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RED CLIFF (China 2009)

von Andreas Neuenkirchen

Original Titel. CHI BI
Laufzeit in Minuten. 148

Regie. JOHN WOO
Drehbuch. JOHN WOO . CHAN KHAN . KUO CHENG . SHENG HEYU
Musik. TARO IWASHIRO
Kamera. LU YUE . ZHANG LI
Schnitt. ROBERT A. FERRETTI . ANGIE LAM . YANG HONG YU
Darsteller. TONY LEUNG . TAKESHI KANESHIRO . ZHANG FENGYI . CHEN CHANG u.a.

Review Datum. 2009-12-10
Kinostart Deutschland. nicht bekannt

Und schon wieder "Die Geschichte der drei Reiche". Erst 2008 ließ Daniel Lee Chinas liebsten Schlachtenschmöker mit THREE KINGDOMS: DER KRIEG DER DREI KÖNIGREICHE eine wohltuend kompakte, leichte, beinahe poppige Teilverfilmung angedeihen, jetzt ist John Woo dran. Leicht und kompakt sind freilich Fremdwörter für ihn, zweimal 2 ½ Stunden nimmt er sich in seinen RED CLIFF-Filmen Zeit. Für den internationalen Markt war man so zuvorkommend, das Ganze um die Hälfte zusammenzustreichen und als einen einzigen Film anzubieten. Auch der deutsche Verleih hat das Angebot gerne angenommen. Da wird sich manch einer eingeschnappt aufplustern, wird die Arme vor der Brust verschränken und so lange die Luft anhalten, bis der Postbote die Import-DVDs bringt. Wer aber an John-Woo-Filmen und Historienschinken vor allem das Spektakel schätzt und auf die langweiligen Stellen verzichten kann, greift gern zur Best-of-Fassung.

Oder ist es etwa doch nicht so einfach? Ich war fest entschlossen, hier mit einem flammenden Plädoyer für das Kurzfassen anzukommen, für die Konzentration auf das Wesentliche, wider alles eitle Beiwerk, wider den ganzen endlosen, zeitraubenden Extended-Special-Final-Director's-Cut-Unsinn. Aber die internationale Fassung von RED CLIFF ist dann doch ein seltsam unbefriedigendes Erlebnis, und man weiß nicht recht, liegt es am Film oder am Schnitt. Vielleicht haben die Aufgeplusterten doch recht. Ausnahmsweise. Ein wenig.

RED CLIFF konzentriert sich auf den Kampf der Strategen Zhou Yu (Tony Leung) und Kongming (Takeshi Kaneshiro) gegen den Minister Cao Cao (Fengyi Zhang), der im 3. Jahrhundert mit seinem übermächtigen Heer die Provinzen Xu und Wu überrollen und dem chinesischen Kaiserreich einverleiben will. Mit deutlich weniger Soldaten und geringerer Bewaffnung müssen seine Widersacher allerlei List und Tücke walten lassen, um ihn und seine Leute in einer finalen Schlacht am Roten Kliff zu bezwingen.

Es gibt viel zu staunen in RED CLIFF. Nicht nur erhabene Kamerafahrten über erhabene Landschaften, schöne Kulissen, edle Gewänder und krachledernes Gemetzel. Das alles darf man ab einem bestimmten Budget und bei gewissen Verantwortlichen erwarten, und man bekommt es auch. Überraschender ist die originelle Präsentation von Kriegstaktik, die sogar Menschen bestens unterhält, die bei Strategie-PC-Spielen nie über die Tutorial-Missionen hinauskommen und das gar nicht weiter schlimm finden. Es gibt Filme mit überraschenden Wendungen in der Handlung, RED CLIFF hat überraschende Wendungen in den Schlachten. Das Kriegstreiben macht schon in der Vorbereitung Spaß, daran haben die Hauptdarsteller keinen geringen Anteil. Tony Leung ist als stiller Brüter eine bessere Wahl als der ursprünglich vorgesehene Chow Yun-Fat und ein wunderbarer Gegenpol zu Takeshi Kaneshiro, der Kongming leicht geckenhaft gibt, ohne dabei Zweifel an dessen Genialität zu lassen. Ein junger Karl Lagerfeld des Kriegshandwerks.

Leider stehen die gelungenen Elemente nicht in einem stimmigen Gesamtzusammenhang. Emotional erreicht der Film einen nicht. So strategisch interessant und detailliert inszeniert die Schlachten sind, so wenig liegt einem der Ausgang am Herzen, denn worum es genau geht wird zwar erklärt, aber nicht vermittelt. Für jedes gelungene Detail gibt es außerdem mindestens eines, ohne das man gut hätte leben können. John Woo mag auf alte Unsitten nicht verzichten. Noch immer schmälern unmotivierte Zeitlupen die Dramatik eher als sie zu unterstützen, und dass die weißen Tauben müde sind, hat Woo auch noch keiner gesagt. Unbeirrt hält er fest an seinem hochnotpeinlichen Anfänger-Symbolismus.

Wer eine schön angerichtete Schlachtplatte ohne Reue möchte, ist mit Daniel Lees Film besser beraten. Wer mehr über die Geschichte der drei Königreiche wissen möchte, sollte womöglich zur Vollversion von RED CLIFF greifen. Mein Interesse wäre da.
Aber wenn ich ganz ehrlich bin: Noch größeres Interesse hätte ich an einem weiteren Daniel-Lee-Film aus dem Three-Kingdoms-Fundus.

RED CLIFF ist seit dem 22.10.2009 von Constantin auf DVD und Blu-ray erhältlich.











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