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REZEPT ZUM VERLIEBEN (USA 2007)

von Martin Eberle

Original Titel. NO RESERVATIONS
Laufzeit in Minuten. 102

Regie. SCOTT HICKS
Drehbuch. CAROL FUCHS
Musik. PHILIP GLASS
Kamera. STUART DRYBURGH
Schnitt. PIP KARMEL
Darsteller. CATHERINE ZETA-JONES . AARON ECKHART . ABIGAIL BRESLIN . PATRICIA CLARKSON u.a.

Review Datum. 2007-09-04
Kinostart Deutschland. 2007-09-13

Kate Armstrong (Catherina Zeta-Jones) hat eine Leidenschaft: das Kochen. Ihr Leben dreht sich um Zutaten, Rezepte, Garzeiten. In einem New Yorker Edelrestaurant macht sie als Chefköchin die Gäste glücklich, ihre kulinarischen Köstlichkeiten sind berühmt.

Kates streng auf die Arbeit ausgerichtetes Leben gerät aus den Fugen, als ihre Schwester tödlich verunglückt und deren neunjährige Tochter Zoe (Abigail Breslin) nun von Kate versorgt werden will. Die Doppelbelastung, der attraktive Hilfs-Chefkoch, der ungewohnte Umgang mit einem Kind wird ihr deutlich zuviel.

Die deutsche Produktion BELLA MARTHA aus dem Jahre 2001 stand Pate, ach was, wurde fast 1:1 nachgedreht. Szenenfolge, viele Dialoge, selbst die meisten Nebencharaktere stammen aus dem in Hamburg spielenden Film. Aber anders als die spröde, unterkühlte Vorlage schnurrt das amerikanische Remake als perfekt gemachter Wohlfühlfilm über die Leinwand. Die Musik ist stilvoller (gehobenes Hotelloungegedudel von Philip Glass, der manchmal auch ein penetrant sensibles Piano-plimplam für gefühlvolle Passagen einfliessen lässt, aber immer noch um Welten besser als das nervtötende Kaufhaussaxofongedudel aus dem Original), die Farben sind wärmer, die Orte lauschiger. In diesem geschmackvoll gehobenen Mittelstandsambiente fühlt man sich einfach wohl.

Die Kameraeinstellungen bringen nicht nur Örtlichkeiten besser zur Geltung, die Darstellung der Charaktere kommt viel besser rüber. Blicke und Gesten in Naheinstellungen machen schnell klar, was für Macht- und Sympathiekonstellationen gerade in der Küche herrschen, wie die Gefühlslage selbst des kleinsten Nebendarstellers ist. Was in deutschen Inszenierungen oft schlicht inszeniert, also gestellt wirkt, entfaltet sich unter amerikanischer Regie zu Leben. Vollprofitum halt. Da kann der deutsche Film, der immer noch viel zu oft Dialoge zum Transport einer Geschichte einsetzt, noch viel lernen. Wie auch beim storytelling. Der ewig retardierende Strang um den leiblichen Vater Zoes wurde einfach rausgeschrieben. Das tut der Beziehung zwischen Tante Kate und Nichte Zoe sehr, sehr gut.

Und doch, es geht sich nicht so richtig aus. Die angelegten Konflikte werden nicht ausgespielt. Ob es nun um die Annäherung zwischen Tante und Nichte geht, um die erotische Hingezogenheit von Kate zu ihrem potentiellen Konkurrenten, Liebe und Angst, Lebensfurcht und Lebenssehnsucht, es bleibt angedeutet. Wie eine Partie Monopoly mit unendlich Kredit. Das Leben hier ist ein langer, ruhiger Fluss, nein, weniger ein Fluss, eher ein Bach, ein Bächlein, ein Rinnsal des Lebens.

Die handwerkliche Kunstfertigkeit bei REZEPT ZUM VERLIEBEN ist unbenommen. Catherina Zeta-Jones ist eine schöne, versponnene Kate, Aaron Eckhart gibt einen charmanten Chaoten, der überzeugend seiner schwierigen Chefin und ihrer zurückgezogenen Nichte den Kopf verdreht. Abigail Breslin (LITTLE MISS SUNSHINE) ist ein bezaubernd tapferes kleines Mädchen. Und Regisseur Scott Hicks, der 1996 mit SHINE einen preisgekrönten Knüller hinlegte, liefert solides Handwerk ab. Aber mehr auch nicht. Dabei steckt in dem Stoff sehr viel Potential. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, ökonomische Verpflichtungen, die es einem schwierig machen, selbstbestimmt zu leben, dies sind Fragen, die sich eigentlich aus der Situation heraus ergeben, die aber einfach glatt gebügelt werden. Herausgekommen ist nur ein gut inszenierter, oberflächlicher, mit Lenor behandelter Kuschelfilm, nicht weniger, aber eben auch nicht mehr. Die Dramatik des Verlustes der Mutter wird gerade mal angedeutet, Konflikte zwischen Liebesrivalen werden weichgespült: die Spannungskurve sieht aus wie der Hirnstrom eines der vielen im Restaurant gar gekochten Hummer. Dieser Film ist für den verunsicherten Mittelstand gemacht, der genug Probleme mit Finanzamt, Hypothekendarlehen oder pubertierendem Nachwuchs hat. Für Menschen, die deswegen den Thrill von einer Folge AGENTIN MIT HERZ schwer ertragen können, die dem Humor einer Folge FRIENDS nicht mehr folgen können, Wellness für den gestressten, von den Unerfreulichkeiten der Zeit frustrierten OK-Verdienenden, der einfach mal einen Abend lang nichts von Klimakatastrophe oder Selbstmordanschlägen hören oder sehen möchte. Ein Dienstleistungsfilm par excellence. So einen Film kann man machen, muss man aber nicht. Muss man wirklich nicht.











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