Bereits in seinem letzten Film DIE WOLKEN VON SILS MARIA nutzte Olivier Assayas die Auseinandersetzung mit weiblichen Identitäten und der Frage nach dem Kern der Persönlichkeit als Eckpfeiler seiner Geschichte. Auch PERSONAL SHOPPER beschäftigt sich mit verschiedenartigen personalen und sozialen Identitätsfragen. Dass Assayas dabei auf übersinnliche Elemente zurückgreift und sein Werk damit zaghaft in die Nähe eines Genre-Films bringt ist durchaus außergewöhnlich, im Kontext der narrativen Verortung aber nicht immer zielführend.
Kristen Stewart schlüpft in die Rolle einer jungen Frau mit dem Namen Maureen. Diese arbeitet in Paris als eine Art Mode-Beraterin, die für eine Prominente in den Boutiquen der Stadt nach geeigneten Kleidungsstücken sucht. Gleichzeitig versucht sie mit ihrem toten Zwillingsbruder Kontakt aufzunehmen. Als erste paranormale Erscheinungen auftreten ahnt sie noch nicht, dass ihre Versuche eine Brücke ins Jenseits zu bauen, sie in höchste Gefahr bringen.
PERSONAL SHOPPER ist mitnichten so etwas wie ein Geisterfilm. Assayas zeigt das Übersinnliche zwar und gibt dem Spuk tatsächlich mehr Raum als gedacht, umgeht aber konsequent genre-typische Konventionen. Das ist einerseits positiv, weil Assayas dadurch die Ausrichtung des Films in der Schwebe hält und hier Erwartungen streckenweise im Minutentakt durcheinander gewirbelt werden. Anderseits bleibt bis zum Ende unklar, welches Ziel der Film eigentlich genau im Sinn hat. Das ab der Mitte gar Psychothriller-Elemente in die Geschichte eingeflochten werden und diese im nüchternen Stil europäischer Autorenfilmer bedient werden, sorgt dann auch eher für weitere Fragezeichen beim Zuschauer.
Am stärksten ist PERSONAL SHOPPER immer dann wenn er die alltägliche Tristesse im Leben von Maureen einfängt. Hier beweist der Regisseur im Zusammenspiel mit Stewarts Performance großes Geschick darin, die ambivalente Persönlichkeit der Protagonistin abzubilden. Maureen ist eine rastlose und getriebene Person, zugleich angeekelt und fasziniert von ihrer Arbeit und ihrer Auftraggeberin. Sie ist gleichzeitig stark und schwach, mal betont asexuell und in anderen Szenen wieder ausgesprochen feminin.
Wenn überhaupt lässt sich als Oberthema in Assayas Werk die Körperlichkeit ausmachen. Ähnlich wie in THE NEON DEMON sind Oberflächenreize und die Verlockungen, die damit einhergehen, von zentraler Bedeutung. Exemplarisch ist diesbezüglich die Szene, in der Maureen die Kleider ihrer Auftraggeberin, die sie eigentlich nicht tragen darf, nach einigem Zögern doch anprobiert. Dass der Regisseur diese Sequenz schließlich erotisch auflädt, dies jedoch ohne vom sterilen Look der bis dahin etablierten Bildgestaltung abzuweichen, ist nur konsequent und steht für den inszenatorischen Ansatz des Films.
Letztlich macht es die, in Cannes mit dem Preis für die beste Regie ausgezeichnete, Produktion ihrem Publikum nicht unbedingt leicht. Auch glühende Verfechter von Olivier Assayas werden sich insofern mit so einigen Reibungspunkten konfrontiert sehen. PERSONAL SHOPPER bleibt bis zum Schluss unberechenbar (oder je nach Perspektive: unentschlossen), kann aufgrund des streckenweise schleppenden Handlungsverlaufs den Zuschauer allerdings nicht durchgängig für seine Themen interessieren. Die starke Leistung von Stewart und eine Handvoll eindringlicher Momente (z.B. ein minutenlanger Austausch verstörender Textnachrichten per Smartphone) bewahren den Film unterm Strich vor dem Scheitern. Assayas ist hier definitiv nicht in Bestform, so dass man seinen neuesten Output zwar nicht als gänzlich missglücktes, aber doch oftmals eher unbefriedigendes Experiment bezeichnen muss.
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