräut als Hemmung und Spaltungsenergie auch in den Geschehnissen. Der eingebildete General Hux (Domhnall Gleason) im dienst des "First Order" hat den Rebellenkreuzer auf der Flucht mit seinen Raumschiffen umstellt. Das hindert Rebellen-Pilot Poe Dameron (Oscar Isaac) nicht, ihm mit einem Überraschungsangriff in die Parade zu fahren. Der versetzt dem Feind zwar empfindliche Nadelstiche, lässt aber den Urheber im eigenen Lager bei Prinzessin Leia (Carrie Fisher) und ihrer Vertreterin Vice Admiral Holdo (Laura Dern) in Ungnade fallen. Hux und Konsorten sitzen indes schon deshalb am längeren Hebel, weil sie über einen Code die Rebellen daran hindern, mit Lichtgeschwindigkeit davonzudüsen. Finn (John Boyega) und Rose (Kelly May Tran) wollen die Sperre aufbrechen. Sie absentieren sich und suchen auf einem hedonistischen Casino-Planeten den Codeknacker DJ (Benicio del Toro).

Anderswo geht es kontemplativer zu, aber auch metaphysisch nicht recht von der Stelle. Auf einem grünen Eiland mit schroff abfallenden Felsen bittet Rey den gealterterten Luke Skywalker mit der Rückgabe seines Lichtschwertes an ihn demonstrativ um Hilfe im Kampf gegen Snoke. Doch der einsiedlerische Ex-Heroe wirft das Gerät achtlos hinter sich und widmet sich lieber dem Melken von Dinosaueriereutern. Rey bittet um Jedi-Unterricht, Luke murrt. Erst ein Machtwort von Yoda (gesprochen von Frank Oz) führt einen Sinneswandel herbei. Luke Skywalker beginnt seine Unterweisungen mit Sensibilisierungsübungen, die wahrhaft erschütternde Folgen haben.

Vor exakt zwei Jahren haben wir auf dieser Website anlässlich des Starts von STAR WARS EPISODE VII - DAS ERWACHEN DER MACHT geschrieben, dass die STAR WARS-Saga ihre Magie verloren hat, keine Spannungsbögen mehr aufzubauen weiß und Kultfiguren wie Yoda fehlen. Offenbar wird "Manifest - Das Filmmagazin" von den richtigen Leuten gelesen! Yoda ist aufgetaucht, Handlung ist wieder mehr als bloß Füllmaterial zwischen Materialschlachten - und Magie stellt sich auch wieder ein, zumindest ein Hauch davon.

In diesem Zusammenhang leistet sich STAR WARS EPISODE VIII - DIE LETZTEN JEDI etwas Ungeheuerliches, nämlich so etwas wie Atempausen der Innerlichkeit. Im Begriff, das Hauptschiff der Rebellen zu attackieren, zögert Kylo Ren, den roten Knopf auf seinem Steuerknüppel zu drücken, und wirkt ganz entrückt. Alle Geräusche verstummen. Nach ein paar Sekunden Stille schwillt das Schlechtgetöse zwar erneut an. Aber die Möglichkeit der Zäsur ist gesetzt, und sie fühlt sich wie Sehnsucht an.

Rey und Kylo treten in eine telepathische Verbindung, die der Schnitt von Bob Ducsay zwischen Räumen herstellt, die weit entfernt sind und trotzdem aneinanderreiben, dass es leichte Schauer hervorruft. Im Geiste sehen die beiden den jeweils anderen vor sich. Das hat wirklich Zauber - und hätte ungeheuerliche neue Potenziale entfalten können. Aber die Auflösung, warum es zu dieser Verbindung kommt, macht den vielversprechenden Ansatz zunichte, die Saga durch eine Erzählweise zu erneuern, die die Figuren mit anderen Kräften auflädt. Dabei würde dies sie von ihrem Epigonenstatus erlösen.

So aber ähnelt der Heroen-Olymp vonSTAR WARS EPISODE VIII - DIE LETZTEN JEDI einem erfolgreichen Familienbetrieb, der schweren Zeiten entgegensieht, weil für das Management keine geeigneten Nachfolger zu finden sind. In einer Doppelparde stehen sich die alten Helden und die Aspiranten, die ihnen nicht das Wasser reichen können, einander gegenüber: Prinzessin Leia und Vice Admiral Holdo, Luke und Rey. Prinzessin Leia ist darüber hinaus eine Wiedergängerin ihrer selbst, ist die computerreanimierte Carrie Fisher doch nun schon ziemlich lange tot. Kylo Ren begreift, dass er an Darth Vader nicht klingeln kann, und zertrümmert darob frustriert sein Helmchen. DJ alias Benicio del Toro nimmt sich als magerer Ersatz für den Regelbrecher Han Solo aus. Den Neueinsteigern fehlt das Charisma des lakonisch Märchenhaften, das die Folgen vier bis sechs so scheinbar leichthändig zu verleihen wußten. STAR WARS EPISODE VIII - DIE LETZTEN JEDI dünnt zu einer Casting-Show voller peinlicher Bewerber für die Helden-Rollen aus.

Die Konsequenz ist verheerend: Was einst als zu recht populäre Weltraum-Tragödie dahergekommen ist, kehrt nun als Parodie wieder. Der Film versucht das überkommene Schema zu füllen und macht sich dabei lächerlich. Und es ist Regisseur und Autor Rian Johnson sehr bewusst. Prinzessin Leia und Vice Admiral Holdo brechen in verlegenes Gelächter aus, als sie einander wünschen wollen: "Die Macht sei mit Dir". Das Schlussbild mit dem kleinen Jungen, der seinen großen Besen wie ein Lichtschwert hält und erwartungsvoll in den Sternenhimmel schaut, ist wie ein Seufzer über verlorene Unschuld und Naivität.











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