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Die Heimsuchung der Erde durch riesige Monster ist ein beliebtes Sujet im japanischen und US-amerikanischen Kino. In PACIFIC RIM dürfen sich dieses Mal sogenannte Kaiju, gigantische Ungeheuer aus einem Dimensionsportal in den Tiefen des Pazifiks, unseren Planeten befallen. Aufgehalten werden können sie nur - so zumindest die Hoffnung der Menschheit - durch die sogenannten Jäger: riesige, von Menschen gesteuerte Roboter.
PACIFIC RIM ist Guillermo del Toros gradlinigster Film. Es gibt keine Ecken und keine Kanten an denen man sich stoßen könnte. Das ist eine Tatsache, die zunächst enttäuscht. Denn PACIFIC RIM ist zwar ein sehr guter Film, aber man ahnt, dass da noch viel mehr möglich gewesen wäre, wenn del Toro dem Film weit stärker seine Handschrift hätte aufdrücken können. Denn für seine Verhältnisse ist der Film über miteinander kämpfende Roboter und Monster eine ziemliche 08/15-Parade: Der strauchelnde Held, der sich den Respekt seiner Kameraden verdienen muss? Rache als Motivation? Der aussichtslose Moment, in dem der Anführer eine Motivationsrede hält? Del Toro bemüht sich nicht einmal auch nur ein einziges Klischee nicht zu nutzen.
Das erstaunt und irritiert zunächst. Doch vermutlich ist diese radikale Stereotypisierung des Films schlicht dem Gedanken geschuldet, PACIFIC RIM als eine eigenständige, originäre Geschichte zu präsentieren. Denn daran wurde bereits beim ersten Bekanntwerden des Projekts gezweifelt, schien doch del Toros Film sehr große Ähnlichkeiten mit der Anime-Serie NEON GENESIS EVANGELION (1995) aufzuweisen, in der ebenfalls Menschen in riesigen Robotern gegen Monster kämpfen. Und in der Tat: Nüchtern betrachtet ist PACIFIC RIM die größtmögliche Annäherung an NEON GENESIS EVANGELION ohne dafür Lizenzgebühren zahlen zu müssen.
Natürlich gibt es massive Unterschiede, vor allem in Bezug auf die Art und den Ursprung der Monster. Aber Del Toro, der in Interviews gerne bestreitet, er habe sich bei der japanischen Vorlage bedient, gibt sich in seinem Film keine große Mühe, die Inspirationsquelle zu verschleiern. So ist PACIFIC RIM durchzogen von nicht selten ironischen Querverweisen zum Anime-Vorbild. Das ist durchaus unterhaltsam und auch ein schöner Fan-Service, deutet aber auch das große Problem des Films an: Es fehlt ihm die philosophische Tiefe des Animes. Zugegeben: Bei einer Thematik wie "Roboter prügeln sich mit Monstern" erwartet eigentlich niemand einen Diskurs über das Menschsein. Doch NEON GENESIS EVANGELION hat eindrucksvoll bewiesen, dass sich ein komplexes Ideengerüst, psychologisch ausgearbeitete Charaktere und eine so dumpfe Handlung keineswegs ausschließen. Del Toros Film schafft es trotz des Aufbaus einer ganz eigenen Mythologie nicht einmal in die Nähe dieser Messlatte, sondern bleibt durchweg ein reiner Unterhaltungsfilm ohne jede weitere Ebene.
Zum Glück aber macht er das, was er macht, wirklich ausgezeichnet. Es gibt keine Stelle des Films die beispielsweise nicht TRANSFORMERS haushoch überlegen wäre. Innerhalb eines starren Korsetts entwickeln del Toro und sein Ko-Autor Travis Beacham eine interessante Geschichte, die weniger von ihren Kämpfen als vielmehr von ihren Charakteren getragen wird. Die naturgemäß nicht zu übergehenden Zerstörungsorgien gibt es zwar auch hier, sie nehmen aber einen angenehm untergeordneten Teil innerhalb des Films ein. Das ist jedoch auch aus anderen Gründen eine Wohltat, denn nicht immer sind die Kämpfe zwischen den Riesenrobotern und den Monstern so geschnitten, dass man problemlos folgen kann.
Wem das gefällt und wer mit dem eher flachen Inhalt leben kann, der wird an PACIFIC RIM große Freude haben. Del Toro hat einen Film voller schöner Bilder und exzellenter Effekte geschaffen, der detailverliebt ist und seine Charaktere nicht ganz außer Acht lässt. Er ist kurzweilig, hat einen charmanten Humor und bedient sich - ganz im Gegensatz zu Michael Bays Roboter-Orgie - weder stumpfsinniger Sexismen, noch irgendeiner Hochglanzinszenierung von zu bewerbenden Autos. Kurzum: PACIFIC RIM ist ein großer Spaß, der vieles richtiger macht als seine Genre-Kollegen. Auch wenn man das Gefühl nicht loswerden kann, dass da deutlich mehr möglich gewesen wäre, wird man den Kinobesuch keinesfalls bereuen!
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